Full text: Staatslexikon. Dritter Band: Kaperei bis Paßwesen. (3)

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Tabak (1908: 563 100 Ballen; zum größten 
Teil in der Provinz Pinar del Rio, die das be- 
rühmteste Tabakland der Erde, die Vuelta Abajo, 
umschließt), ferner auf Bananen, Getreide (Mais, 
Reis), Mehlwurzeln (Bataten, Bucca), Kar- 
toffeln usw.; weit verbreitet ist auch der Anbau 
von Fruchtbäumen (Kokospalmen, Orangen, Oli- 
ven, neuerdings auch Kaffee= und Kakaobäume), 
Ananas und Faserpflanzen (Sisalhanf). Die unter 
Kultur stehende Fläche beträgt nur 3500 qkm 
(an 3 % der Gesamtbodenfläche), wovon ½ auf 
Zucker, ½/10 auf Tabak entfällt. Die Viehzucht 
ist durch die Revolution sehr zurückgegangen, aber 
wieder im Aufschwung begriffen; sie wird beson- 
ders in den Savannen von Camaguey und im 
Bergland der Cinca Villas betrieben (1907 an 
2,54 Millionen Rinder, 386 600 Pferde). Die 
Wälder (an 5100 qkm Staatswald) liefern wert- 
volle Hölzer (Mahagoni, Zedernholz für Zigarren- 
schachteln, Farbholz), Gummi, Harze die Fischerei 
besonders Schwämme, der Bergbau (an 400 Kon- 
zessionen mit 20 000 ha) Eisen= (in der Pro- 
vinz Santiago de Cubaz jährlich an 4/500 000 
Tonnen), Kupfer-(1907 für 624 000 Dollar 
Ausfuhr), Manganerze, Asphalt, Zink, Blei, 
Salz, Marmor, Kalk= und Bausteine; Gold 
kommt in verschiedenen Teilen vor (bedeutendste 
Mine die Holguin-Santiago-Mine). Manche 
Erzlager sind wegen mangelnder Verbindungs- 
wege bisher nicht abbaubar. Die Industrie be- 
schäftigt sich fast ausschließlich mit der Verarbei= 
tung der einheimischen Naturerzeugnisse: Fabri- 
kation von Zucker (1907: 1444 310 Tonnen), 
Zigarren (1908: 337 Mill. Stück), Zigaretten 
(213 Mill. Päckchen), Melasse, Rum, Alkohol, 
ferner von Zündhölzchen, Seife, Schokolade, 
Kisten, Papier usw. 
Der Handel führte 1907 für 104,5 Mill. 
Dollar Waren ein (dazu für 757000 Dollar 
Edelmetalle) und für 104,17 Mill. aus (ferner 
für 12,42 Mill. Edelmetalle). Die hauptsäch- 
lichen Ausfuhrprodukte waren Zucker und Melasse 
(65,67 Mill. Dollar), Tabak (27,84), Mine- 
ralien (2,76), Früchte (2,75) und Holz (1,82), 
die Einfuhrprodukte Fabrikate (Baumwoll= und 
Leinengewebe, Chemikalien, Eisenwaren, Ma- 
schinen usw.), Lebensmittel. Am Außenhandel 
der Insel sind besonders beteiligt die Vereinigten 
Staaten (Einfuhr 51,3, Ausfuhr 90,8 Mill.), 
Großbritannien (15.3 und 4,5), Deutschland 
(7,59 und 3,2), Frankreich (6,01 und 1,36); 
der Rest entfällt auf die übrigen Länder Amerikas 
(Einfuhr 9,28, Ausfuhr 2,5) und Europas (1,8 
und 0.5). 
Den überseeischen Verkehr vermitteln die 
Hamburg-Amerika-Linie, der Norddeutsche Lloyd, 
7 britische, 5 nordamerikanische, 3 spanische, je 
1 französische, österreichische, russische und kuba- 
nische (vom Staat subventionierte) Dampferlinie. 
In der Seeschiffahrt liefen 1906/07: 4294 Schiffe 
mit 9 852 115 Registertonnen ein, in der Küsten- 
Kuba. 
  
