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wichtige Rolle. Das aktive und passive Konsular-
recht der Gliedstaaten eines Bundes oder der halb-
souveränen Staaten entspringt regelmäßig ihrem
Gesandtschaftsrecht. Doch ist den deutschen Bun-
desstaaten das aktive Konsularrecht für das Aus-
land entzogen und nur das passive geblieben
(Reichsverf. Art. 56).
III. Bestellung der Konsulu. Beendigung
der Konsularfunktion. 1. Aus dem soeben
Gesagten ergibt sich, daß die Ausübung eines
konsularischen Amtes zwei Akte zur Voraus-
setzung hat: «
a) Die Ernennung zum Konsul; sie erfolgt
seitens des Oberhauptes des Absendestaates durch
Ausfertigung des Bestellungsdiploms (lettre de
provision).
b) Die Annahme, d. h. die Anerkennung
und Zulassung von seiten des Empfangsstaates,
welche mittels des sog. Exequatur oder Plazet,
in der Türkei Berat genannt, erteilt wird. Das
Exequatur kann aus sachlichen Gründen oder miß-
liebigen Personen und eignen Untertanen versagt
werden. Ebenso kann die Zulassung zurückgenom-
men werden, wenn der Konsul die Rechtsordnung
des Empfangsstaates nicht gewissenhaft respektiert
oder sein politisches Verhalten die Interessen des
Landes gefährdet.
2. Die Konsularfunktion wird beendet mit
dem Erlöschen des Exequaturs, was ipso iure
bei Ausbruch eines Krieges mit dem Absendestaat
oder bei Untergang der bisherigen Staatsgewalt
im Empfangs= oder Absendestaat der Fall ist.
Abgesehen von der Zurücknahme des Exequatur
endigt die Konsularfunktion noch mit dem Tode
oder der Abberufung des Konsuls seitens des
ernennenden Staates. Der Konsul einer fremden
Macht übernimmt dann gewöhnlich die interimi-
stische Leitung der Geschäfte.
IV. Einteilung der Konsuln. 1. Staats-
rechtlich ist von Wichtigkeit die Unterscheidung
zwischen Wahlkonsuln (consules electi) und
Berufskonsuln (consules missi). Völker-
rechtlich ist sie insoweit von Bedeutung, als letzteren
in den Verträgen vielfach größere Rechte ein-
geräumt werden. Der Inhalt der beiden Begriffe
ist jetzt ein anderer als in früheren Zeiten. Als
Wahlkonsuln, die fast ausschließlich in Frage
kamen, bezeichnete man ursprünglich die durch
Wah seitens der ansässigen Landsleute berufenen
Vorsteher und Richter der ständigen Handels-
niederlassungen an auswärtigen Plätzen, als Be-
rufskonsuln die obrigkeitlich bestellten Führer der
Handelsexpeditionen, denen Schutz und Gerichts-
barkeit über die Teilnehmer an denselben anver-
traut war.
a) Nach der heutigen Konsularorganisation sind
die Wahlkonsuln gleichfalls vom Staate er-
nannte Funktionäre, aber in der Regel Angehörige
des Empfangsstaates, meistens an dem betreffenden
Handelsorte ansässige Kaufleute (consuls mar-
chands), die das Konsulat im Ehrenamt ver-
Konjuln.
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walten und daher neben der Konsularfunktion
noch ein anderes Amt oder Gewerbe ausüben
können. Gewöhnlich sind sie aber berechtigt, die
tarifmäßigen Gebühren zu behalten.
b) Die Berufskonsuln sind dagegen An-
gehörige des Staates, der sie ernennt, und üben,
in einem dienstlichen Verhältnis stehend, die Kon-
sularfunktionen als amtlichen Beruf aus. Infolge-
dessen haben sie eine besondere Vorbildung nach-
zuweisen, beziehen ein fipes Gehalt und dürfen in
der Regel kein anderes Amt verwalten oder ein
Gewerbe betreiben. Die allgemeine Tendenz geht
infolge der durch den steigenden Verkehr gewach-
senen Amtsgeschäfte und der hierzu erforderlichen
Kenntnisse dahin, die Wahlkonsuln nach Möglich-
keit durch Berufskonsuln zu ersetzen, deren Stel-
lung aber mehr und mehr der der Gesandten an-
zunähern.
2. Unter den von einem Staate in einem frem-
den bestellten (Wahl= oder Berufs-)Konsuln pflegt
eine gewisse Rangabstufung zu bestehen.
a) Für das ganze Land bzw. einen größeren
Landesteil wird die Leitung der Geschäfte einem
Generalkonsul anvertraut. Steht ihm zu-
gleich die gesamte völkerrechtliche Vertretung seines
Heimatstaates zu, ist er also Geschäftsträger, so
hat er als solcher diplomatischen Charakter, wenn
auch gleichwohl das konsularische Moment prä-
valiert. Nach mittel-- und südamerikanischen
Republiken und nach halbsouveränen Staaten
(Agypten und bisher auch Bulgarien) pflegen die
europäischen Mächte solche consuls généraux
chargés d’affaires zu entsenden.
b) Dem Generalkonsul sind die Konsuln
seines Staates, die in demselben Lande, aber
in kleineren Bezirken, besonders in wichtigen
Häfen und Handelsplätzen angestellt sind, unter-
geordnet.
c) Vizekonsuln sind Hilfsbeamte des Ge-
neralkonsuls bzw. Konsuls und insbesondere zu
dessen Vertretung berufen. Doch kann ihnen auch
ein Bezirk zu selbständiger Leitung unmittelbar
durch die Regierung angewiesen werden.
4) Zur Besorgung einzelner Konsulargeschäfte
bedienen sich die Generalkonsuln häufig der Kon-
sularagenten. Sie sind für deren Hand-
lungen verantwortlich, während die vorher ge-
nannten eine selbständige Stellung einnehmen und
infolgedessen direkt mit ihrer Regierung verkehren
und persönlich verantwortlich sind.
Auch diese hierarchische Gliederung hat zunächst
nur staatsrechtliche Bedeutung, doch erzeugt sie
insoweit auch völkerrechtliche Folgen, als die Ver-
träge vielfach zwischen den beiden ersten Klassen
einerseits und den beiden letzten anderseits unter-
scheiden. Zu bemerken ist, daß die einzelnen
Staaten noch verschiedene Zwischenstufen, wie
(General-)Konsuln erster und zweiter Klasse, Kon-
sulareleven, Prokonsuln usw. kennen. — Die
Konsuln aller Klassen sind den diplomatischen
Vertretern ihres Staates unterstellt, welche sie zu