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aber eine ganz allgemeine unter Benennung der
berechtigien Personenkategorien. Was nun den
Grund einer rechtmäßigen Berufung betrifft,
so ist in neuerer Zeit die Behauptung aufgestellt
worden, daß ein allgemeines Konzil nur dannrecht-
mäßig berufen sei, wenn es sich um eine entweder
den Glauben oder die Gesamtkirche unmittelbar be-
treffende Angelegenheit handle. Indes dürfte sich
hierin eine Verkennung des Wesens und der Kom-
petenz eines allgemeinen Konzils bekunden. Da
dasselbe seinem Wesen nach den Gesamtepiskopat
oder die Vereinigung der Glieder desselben mit
seinem Haupte darstellt, so erstreckt sich seine Kom-
petenz auf alle kirchlichen Angelegenheiten, nicht
nur allgemeiner, sondern auch spezieller Art. Und
deshalb kann jede kirchliche Angelegenheit, welcher
Art sie auch sein möge, den Grund einer recht-
mäßigen Berufung bilden. Ob sie aber eine solche
ist, die diese notwendig macht, das hat allein der
Papst zu entscheiden, und darum trägt jede Be-
rufung durch den Papst ihre Rechtmäßigkeit in
sich selbst. — Das ausschließliche Recht des
Lopstes auf dem von ihm berufenen allgemeinen
onzil den Vorsitz zu führen und die Verhand-
lungen zu leiten, entweder persönlich oder durch
seine Legaten, ist so evident, daß selbst die hef-
tigsten Anhänger des sog. Episkopalsystems, welche
ihm nur einen primatus honoris einräumen,
dasselbe nicht bestritten haben. Und wenn den-
noch gegen diese Ausschließlichkeit der Einwand
erhoben wird, daß doch auf den ersten allgemeinen
Konzilien fast immer die Kaiser den Vorsitz ge-
führt hätten, und die Verhandlungen immer von
den kaiserlichen Kommissaren, nicht von den päpst-
lichen Legaten geleitet seien, so war jener Vorsitz
nur ein Ehrenvorsitz, und diese Leitung bezog sich
nur auf die äußere Ordnung, während die der
sachlichen Verhandlungen stets in der Hand der
vom Papst bestellten Legaten lag (Hefele, Kon-
ziliengeschichte I 29/43).
Eine allgemeine, feststehende Reglung der Ge-
samtaktion eines ökumenischen Konzils oder eine
sog. Geschäftsordnung gibt es nicht, sie kann
aber grundsätzlich vom Konzil selbst oder vom
Papst allein festgestellt werden. Das Recht des
Papfstes dazu ist nicht, wie es wohl geschieht, aus
seinem Berufungs= und Leitungsrecht herzuleiten,
dasselbe ergibt sich vielmehr aus seinem Primat
und aus seiner auf diesem beruhenden und das
Konzil beherrschenden Stellung. In jedem Falle
ist es jedoch für die Geschäftsordnung, mag sie
mun auf dem Konzil selbst vereinbart oder vorher
und allein vom Papst erlassen sein, ein wesent-
liches Erfordernis, daß bei ihrer Befolgung die
Verhandlungen mit voller Freiheit geführt werden
und bei den Beschlußfassungen die vota der ein-
zelnen Bischöfe zu ungehinderter Geltung kom-
men können. Die Beschlußfassung geschieht durch
Abstimmung, wobei die Mehrheit der abgegebenen
Konzil.
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letzteren als wesentlich notwendig behauptete mo-
ralische Einstimmigkeit findet weder im Recht
noch in der Geschichte ihre Begründung; sie ist
wohl wünschenswert, aber nicht absolut erforderlich.
Zudem ist der Begriff derselben schwankend und
dehnbar, er kann gar nicht fest und scharf be-
stimmt werden, und damit müßten, wenn sie
wesentlich erforderlich wäre, die Beschlüsse selbst
immer schwankend und unsicher bleiben. Und die
nur durch Stimmenmehrheit gefaßten Beschlüsse
sind gültige Konzilsbeschlüsse, die als solche in
Glaubenssachen den Charakter der Unfehlbarkeit
tragen und in Disziplinarsachen allgemein ver-
bindliche Gesetzeskraft haben. Die Gültigkeit der-
selben mit ihren Folgen tritt aber erst in dem
Augenblick ein, in welchem der Papst ihnen zu-
gestimmt hat. In dem Falle, wo der Papst auf
dem Konzil persönlich anwesend ist und hier den
Beschlüssen unmittelbar nach ihrer Fassung seine
Zustimmung erteilt hat, ist für die Verkündigung
derselben eine besondere Form üblich geworden,
indem sie der Papst als von ihm sacro appro-
bante concilio ausgehend und erlassen publiziert.
Aber auch in dieser Verkündigungsform sind und
bleiben sie sachlich Konzilsbeschlüsse und haben
als solche ihre rechtliche Geltung, nur nach ihrer
äußern Formulierung tragen sie die Gestalt päpst-
licher Konstitutionen. In dem Falle jedoch, wenn
der Papst nicht persönlich, sondern nur in seinen
Legaten anwesend ist und deshalb seine Zustim-
mung zu den Konzilsbeschlüssen erst nachträglich
in der Form einer Bestätigung derselben erfolgt,
werden sie als solche, ohne jenen Zusatz von ihm
verkündigt. Diese nachträgliche päpstliche Zustim-
mung muß immer erfolgen, auch wenn die Legaten
schon zugestimmt haben. Die Bestätigung der
Konzilsbeschlüsse ist ein höchst persönlicher Akt des
Papstes, es handelt sich dabei nicht um die Aus-
übung einzelner Primatialrechte, sondern um die
Betätigung des Primats in seinem ganzen und
vollen Wesen, und diese schließt jede Vertretung
aus. Allerdings können die Legaten zu bestimmt
sormulierten Beschlüssen im Namen des Papstes
und in Vollmacht desselben die päpstliche Zustim-
mung erklären, oder der Papst kann seinen Legaten
im voraus die Ermächtigung geben, zu einem
seinem Inhalte nach genau bestimmten, erst vom
Konzil zu fassenden Beschluß seine Zustimmung
zu erteilen, aber damit hat eben der Papst selbst
und persönlich seine Zustimmung erteilt, die Legaten
dienen ihm nur als Organe, welche dieselbe zu ver-
kündigen haben. Eine solche vorherige Zustim-
mung oder Bestätigung ist auch von den Päpsten
auf den allgemeinen Konzilien des Orients, auf
welchen sie durch Legaten vertreten waren, tatsäch-
lich gegeben worden. Wenn geschichtlich nachge-
wiesen ist, daß eine päpstliche Bestätigung der Be-
schlüsse jener Konzilien nicht stattgefunden habe
(Funk a. a. O. 87/121), so bezieht dieser Nach-
vota entscheidend ist, nicht nur in Disziplinar-, weis sich nur auf die gleichzeitige und nachfolgende
sondern auch in Glaubenssachen. Die für die Bestäligung und berechtigt nicht zu dem Schluß,