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legung sumpfigen Geländes und die Beseitigung
der Uberschwemmungsgefahr für die am Ufer der
Meere und Flüsse gelegenen Inundationsgebiete.
Solchen Zwecken dient die seit alters bestehende
volkstümliche Einrichtung der Deichverbände oder
Deichgenossenschaften mit ihren strengen Satzungen
und ihrer ebendadurch bedingten sehr weit gehenden
Wirksamkeit. Beispiele für staatlich ausgeführte
Unternehmungen sind namentlich in Preußen reich-
lich vorhanden, wo schon Friedrich d. Gr. geniale
Werke dieser Art zur Ausführung brachte. Aber
auch in andern deutschen Staaten ist auf diesem
Gebiet Namhaftes geleistet worden.
Die wirtschaftliche Verwertung der in Deutsch-
land in großer Ausdehnung vorhandenen Moor-
flächen war insbesondere der neueren Zeit vor-
behalten. Während ursprünglich die Gewinnung
von Brenntorf im Vordergrund stand, hat später
die Verwendung des Torfes zu Streuzwecken und
zur Konservierung der städtischen Fäkalien das
Absatzgebiet dieses Produktes beträchtlich erweitert.
Von ganz besonderer wirtschaftlicher Bedeutung
ist aber, daß es gelungen ist, nicht nur die aus-
gebeuteten Torfflächen wieder der landwirt-
schaftlichen Produktion zu gewinnen, sondern auch
diejenigen Moore, welche ihrer Beschaffenheit
nach sich zur Ausbeutung überhaupt nicht eignen,
dem Pflanzenbau zugänglich zu machen. Be-
sonders die Rimpausche Moordammkultur, nach
ihrem Erfinder Rimpau-Cunrau genannt, hat sich
zu diesem Zweck bewährt. Das Verfahren der
Moordammkkultur besteht darin, daß in Abständen
von etwa 25 m parallele Gräben von 1/1,15 m
Tiefe gezogen werden und das aus dem Unter-
grund zutage geförderte Material, das meist
sandiger Natur ist, nun auf die zwischen den
Gräben liegenden Beete aufgeworfen wird. Da-
durch wird gleichzeitig die Entwässerung des Torfes
und die Beschwerung und Verbesserung der Krume
erreicht. In Preußen wurde im Jahre 1877
eine aus neun Mitgliedern bestehende Zentral-
kommission des Moorwesens eingesetzt und gleich-
zeitig eine Moorversuchsstation in Bremen er-
richtet. Ohne Frage haben diese Einrichtungen
den Fortschritt auf diesem Gebiete erheblich ge-
fördert, insbesondere hat die Tätigkeit der Moor-
versuchsstation zu der bis dahin ziemlich dunkeln
Frage der Düngung der Moore manchen wert-
vollen Beitrag geliefert.
Aber auch abgesehen von den Mooren und den
in der Nähe der Wasserläufe und Moore gelegenen
Inundationsgebieten gibt es ausgedehnte Gebiete,
die eine lohnende Kultur erst ermöglichen, nachdem
sie trocken gelegt worden sind. Es ist das überall
dort der Fall, wo das Wasser durch irgend welchen
Umstand am Abfließen oder Versinken verhindert
ist. Der Aufwand für derartige Bodenverbesse-
rungen ist meist ein beträchtlicher, es fehlt deshalb
oft an den nötigen Mitteln zur Durchführung.
Doch ist die Inangriffnahme derartiger Melio-
rationen durch Private durchaus nicht selten. In
Landwirtschaft.
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Preußen wurden insbesondere seit 1855 die Ab-
lösungsgelder für die Reallasten von den Besitzern
der herrschaftlichen Güter vielfach zu solchen Unter-
nehmungen verwendet. Wo kleine Güter und die
Gemengelage der Grundstücke vorherrschend ist,
da kann der einzelne in dieser Richtung wenig er-
reichen, vielmehr muß die Gemeinschaft der Inter-
essenten zur Schaffung eines gesunden Zustandes
zusammentreten. ÜUbrigens werden hier die Ent-
wässerungen meistens gleichzeitig mit den staatlich
geleiteten Markungsregulierungen vorgenommen.
Auch der Nutzbarmachung der zur Verfügung
stehenden Wassermengen ist Erwähnung zu tun.
Wenn schon zur Entwässerung die gesetzliche Reg-
lung der wasserrechtlichen Fragen vonnöten ist, so
ist dies noch mehr der Fall für die Ausnutzung
des Wassers, weil hier die Interessen der Land-
wirtschaft und Industrie in Gegensatz treten. Diese
rechtlichen Fragen sind indessen in den deutschen
Staaten überall im Laufe des 19. Jahrh. wenig-
stens teilweise geregelt worden. Um eine wirk-
same Bewässerung zu ermöglichen, muß ein-
mal dafür gesorgt werden, daß während der Be-
darfszeit Wasser vorhanden sei, d. h. es muß mit dem
jährlich anfallenden Vorrat möglichst wirtschaftlich
verfahren werden, und in zweiter Linie müssen die
großen Wasserrinnen so beschaffen sein, daß die
betreffenden Anlagen sich anbringen lassen. Nach
beiden Richtungen bilden ein Haupthindernis die
Hochwasser. Das wirksamste Mittel für die Be-
kämpfung der Hochwassergefahr ist die Pflege des
Quellgebiets der Ströme. Hierauf ist auch das
Augenmerk der maßgebenden Behörden stets ge-
richtet. Als einzelne Maßregeln lassen sich auf-
führen: Belassung des Waldes, wo solcher vor-
handen, Erhöhung seiner Wirksamkeit durch Schutz
gegen Ausraubung der Laubdecke, Vermeidung
gänzlicher Abtriebe, Aufforstung kahler Hänge
mit Hilfe von Horizontalgräben. Alle diese Dinge
haben die Wirkung, das Wasser auf den Flächen,
auf denen es auffällt, zurückzuhalten. Den Ab-
schluß des ganzen Systems bildet dann die Her-
stellung von Sammelweihern durch Anlegung von
Talsperren und als Ergänzung hierzu die Kor-
rektion der Flußbetten. In Deutschland ist na-
mentlich seit den fünfziger Jahren des 19. Jahrh.
in der Korrektion der norddeutschen Ströme und
des Mittelrheins viel geleistet, und es sind durch
Errichtung gewaltiger Talsperren für Landwirt-
schaft und Industrie großartige Erfolge erzielt
worden.
Als Verbesserung des natürlichen Zustandes
gewisser Territorien kann endlich noch aufgefaßt
werden die Schaffung von Schutzwaldungen. Der
Schut erstreckt sich hauptsächlich auf die Abhal-
tung von Überschwemmungen, von Übersandung
durch Flugsand und der sonstigen Wirkungen
rauher Winde. Im Gebirge kommt auch der
Schutz gegen Lawinen in Betracht. In allen
deutschen Staaten ist das Verfügungsrecht privater
Besitzer solcher Wälder stark eingeschränkt. In