Full text: Staatslexikon. Dritter Band: Kaperei bis Paßwesen. (3)

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weniger den Charakter der Ständigkeit und quali- 
fizieren sich eben darum als Privilegien. 
Die Ehrenrechte der Kardinäle bestehen 
darin, daß sie befugt sind, besondere Titel und 
ihrer Würde entsprechende Insignien zu führen. 
Sie sind Fürsten der römischen Kirche und stehen 
als solche dem weltlichen Range nach den nicht- 
regierenden Fürsten gleich. Seit Urban VIII., 
der ihnen den Titel Eminentissimus verliehen 
hat, ist ihre volle Titulatur: Eminentissimus 
Princeps S. Romanae Ecclesiae Cardinalis. 
Zu ihren Insignien gehören: 1) Der rote Hut 
(Salerus, pileus cardinalitius). Derselbe ist 
ihnen von Innozenz IV. nach dem Konzil von 
Lyon 1245 gewährt worden, aber nur für die 
Kardinäle, die nicht dem Mönchsstande angehörten. 
Erst Gregor XIV. hat diese Beschränkung auf- 
gehoben. 2) Das rote Birett und der sog. Solideo, 
verliehen von Paul II. (1464/71) zu dem Zwecke, 
daß die Kardinäle auch bei solchen Gelegenheiten, 
wo der Hut nicht getragen würde, durch die Kopf- 
bedeckung von andern kirchlichen Würdenträgern 
äußerlich zu unterscheiden wären. Der Solideo ist 
ein Käppchen, das nur den Scheitel (die Tonsur) 
bedeckt und nur in Gegenwart des Allerheiligsten 
abgenommen wird; daher denn auch sein Name. 
3) Der weite Purpurmantel (cappa magna), 
der nur bei feierlichen Gelegenheiten angelegt 
wird. Ursprünglich trugen denselben allein die 
Kardinäle, welche legati a latere waren. Die 
Purpurfarbe des Gewandes versinnbildete die 
päpstliche Jurisdiktion, welche sie auszuüben 
hatten. Bonifaz VIII. dehnte das Recht, den 
Purpurmantel zu tragen, auf alle Kardinäle aus. 
Die Kardinäle aus dem Regularstande tragen ihn 
in der Farbe ihres Ordensgewandes. 4) Der 
Ring (anulus cardinalitius), in den ein Saphir 
eingefaßt ist. 5) Der sog. Ombrellino (kleiner 
Baldachin), der sich stets auf dem Wagen der 
Kardinäle befindet und, wenn sie aussteigen, um 
der alten Sitte gemäß das heilige Sakrament zum 
Kranken zu begleiten, über ihrem entblößten Haupte 
getragen wird. 6) Die Pontifikalinsignien der 
Bischöfe. 7) Ihr Familien= oder angenommenes 
Wappen mit dem Kardinalshut, von dem 15 
Flocken herabhängen. Die Anbringung einer 
Königs= oder Herzogskrone in diesem wurde von 
Innozenz X. untersagt. 
Die Pflichten der Kardinäle ergeben sich 
von selbst aus der Stellung und der Aufgabe des 
Kardinalkollegiums. Sie sind, wie berechtigt, so 
auch verpflichtet, den Papst in der Regierung der 
Kirche zu beraten und zu unterstützen, dabei nie- 
mals persönliche Interessen, sondern das Recht 
und das Interesse der Kirche mit edlem Freimut 
jedermann, selbst dem Papst gegenüber, zu ver- 
treten. Sie sind deshalb auch, mit Ausnahme 
der auswärtigen Dihzesanbischöfe, zur Residenz 
in Rom und zur Übernahme kirchlicher Aufträge 
und Geschäfte verpflichtet. Die Rechte und Pflich- 
ten des Kardinalkollegiums während der Sedis- 
Karolinen — Kartelle. 
  
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vakanz hat Papst Pius X. neuerdings in der vor- 
genannten Const. Vacante Sede Apostolica 
genau bestimmt; das Kollegium führt eine Art 
provisorischer Regierung, hat aber vor allem keine 
Verfügungsgewalt über die Rechte des Aposto- 
lischen Stuhles und der römischen Kirche. Vgl. 
auch die Konstitution Leos XIII. Commissum 
Nobis nebst der dazu gehörenden Instructio vom 
24. Mai 1882. 
Literatur. Außer den schon angeführten 
Werken: Thomassin, Veius et nova disciplina 
P. I, 1. 2, c. 113/116; Binterim, Die vorzüglich- 
sten Denkwürdigkeiten der christkathol. Kirche III 
1 (1825/41), 117/161; Bangen, Die römische 
Kurie (1854) 26/45; Bouix, Tract. de Curia Ro- 
mana (1859) 5/141. Umfassende Zusammenstellung 
der neueren u. neuesten Literatur bei Sägmüller, 
Kirchenrecht (21909) 365. 
[Hartmann, rev. Lux.) 
Karolinen s. Deutsches Reich (Bd I, 
Sp. 1272). 
Kartelle. ([Allgemeines; Begriff; Mittel 
und Formen; Ursachen und Vorbedingungen; 
Umfang der Kartellbewegung; Volkswirtschaftliche 
Wirkungen; Aufgaben des Staates.) 
I. Allgemeines. Zu den merkwürdigsten und 
besonders viel umstrittenen Erscheinungen der mo- 
dernen Volkswirtschaft gehören die unter dem 
Namen „Kartelle“ oder „Syndikate“ bekannten 
Unternehmervereinigungen. „Fast wie ein Blitz 
aus dem eben noch so heitern Himmel des Glau- 
bens, welcher dem freien Spiel der Kräfte, dem 
Konkurrenzharmonismus der liberalen Volkswirt- 
schaft galt, sind die Kartelle herniedergefahren. 
Sie haben vielleicht mehr als irgend ein anderes 
der neuen Gebilde, welche dem Schoße des öfo- 
nomischen Individualismus entsprossen sind, dazu 
beigetragen, auch bei den Praktikern dem Dogma 
von der regulativen Allgewalt der freien Kon- 
kurrenz einen heftigen Stoß zu versetzen. Die un- 
erwartete und reißend schnelle Ausbreitung der 
Kartelle während der letzten Jahrzehnte hat weit- 
hin geradezu verblüffend gewirkt. Und das ist 
nicht zu verwundern; denn Kartellierung bedeutet 
planmäßige Beseitigung von Konkurrenz. Kon- 
kurrenz war aber die Panacee; wo am meisten Kon- 
kurrenz, da sollte in der besten der möglichen 
Welten, der liberalen nämlich, alles herrlich be- 
stellt sein, und die Konkurrenz war ja kaum erst 
gänzlich freigegeben worden. Und nun diese Ent- 
täuschung, als tatsächlich das Monopol sich aus- 
breitete" (Schäffle in der Zeitschr. f. ges. Staats- 
wissenschaft 1898). 
In der Tat eine merkwürdige Ironie des 
Schicksals, daß diejenigen gewerblichen Kreise, 
die zu den erklärten Gegnern jeglicher Konkurrenz- 
beschränkung gehörten, die am meisten Nutzen aus 
der radikalen Aufhebung aller früheren Schranken 
erhofft und gewonnen hatten und eine gleich gün- 
stige Wirkung wohl in alle Zukunft für gesichert 
hielten, daß gerade diese am allermeisten durch 
die wirtschaftliche Entwicklung wieder dazu ge-
	        
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