Full text: Staatslexikon. Dritter Band: Kaperei bis Paßwesen. (3)

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Krieg ufw. 
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Einstellung der amtlichen Tätigkeit der Konsuln dessen sich die Kriegsparteien bekämpfen können, 
zum Ausdruck kommt. Nach früher herrschender ohne die Rechte der neutralen Mächte zu verletzen. 
Ansicht erlöschen ferner ipso iure alle Verträge Infolgedessen umfaßt das Kriegsfeld im recht- 
zwischen den gegnerischen Staaten. Indessen ist 
diese Ansicht schon deshalb unhaltbar, als gerade 
eine Reihe von Verträgen, weil eigens für den 
Krieg geschlossen, erst im Kriegsfall wirksam wer- 
den, so z. B. die Genfer, Petersburger und die 
meisten der Haager Konventionen. Auch die sog. 
Kriegsverträge, d. h. während des Krieges ab- 
geschlossene Verträge der Kriegsparteien, sprechen 
gegen jene Ansicht. Infolgedessen ist dieselbe unter 
Betonung des Unterschiedes zwischen Aufhebung 
der Verträge und Suspension ihrer Wirksamkeit 
denn auch ziemlich allgemein fallen gelassen wor- 
den. Man wird daher den Inhalt der Verträge 
prüfen müssen, um sagen zu können, welche Ver- 
träge tatsächlich erloschen sind, welche Verträge 
nur suspendiert werden und welche Verträge auch 
in ihrer Wirksamkeit keine Einbuße erleiden. Zu 
ersteren gehören politische Verträge, die, wie z. B. 
Bündnisse, friedliche Beziehungen voraussetzen. 
Dagegen bleiben bestehen alle Verträge, die recht- 
setzenden Charakter haben, die im Interesse der 
internationalen Verkehrsbeziehungen geschlossenen 
Kollektivverträge, die nichtpolitischen Einzelver- 
träge, wie Post-, Handels-, Schiffahrtsverträge 
usw. Eine Reihe von diesen wird dann, weil sie, 
wie z. B. Handelsverträge, während des Krieges 
offenbar nicht erfüllt werden können, in ihrer Wirk- 
samkeit suspendiert (ugl. Ullmann a. a. O. 475). 
b) Auf die Beziehungen der Angehörigen 
der feindlichen Staaten selbst äußern sich 
die Wirkungen des Kriegsausbruchs, abgesehen 
von den erwähnten einseitigen Maßnahmen der 
Staatsgewalt, nur in beschränktem Maße. Handel 
und Verkehr, auch der Rechtsverkehr zwischen den 
Untertanen der Kriegführenden hört keineswegs 
von selbst auf (bestritten). Doch steht es zweifel- 
los jeder Kriegspartei frei, allen eignen Unter- 
tanen den Verkehr mit den feindlichen Staats- 
angehörigen gänzlich zu untersagen und diese von 
solchem Verkehr zurückzuweisen (in der Regel wird 
  
  
dann eine bestimmte Frist zur Abwicklung der 
laufenden Geschäfte gewährt), sowie anderseits den 
Verkehr, insbesondere den Handel, durch die Er- 
teilung spezieller Lizenzen in bestimmtem Umfange 
zu gestatten oder aber überhaupt freizugeben, woran 
allerdings umgekehrt der feindliche Teil nicht ge- 
bunden sein kann. 
P) Bezüglich der Verhältnisse der neutralen 
Staaten und ihrer Untertanen zu den Kriegs- 
parteien und deren Untertanen treten mit dem 
Beginn des Krieges die völkerrechtlich umschrie- 
benen Rechte und Pflichten, das „Neutrali- 
tätsrecht“, in Wirksamkeit (s. d. Art.). 
VI. Der Kriegsschauplatz. 1. Unter Kriegs- 
schauplatz, Kriegsfeld (theatre de guerre) 
versteht man im rechtlichen Sinne nicht den Teil 
der Erdoberfläche, auf welchem tatsächlich Krieg 
geführt wird, sondern dasjenige Gebiet, innerhalb 
  
lichen Sinne: 
a) Das gesamte Staatsgebiet der Kriegs- 
parteien, nämlich a) das Landgebiet einschließ- 
lich der Enklaven und Kolonien; ß) das Wasser- 
gebiet, d. h. die Eigen- und Küstengewässer, und 
) den Luftraum oberhalb und den Erdraum 
unterhalb der durch die Staatsgrenzen umschrie- 
benen Land= und Wasseroberfläche (s. d. Art. 
Staatsgebiet). 
b) Das Staatsgebiet der einer der Kriegs- 
parteien untergeordnetet halbsouveränen 
Staaten. Solche Gebiete dagegen, welche unter 
der Verwaltung anderer Staaten stehen, wie z. B. 
Cypern und bis 1908 Bosnien und die Hercego- 
vina, gehören zum Kriegsfeld nur dann, wenn 
der sie verwaltende Staat (England, Osterreich- 
Ungarn), nicht aber, wenn derjenige Staat, der 
sormell die Souveränitätsrechte über sie besitzt (die 
Türkei), Kriegspartei ist. 
c) Dasoffene Meer bis an die Grenze der 
neutralen Gewässer, der neutralisierten Binnen= 
gewässer, neutralisierten Meere, Meerengen, 
Strommündungen und Kanäle. 
2. Erweiterung und Einschränkung 
des Kriegsschauplatzes. Nur selten wird 
das Kriegsfeld auf neutrales Gebiet ausgedehnt. 
Eine solche Erweiterung erfolgte unter still- 
schweigender Zustimmung der Mächte, als infolge 
der eigenartigen Umstände im russisch-japanischen 
Kriege 1904/05 Korea und die chinesische Man- 
dschurei in das Kriegsfeld einbezogen wurden. — 
Eine Einschränkung des Kriegsschauplatzes 
kann durch die Neutralisierung einzelner Gebiets- 
teile vor sich gehen, sei es auf Grund internatio- 
naler Abmachungen, welche die dauernde Neutra- 
lisierung gewisser Gebietsteile zum Gegenstand 
haben, oder kraft besonderer Vereinbarung der 
streitenden Teile, welche sich nur auf den betreffen- 
den Krieg bezieht. So gehören zu den dauernd 
neutralisierten Gebietsteilen die französischen Be- 
zirke Savoyens: Chablais und Faucigny, die 
Jonischen Inseln, die internationalen Ströme, 
insbesondere Donau, Kongo, Niger, der Suez- 
und Panamakanal, die montenegrinischen Ge- 
wässer und die Magalhäesstraße. Bei den be- 
friedeten Wasserstraßen ist noch zu bemerken, daß 
die Neutralisierung entweder eine negative ist, 
d. h. daß den Truppen und Kriegsschiffen der 
Kriegführenden der Zutritt unbedingt untersagt 
ist, oder daß sie eine positive ist („Internationa- 
lisierung"), d. h. daß die betreffende Wasserstraße 
zwar auch in Kriegszeiten den Truppen und 
Kriegsschiffen der Kriegsparteien offensteht, daß 
diese aber daselbst keinerlei kriegerische Operationen 
vornehmen dürfen, so z. B. der Suezkanal. — 
Durch besondere Vereinbarung kann das Kriegs- 
feld für die Dauer des ganzen Krieges oder nur 
für die Zeit eines Waffenstillstandes lokalisiert
	        
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