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schiffahrt 13278 Fahrzeuge mit 3 968 815 R.-T. 
Die eigne Handelsflotte bezifferte sich 1907 auf 
63 Dampfer (47 118 R.-T.) und 211 Segler 
(18 107 R.-T.). Der Bau von Straßen (1908: 
860 km; weitere 740 im Bau) und Eisenbahnen 
hat in den letzten Jahren, besonders mit Hilfe 
amerikanischen und englischen Kapitals, große 
Fortschritte gemacht (1908: 3055 km Bahnen; 
elektrische Straßenbahnen in Habana). Die Zahl 
der Postanstalten betrug 1908: 418, die der 
Telegraphenstationen 147 (8100 km Linien). 
Unterseeische Kabel verbinden die Insel mit Neu- 
york, Florida, Hatti, San Domingo, Martini- 
que, Jamaica, Panama, St Thomas und Bri- 
tisch= Guayana usw. 
3. Staatswesen. Die Verfassung der 
Republik Kuba ist in manchen Punkten der der 
Union nachgebildet. Die ausführende Gewalt 
liegt in den Händen eines Präsidenten, der samt 
dem ihm zur Seite stehenden Vizepräsidenten (zu- 
gleich Präsident des Senats) nicht direkt, sondern 
durch (107) aus direkten Wahlen hervorgehende 
Wahlmänner auf 4 Jahre gewählt wird. Der 
Präsident ernennt den Ministerrat, der aus 8 Mit- 
gliedern (Sekretären) besteht. Von der Deputierten- 
kammer kann der Präsident in Anklagezustand ver- 
setzt werden; Gerichtshof ist in diesem Falle der 
Senat. Die gesetzgebende Gewalt ruht beim Kon- 
greß, der aus dem Senat (24 Mitglieder, 4 für 
jede Provinz; von einem Wahlkörper auf 8 Jahre 
gewählt) und der Deputiertenkammer (je 1 Ab- 
geordneter auf 25.000 Einw., direkt vom Volk auf 
4 Jahre gewählt) besteht. Die zweite amerikanische 
Okkupation hat das Wahlrecht der Analphabeten 
etwas eingeschränkt. Für die Verwaltung ist das 
Land in 6 Provinzen eingeteilt; diese wählen selber 
(auf 4 Jahre; nur einmalige Wiederwahl zu- 
lässig) ihren Gouverneur (Governador), dem ein 
Provinzialrat von 8 auf 4 Jahre gewählten Mit- 
gliedern zur Seite steht. Die Provinzen zerfallen 
in Munizipalitäten (83 im ganzen), an deren Spitze 
ein Alkalde mit dem ihm beigeordneten Gemeinde- 
rat (Ayuntamiento) steht. 
Die Rechtspflege wird in geringeren Zivil- 
sachen und bei leichteren Übertretungen durch 
(221) Munizipalgerichte ausgeübt, gegen deren 
Urteile Berufung an die (32) Gerichte erster In- 
stanz eingelegt werden kann. In jeder Provinz be- 
steht ein höheres Gericht (Audiencia), in Habana 
ein oberster Gerichtshof (Tribunal Supremo). 
Die engen Beziehungen zwischen Kirche und 
Staat sind seit der amerikanischen Verwaltung 
gelöst; es herrscht völlige Religionsfreiheit. Die 
Bevölkerung ist bis auf eine kleine Minderheit 
katholisch; doch herrscht, zum Teil infolge des 
Priestermangels und des früheren nationalen 
Hasses gegen den meist spanischen Klerus, große 
religiöse Gleichgültigkeit (besonders bei den Män- 
nern) und auf dem flachen Lande Unwissenheit. 
Der erste Bischofssitz wurde 1518 in Baracoa 
errichtet, 1522 nach Santiago de Cuba verlegt
	        
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