Full text: Staatslexikon. Dritter Band: Kaperei bis Paßwesen. (3)

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aber eine ganz allgemeine unter Benennung der 
berechtigien Personenkategorien. Was nun den 
Grund einer rechtmäßigen Berufung betrifft, 
so ist in neuerer Zeit die Behauptung aufgestellt 
worden, daß ein allgemeines Konzil nur dannrecht- 
mäßig berufen sei, wenn es sich um eine entweder 
den Glauben oder die Gesamtkirche unmittelbar be- 
treffende Angelegenheit handle. Indes dürfte sich 
hierin eine Verkennung des Wesens und der Kom- 
petenz eines allgemeinen Konzils bekunden. Da 
dasselbe seinem Wesen nach den Gesamtepiskopat 
oder die Vereinigung der Glieder desselben mit 
seinem Haupte darstellt, so erstreckt sich seine Kom- 
petenz auf alle kirchlichen Angelegenheiten, nicht 
nur allgemeiner, sondern auch spezieller Art. Und 
deshalb kann jede kirchliche Angelegenheit, welcher 
Art sie auch sein möge, den Grund einer recht- 
mäßigen Berufung bilden. Ob sie aber eine solche 
ist, die diese notwendig macht, das hat allein der 
Papst zu entscheiden, und darum trägt jede Be- 
rufung durch den Papst ihre Rechtmäßigkeit in 
sich selbst. — Das ausschließliche Recht des 
Lopstes auf dem von ihm berufenen allgemeinen 
onzil den Vorsitz zu führen und die Verhand- 
lungen zu leiten, entweder persönlich oder durch 
seine Legaten, ist so evident, daß selbst die hef- 
tigsten Anhänger des sog. Episkopalsystems, welche 
ihm nur einen primatus honoris einräumen, 
dasselbe nicht bestritten haben. Und wenn den- 
noch gegen diese Ausschließlichkeit der Einwand 
erhoben wird, daß doch auf den ersten allgemeinen 
Konzilien fast immer die Kaiser den Vorsitz ge- 
führt hätten, und die Verhandlungen immer von 
den kaiserlichen Kommissaren, nicht von den päpst- 
lichen Legaten geleitet seien, so war jener Vorsitz 
nur ein Ehrenvorsitz, und diese Leitung bezog sich 
nur auf die äußere Ordnung, während die der 
sachlichen Verhandlungen stets in der Hand der 
vom Papst bestellten Legaten lag (Hefele, Kon- 
ziliengeschichte I 29/43). 
Eine allgemeine, feststehende Reglung der Ge- 
samtaktion eines ökumenischen Konzils oder eine 
sog. Geschäftsordnung gibt es nicht, sie kann 
aber grundsätzlich vom Konzil selbst oder vom 
Papst allein festgestellt werden. Das Recht des 
Papfstes dazu ist nicht, wie es wohl geschieht, aus 
seinem Berufungs= und Leitungsrecht herzuleiten, 
dasselbe ergibt sich vielmehr aus seinem Primat 
und aus seiner auf diesem beruhenden und das 
Konzil beherrschenden Stellung. In jedem Falle 
ist es jedoch für die Geschäftsordnung, mag sie 
mun auf dem Konzil selbst vereinbart oder vorher 
und allein vom Papst erlassen sein, ein wesent- 
liches Erfordernis, daß bei ihrer Befolgung die 
Verhandlungen mit voller Freiheit geführt werden 
und bei den Beschlußfassungen die vota der ein- 
zelnen Bischöfe zu ungehinderter Geltung kom- 
men können. Die Beschlußfassung geschieht durch 
Abstimmung, wobei die Mehrheit der abgegebenen 
  
Konzil. 
  
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letzteren als wesentlich notwendig behauptete mo- 
ralische Einstimmigkeit findet weder im Recht 
noch in der Geschichte ihre Begründung; sie ist 
wohl wünschenswert, aber nicht absolut erforderlich. 
Zudem ist der Begriff derselben schwankend und 
dehnbar, er kann gar nicht fest und scharf be- 
stimmt werden, und damit müßten, wenn sie 
wesentlich erforderlich wäre, die Beschlüsse selbst 
immer schwankend und unsicher bleiben. Und die 
nur durch Stimmenmehrheit gefaßten Beschlüsse 
sind gültige Konzilsbeschlüsse, die als solche in 
Glaubenssachen den Charakter der Unfehlbarkeit 
tragen und in Disziplinarsachen allgemein ver- 
bindliche Gesetzeskraft haben. Die Gültigkeit der- 
selben mit ihren Folgen tritt aber erst in dem 
Augenblick ein, in welchem der Papst ihnen zu- 
gestimmt hat. In dem Falle, wo der Papst auf 
dem Konzil persönlich anwesend ist und hier den 
Beschlüssen unmittelbar nach ihrer Fassung seine 
Zustimmung erteilt hat, ist für die Verkündigung 
derselben eine besondere Form üblich geworden, 
indem sie der Papst als von ihm sacro appro- 
bante concilio ausgehend und erlassen publiziert. 
Aber auch in dieser Verkündigungsform sind und 
bleiben sie sachlich Konzilsbeschlüsse und haben 
als solche ihre rechtliche Geltung, nur nach ihrer 
äußern Formulierung tragen sie die Gestalt päpst- 
licher Konstitutionen. In dem Falle jedoch, wenn 
der Papst nicht persönlich, sondern nur in seinen 
Legaten anwesend ist und deshalb seine Zustim- 
mung zu den Konzilsbeschlüssen erst nachträglich 
in der Form einer Bestätigung derselben erfolgt, 
werden sie als solche, ohne jenen Zusatz von ihm 
verkündigt. Diese nachträgliche päpstliche Zustim- 
mung muß immer erfolgen, auch wenn die Legaten 
schon zugestimmt haben. Die Bestätigung der 
Konzilsbeschlüsse ist ein höchst persönlicher Akt des 
Papstes, es handelt sich dabei nicht um die Aus- 
übung einzelner Primatialrechte, sondern um die 
Betätigung des Primats in seinem ganzen und 
vollen Wesen, und diese schließt jede Vertretung 
aus. Allerdings können die Legaten zu bestimmt 
sormulierten Beschlüssen im Namen des Papstes 
und in Vollmacht desselben die päpstliche Zustim- 
mung erklären, oder der Papst kann seinen Legaten 
im voraus die Ermächtigung geben, zu einem 
seinem Inhalte nach genau bestimmten, erst vom 
Konzil zu fassenden Beschluß seine Zustimmung 
zu erteilen, aber damit hat eben der Papst selbst 
und persönlich seine Zustimmung erteilt, die Legaten 
dienen ihm nur als Organe, welche dieselbe zu ver- 
kündigen haben. Eine solche vorherige Zustim- 
mung oder Bestätigung ist auch von den Päpsten 
auf den allgemeinen Konzilien des Orients, auf 
welchen sie durch Legaten vertreten waren, tatsäch- 
lich gegeben worden. Wenn geschichtlich nachge- 
wiesen ist, daß eine päpstliche Bestätigung der Be- 
schlüsse jener Konzilien nicht stattgefunden habe 
(Funk a. a. O. 87/121), so bezieht dieser Nach- 
vota entscheidend ist, nicht nur in Disziplinar-, weis sich nur auf die gleichzeitige und nachfolgende 
sondern auch in Glaubenssachen. Die für die Bestäligung und berechtigt nicht zu dem Schluß,
	        
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