Full text: Staatslexikon. Dritter Band: Kaperei bis Paßwesen. (3)

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Die Denkmalpflege u. ihre Gestaltung in Preußen 
(1904); G. G. Dehio, Denkmalschutz u. Denkmal- 
pflege im 19. Jahrh. (1905); Die Denkmalpflege 
in Hessen-Darmstadt (1904); Lezius, Recht der 
Denkmalpflege in Preußen (1908). VLill.] 
Kurfürst s. Fürst, Fürstenrecht. 
Kurie. (Begriff; Geschichtlicher Überblick; 
Das Konsistorium und die Kardinalskongregatio- 
nen im allgemeinen; Die einzelnen Kardinalskon- 
gregationen; Die Gerichtshöfe (Tribunalia); Die 
Amter (Oftia); Das Verfahren bei den Kurial- 
behörden.) 
I. Begriff. 1. Unter Kurie (curia romana) 
versteht man die Gesamtheit derjenigen Personen 
und Behörden, deren sich der Papst zur Ausübung 
der ihm zustehenden Regierungsrechte bedient. 
Schon im 11. Jahrh. läßt sich der Ausdruck Kurie 
für den päpstlichen Hofhalt nachweisen (Ordo 
Rom. X, c. 2; Mabillon, Museum ltalicum 
1197). Doch unterscheidet man Kurie im weiteren 
und im engeren Sinne. Im weiteren Sinne ge- 
hören zur Kurie alle Behörden und Personen, die 
überhaupt im Dienste des Papstes stehen, dem- 
nach einschließlich derjenigen, welche ihm bei der 
Leitung seiner römischen Diözese und Erzdiözese 
sowie (bis 1870) bei der Regierung des Kirchen- 
staates zur Seite stehen, aber auch einschließlich 
der Famiglia pontificia, d. h. derjenigen, welche 
für die Dienste der päpstlichen Hofhaltung bestimmt 
sind. Unter Kurie im engeren und gewöhnlichen 
Sinne versteht man dagegen nur jene Personen 
und Behörden, deren sich der Papst in der Re- 
gierung der allgemeinen Kirche bedient. Wir haben 
es hier nur mit der Kurie in diesem engeren Sinne 
zu tun. 
2. Der Personenbestand der Kurie in 
diesem Sinne umfaßt folgende Kategorien: die 
Kardinäle (s. d. Art.), Prälaten, sonstige Beamte 
ohne Prälatur, und die Kurialen im engsten 
Sinne: die Advokaten, früher ausschließlich zur 
Abfassung von Rechtsgutachten, jetzt auch wie die 
Prokuratoren zur Vertretung der Parteien vor 
Gericht, die Notare zur Abfassung der Gerichts- 
akten oder zur Ausfertigung authentischer Urkun- 
den, die Expeditoren zur Erledigung mechanischer 
Arbeiten (sie sind jedoch jetzt als besondere Be- 
amtenklasse fortgefallen) und die Agenten, die zur 
Betreibung der Geschäfte von den Parteien oder 
von den Bischöfen bestellt werden. Doch steht es 
jetzt den Parteien frei, sich eines Prokuratoren oder 
Agenten zu bedienen oder auch persönlich ihre 
Sache zu vertreten. 
3. Die Behörden, in denen jene Personen 
eingegliedert sind und in der Leitung der Kirche 
verwendet werden, lassen sich in drei große Klassen 
einteilen: 
a) Das Konsistorium, d. h. die Vollver- 
sammlung der in Rom anwesenden Kardinäle unter 
Vorsitz des Papstes, und die Kardinalskon- 
gregationen, d. h. aus Kardinälen zusammen- 
gesetzte Kollegialbehörden. Ihre Tätigkeit erstreckt 
  
Kurfürst — Kurie. 
  
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sich auf das dreifache Gebiet der kirchlichen Gesetz- 
gebung, Rechtsprechung und Verwaltung. 
Die Tribunalia oder Gerichtsbe- 
hörden teils zur Rechtsprechung in foro interno 
teils zur Erledigung aller derjenigen Justizsachen 
in foro externo, die eines streng prozessualen 
Verfahrens bedürfen, während die Verwaltungs- 
und Disziplinarsachen der Entscheidung der zu- 
ständigen Kongregationen unterliegen. 
c) Die Offieia oder Amter, d. h. die 
Exekutiv= und Expeditionsbehörden für die De- 
krete und Erlasse des Heiligen Stuhles. 
Die in Deutschland übliche Einteilung in Kon- 
sistorium und Kardinalskongregationen, Justiz- 
behörden, Gnadenbehörden, Expeditionsbehörden, 
die sich so schon nicht streng durchführen ließ, ist 
infolge der Reorganisation der Kurie durch Pius X. 
gänzlich hinfällig geworden. 
II. Geschichtlicher Aberblick. Die römische 
Kirche wies in der ältesten Zeit keine wesentlich 
andere Organisation auf als die übrigen Bischofs- 
kirchen. Wie an diesen, so zieht auch der Bischof von 
Rom bei wichtigeren Angelegenheiten sein Presby- 
terium, d. h. die Geistlichkeit der Stadt, zu Rate. 
An den römischen Synoden nahmen außerdem 
noch die benachbarten Bischöfe teil. Schon früh 
machte sich indessen bei dem zahlreich gewordenen 
Klerus von Rom eine Dreiteilung geltend, je nach- 
dem derselbe zu den Regionen der Stadt oder zu 
den einzelnen Kirchen derselben in einem bestimm- 
ten Verhältnis stand, oder endlich im päpstlichen 
Palatium Verwendung fand. In jeder der ur- 
sprünglich sieben Regionen Roms bestand eine 
diaconia, eine Kirche mit Armen= und Kranken- 
spital. Ihre Vorsteher waren bereits im 3. Jahrh. 
die diaconi regionarii, die zur Armenpflege und 
zur Assistenz beim päpstlichen Gottesdienst wie 
auch in einzelnen Verwaltungszweigen verwendet 
wurden. Ihnen zur Seite standen der Regionar- 
Subdiakon für die Güterverwaltung, der Re- 
gionar-Notar zur Anfertigung der Martyrerakten 
und zur Aufnahme der pöpstlichen Urkunden, 
Akoluthen und Defensoren als Anwälte für die 
Armen, Witwen und Waisen. Die Presbyter an 
den Einzelkirchen, vor allem an den tituli, d. h. 
Kirchen, in denen allein alle Sakramente, beson- 
ders Taufe und Buße, gespendet werden konnten, 
waren zu regelmäßigem Gottesdienst verbunden, 
während ihre Archipresbyter wöchentlich abwech- 
selnd in den vier Patriarchalkirchen den Gottes- 
dienst versehen mußten. Unter ihnen standen Dia- 
kone, Subdiakone, Akoluthen usw. Mit dem 
Ausschwung der päpstlichen Hofhaltung kamen seit 
dem 4. Jahrh. eigene Palastbeamte auf, die vor 
allem zu Verwaltungsgeschäften, später vorzüglich 
im Kirchenstaat, verwendet wurden. Von dem 
päpstlichen Lateranpalast als dem Mittelpunkt der 
Verwaltung erhielten sie den Namen Palatinal- 
klerus. Die Beamten gliederten sich wie die ein- 
zelnen Klassen der Regionarkleriker in Zünfte 
(scholae), deren Vorsteher, die sieben Pfalzrichter
	        
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