Full text: Staatslexikon. Dritter Band: Kaperei bis Paßwesen. (3)

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wurden größtenteils ausgerottet; nur einige spär- 
liche Reste haben sich in den östlichen Gebirgs- 
gegenden erhalten. Als Ersatz wurden schon seit 
1524 Negersklaven eingeführt (bis zur völligen 
Unterdrückung des Sklavenhandels 1887 auf 
950 000 geschätzt), wenn auch nicht in so aus- 
gedehntem Maße wie in Hakti. so daß das Neger- 
element nicht dauernd das Übergewicht über die 
übrige Bevölkerung erlangte. Die zahlreichen Ein- 
fälle der westindischen Piraten (Flibustier usw.) 
im 16. und 17. Jahrh. (1538 und 1554 Er- 
oberung von Habana) führten zur Befestigung der 
wichtigeren Ansiedlungen. Eine Zeit wirtschaft- 
lichen Aufschwungs begann seit der zweiten Hälfte 
des 18. Jahrh. Die Abtretung Floridas an Eng- 
land brachte einen großen Zuwachs von erfahrenen 
und kapitalkräftigen Einwanderern. Durch die 
Befreiung der englischen Kolonien Nordamerikas 
vom Mutterland eröffnete sich den kubanischen 
Erzeugnissen ein weites Absatzgebiet, besonders 
für den Tabak, dessen Ruf damals schon fest be- 
gründet war. 1777 wurde Kuba als selbständiges 
Generalkapitanat eingerichtet. Zu Beginn des 
19. Jahrh. wurde es nach dem Abfall von Süd- 
und Mittelamerika und Mexiko der Haupthbesitz 
Spaniens in der Neuen Welt und erhielt 1817 
freien Handel und Verkehr mit allen Ländern zu- 
gesichert (mit Spanien und dessen Kolonien schon 
1778). Dies sowie die gute Verwaltung einiger 
trefflichen Generalkapitäne (besonders Luis de las 
Casas) und die Aufhebung des Tabakmonopols 
1812 führten die wirtschaftliche Blütezeit der Insel 
herbei, die trotz furchtbarer Naturereignisse, wie 
Erdbeben (1755, 1826, 1852), Orkane und 
Sturmfluten (1768, 1810, 1846), und anhal- 
tende Dürre (1844) bis in die 70er Jahre des 
19. Jahrh. anhielt. 
Weniger günstig waren die allgemeinen kultu- 
rellen und politischen Zustände. Die Plantagen- 
wirtschaft erforderte die Einfuhr großer Mengen 
von Negern (1790/1853 über 496 300 ohne die 
eingeschmuggelten), die schon 1812 in Aponte einen 
Führer für Aufstände fanden. Innerhalb der 
weißen Bevölkerung bildete sich ein scharfer Gegen- 
satz aus zwischen den ständig aus Spanien kom- 
menden Einwanderern, die in den Städten die 
Oberhand gewannen, und den im Lande geborenen 
Nachkommen der früheren Einwanderer (Kreolen 
oder schlechthin Cubanos genannt), denen der 
größte Teil des Grund und Bodens gehörte. Die 
spanische Regierung stützte sich in ihren politischen 
Maßregeln fast ausschließlich auf den Einwanderer- 
nachschub und besetzte die höheren Verwaltungs- 
stellen mit Spaniern von Geburt. Dies sowie die 
Mißwirtschaft iniger Generalkapitäne, die sich rasch 
zu bereichern suchten, die scharfen Maßnahmen der 
Regierung, die infolge einiger Aufstände der sich 
in Geheimbünden organisierenden Kreolen (1823, 
1829 und namentlich 1848/51 unter Narciso 
Lopez) den Generalkapitän mit diktatorischer Ge- 
walt bekleidete (seit 1825), das Versammlungs- 
Kuba. 
  
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und Vereinsrecht einschränkte, einestarke militärische 
Besatzung auf der Insel hielt (in Friedenszeiten 
an 30 000 Mann) und zahlreiche politische Ver- 
schwörer und Verdächtige des Landes verwies, er- 
zeugten einen tiefen Haß gegen die Spanier, der 
durch nordamerikanische, auf Kuba ansässige Kapi- 
talisten, die eine Annexion durch die Union er- 
strebten (ein Angebot der Vereinigten Staaten, 
Kuba für 110 Mill. Dollar anzukaufen, war 
1848 von Spanien abgelehnt worden), noch ge- 
schürt wurde. Der Aufstand von 1868 konnte erst 
nach großen Anstrengungen des Mutterlandes 
durch den Vertrag von Zanjon 1878 beendigt 
werden; Kuba wurde als spanische „Provinz“ er- 
klärt, erhielt „alle Freiheiten Spaniens"“, die 
spanische Kommunalverfassung und eine Ver- 
tretung in den Cortes. Da aber an den bisherigen 
Zuständen im allgemeinen nicht viel dadurch ge- 
ändert wurde, dauerte die Unzufriedenheit fort. 
Die Einführung neuer Steuern zur Verzinsung 
der Kriegsschuld, die Ablehnung der 1894 vom 
Kolonialminister eingebrachten Reformvorlage 
durch die Cortes, die mit dem Fallen der Zucker- 
preise (1884) und der Abschaffung der Sklaverei 
(1887) verbundene Verschlechterung der wirtschaft- 
lichen Lage führte 1895 zu neuen Ausständen. 
Die Insurgenten wurden von den Vereinigten 
Staaten aus reichlich mit Geld, Waffen, Muni- 
tion und Lebensmitteln versehen und hielten sich 
drei Jahre lang gegen die spanischen Truppen 
unter Martinez Campos, der wegen seiner scho- 
nenden Kriegführung 1896 von Weyler abgelöst 
wurde, und Blanco. Als ihre Kräfte zu Ende 
gingen und Spanien den Kubanern eine auto- 
nome Regierung zu verleihen versprach, schien der 
Friede zustande zu kommen. Doch die Vereinigten 
Staaten hatten ein Interesse daran, den Aufstand 
wach zu halten; die Regierung sandte, angeblich 
zum Schutz der amerikanischen Interessen, ein 
Panzerschiff, die „Maine“, nach Habana, und 
als dieses am 15. Febr. 1898 im dortigen Hafen 
auf unaufgeklärte Weise in die Luft flog, drängte 
das amerikanische Volk, das Spanien die Schuld 
daran gab, zum Krieg. Der Kongreß forderte am 
19. April die Räumung Kubas durch die Spanier 
und ermächtigte den Präsidenten, die Land= und 
Seestreitkräfte der Union zur Durchführung dieses 
Beschlusses aufzubieten, womit praktisch der Krieg 
von seiten der Union erklärt war. Ein Expedi- 
tionsheer der Vereinigten Staaten von 15,000 
Mann landete am 20. Juni im Hafen von Ba- 
taquiri, vereinigte sich mit den Insurgenten, schlug 
die Spanier am 1. und 2. Juli bei San Juan 
und drängte sie nach Santiago de Cuba. Das 
spanische Panzergeschwader unter Admiral Cer- 
vera, das Anfang Mai von den Kapverdischen 
Inseln ausgelaufen war, mußte wegen Kohlen- 
mangel im Hafen von Santiago Zuflucht suchen, 
wurde hier von der überlegenen Flotte der Union 
unter W. T. Sampfon eingeschlossen und beim 
Versuch, die Blockade zu durchbrechen, am 3. Juli 
 
	        
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