Full text: Staatslexikon. Dritter Band: Kaperei bis Paßwesen. (3)

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Zusammengehörigkeit mit den grundbesitzenden 
Klassen. Von einer Konzentration des Grund- 
besitzes in wenigen Händen und demgemäß auch 
einer Konzentration der Arbeiter zu großen Massen 
kann man in der neueren Zeit, in der gerade die 
kleinen Wirtschaften zunehmen, nicht sprechen. 
Ebensowenig gibt es eine Überproduktion in 
landwirtschaftlichen Erzeugnissen, welche einer ge- 
werblichen Uberproduktion in ihren Gründen und 
Wirkungen gleichzusetzen wäre. 
Während das Gewerbe, ohne Beschränkung 
durch Zeit und Ortlichkeit, seine Waren im Regel- 
falle fortgesetzt erzeugt und dem Markte zuführt, 
wird das Ergebnis der ländlichen Arbeit meist 
nur einmal (Ernte) gewonnen. Es ist zudem für 
den Lebensunterhalt des Volkes unbedingt not- 
wendig; seine Sicherung liegt daher im unmittel- 
baren Daseinsinteresse aller Stände, was von 
gewerblichen Erzeugnissen im allgemeinen nicht 
gesagt werden kann. Die landwirtschaftliche Ar- 
beit und ihr Ergebnis ist durch den Wechsel der 
Jahreszeiten, die Witterungsverhältnisse, den Ein- 
fluß des Klimas, der geographischen Lage des ein- 
zelnen Betriebes bedingt. Je nach den Jahres- 
zeiten ist die Arbeit verschieden: Bodenpflege, Be- 
stellung, Saatpflege, Ernte, Drusch; die Länge 
der Tage ist auf die Länge der Arbeitszeit von 
Einfluß; der Winter bringt weniger Arbeit wie 
die übrigen Jahreszeiten; die Witterung kann 
Arbeitsbedarf und Arbeitsmöglichkeit beeinflussen 
(Regentage, andauernde Trockenheit). Die klima- 
tischen Verhältnisse bedingen die Dauer der Ar- 
beitsperioden (kurze Vegetationsperiode, lang- 
dauernde Winterfröste im Osten, späterer Vege- 
tationsbeginn, längere Dauer des Wachstums in 
Höhenlagen). Manche Arbeiten werden am besten 
zu bestimmten Tageszeiten ausgeführt. Neben 
Zeiten mit verhältnismäßig wenig Arbeit (Win- 
ter) finden sich solche mit besonders großer Ar- 
beitsanhäufung (Ernte), die durch unregelmäßige 
Witterung noch gesteigert werden kann. Alle diese 
Punkte machen die Durchführung eines allgemeinen 
Maximalarbeitstages sehr schwierig. In der Regel 
wird in den Zeiten der Hauptarbeitsperiode durch- 
schnittlich 12 Stunden, im Winter 7/9 Stunden 
gearbeitet. Zur Bewältigung der Erntearbeiten 
erweisen sich auch Uberstunden als nötig. Jedoch 
ist zu verlangen, daß dem Arbeiter in den Wochen- 
tagen Zeit bleibt, seine eigne Wirtschaft zu be- 
schicken, damit er nicht, wie das mehrfach der Fall 
ist, genötigt wird, hierzu den Sonntag zu ver- 
wenden. Im übrigen wird die Sonntagsruhe in 
der Regel gehalten. Ein Maximalarbeitstag ließe 
sich am ehesten bei der Viehwartung einführen, 
die verhältnismäßig gleichartige Arbeiten ver- 
langt. Dabei ist auf die Einführung einer an- 
gemessenen Sonntagsruhe Gewicht zu legen. In 
der Abwechslung der ländlichen Tätigkeit sowie 
darin, daß sie meist im Freien stattfindet, liegt 
vom gesundheitlichen Standpunkte ein gewisses 
Korrektiv gegen einen längeren Arbeitstag, wie 
Landarbeiter. 
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daraus auch das Fehlen besonderer, gewerblicher 
Krankheiten sich erklärt. 
Die Aushilfe der Kinder läßt sich in manchen 
kleinen Betrieben kaum entbehren. Sie hat auch 
dort, wo die Eltern die Betriebsleiter sind, we- 
niger Bedenken, da diese ein natürliches Interesse 
an der körperlichen und geistigen Entwicklung 
ihrer Kinder haben. Anders liegt es aber, wo 
Kinder in fremden Betrieben, zwecks Gelderwerbs 
beschäftigt werden (Hütekinder, Aushilfe bei dem 
NRübenziehen, Unkrautjäten). Hier wäre dafür zu 
sorgen, daß die Kinder nicht durch lange Dauer 
oder die Art der Arbeit körperlich, durch gleich- 
zeitige Beschäftigung mit Erwachsenen und dem 
andern Geschlecht sittlich, durch Vernachlässigung 
der Schulpflichten geistig und erzieherisch ge- 
schädigt werden. 
Die starke Zunahme der Frauenarbeit 
legt die Frage ihrer Reglung wiederum näher. 
Auch hier wird man, soweit sie in der eignen Fa- 
milie erfolgt, weniger Bedenken haben. Eine Er- 
mittlung der näheren Umstände wird im übrigen 
zeigen müssen, welche Mittel zur Vermeidung ge- 
sundheitlicher und sittlicher Schädigungen sowie 
zur Erhaltung des Familienlebens wünschenswert 
sind. Jedenfalls werden auch die Bestrebungen 
zur Hebung des hauswirtschaftlichen Unterrichts 
besonders unterstützt werden müssen. 
Der Zustand der Wohnungen der länd- 
lichen Arbeiter wird häufig erörtert. Man wird 
einerseits zugeben müssen, daß manche Wohnungen 
für Arbeiter oder Schlafgelegenheiten für Gesinde 
den an sie zu stellenden Anforderungen nicht ent- 
sprechen, daß aber auch anderseits sowohl von den 
Arbeitgebern wie vom Staate durch Erlaß von 
Polizeiverordnungen manches geschehen ist. Vom 
sittlichen Standpunkte ist auf die richtige Unter- 
bringung der Scharwerker in den Instenfamilien 
und der Wanderarbeiter Gewicht zu legen. 
Die Gewährung eines Naturallohnes 
ist häufig zweckmäßig und liegt im Interesse des 
Arbeitgebers wie des Arbeiters. Der landlose 
Arbeiter, dem Land und die Möglichkeit eigner 
Viehhaltung gegeben wird, um daraus die un- 
mittelbaren Lebensbedürfnisse zu gewinnen, erhält 
dadurch eine gewisse Selbständigkeit. Er wirt- 
schaftet auch billiger als bei Barlohn, da auf dem 
Lande die Lebensmittel meist schwieriger und auch 
teurer zu kaufen sind als in den größeren Städten, 
der Arbeiter sie auch öfter vom Gutsherrn kaufen 
müßte, was zu Mißständen, wie bei dem gewerb- 
lichen Trucksystem, führen könnte. Das Deputat 
müßte dabei aber auskömmlich gewährt werden. 
Bestimmungen wie die, daß das nicht verbrauchte 
Deputat an die Herrschaft zurückfällt, oder der 
Ersatz der eignen Kuhhaltung durch Einstallung 
der Leutekuh im Gutsstalle, oder gar nur die Ge- 
währung eines Milchdeputats, bieten dem Arbeit- 
geber nur geringen Vorteil und wirken wegen 
#ihrer ausgesprochenen Tendenz verbitternd. Beie 
der Feststellung des Barlohnes ist zu berücksichtigen, 
  
 
	        
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