Full text: Staatslexikon. Dritter Band: Kaperei bis Paßwesen. (3)

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bunden“ wissen wollte. Unter den letzteren ver- 
stand er den „Antrag, der Krone das Recht eines 
wirksamen Ausschlußrechts bei der Ernennung der 
Bischöfe zu überweisen“. 
Unter Grenvilles Einfluß ließ sich auch das 
Catholic Board zu bedenklichen Schritten hin- 
reißen, indem es am 31. Jan. 1810 eine Erklä- 
rung folgenden Inhalts erließ: „Wir unterzeich- 
nete Katholiken dieses Landes sind der festen ÜUber- 
zeugung, daß zum Schutze der staatlichen und 
kirchlichen Einrichtungen dieses Reiches angemessene 
Vorkehrungen getroffen werden können, welche 
wohl vereinbar sind mit der für die Katholiken 
gebotenen treuesten Anhänglichkeit an die Glau- 
bens= und Sittenlehre der katholischen Religion, 
und daß derartige auf gegenseitiger Zufriedenheit 
und Sicherheit beruhende Vorkehrungen, welche 
den Katholiken den vollen Genuß der bürgerlichen 
Rechte gewähren, dankbare Unterstützung ihrerseits 
finden werden" (Milner a. a. O.144). Obwohl as 
Catholic Board durch dieses einseitige Vorgehen 
ein den Iren kurz zuvor erteiltes Versprechen ver- 
letzte, ließen sich die Apostolischen Vikare Poynter 
und Collingridge auf einer Versammlung in London 
zur Unterzeichnung der Resolution bewegen, nach- 
dem Lord Stourton die beruhigende Zusage erteilt 
hatte, die Entscheidung aller Fragen, zu welchen 
die versöhnliche Resolution Anlaß böte, solle den 
Prälaten vorbehalten bleiben. Ihnen schloß sich 
bald der Apostolische Vikar des Nordens, Gibson, 
mit seinem Koadjutor an. Bischof Milner da- 
gegen blieb standhaft. Am 24. Febr. 1810 ver- 
einigten sich die irischen Bischöfe in Dublin und 
erließen 17 Resolutionen, in welchen sie die Rechte 
der Kirche bei der Berufung der Bischöfe wahrten, 
jede willkürliche Einmischung der Laien abwiesen 
und für Verrichtung geistlicher Dienste nur Al- 
mosen aus der Hand der Gläubigen annehmen zu 
wollen erklärten. 
V. Der Mangel an Einigkeit zwischen den 
Apostolischen Vikaren von England und den 
irischen Bischöfen mußte um so schmerzlicher emp- 
funden werden, als man im Parlament eine siebte 
Erleichterungsbill vorlegte. Charles Butler hatte 
sie mit dem Abgeotdneten Canning, einem An- 
hänger der Whigpartei, ohne Zuziehung der Bi- 
schöfe entworfen. Dieselbe war derart abgefaßt, 
daß sie als Ausdruck der kirchenpolitischen Ge- 
sinnungen des damals in einen Tory umgewan- 
delten Prinzregenten (Pauli 1 115) gelten konnte. 
Am 22. März 1813 wurde die Bill bei den Lords 
durch Earl Grey, am 30. April durch den Ab- 
geordneten Grattan im Unterhause eingebracht. 
Hier fand sie warme Unterstützung an Canning, 
Hippisley und Ponsonby. Die dem Gesetzentwurf 
beigefügten Eide, an deren Ablegung die Wohltat 
des neuen Gesetzes geknüpft war, gingen indes 
über den Eid der Bill des Jahres 1810 noch weit 
hinaus. So verboten sie den Katholiken den Ver- 
kehr mit dem Papst, außerdem aber machte der 
Entwurf die Ausübung bischöflicher Funktionen 
  
Katholiken-Emanzipation ufsw. 
  
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von einer gesetzlich bestimmten Reihe von Jahren 
abhängig, während deren der Prälat in England 
residiert haben mußte (Hansard, Parliamentar) 
Debates XXV 1110 ff). Nachträglich brachte 
Canning am 11. Mai 1813 zwei Klauseln zu der 
Bill ein, welche alles andere, nur nicht mit katho- 
lischen Grundsätzen vereinbar waren. Zur Über- 
wachung des Verkehrs mit Rom wurde nämlich 
die Einsetzung einer Kommission vorgeschlagen, 
welche die vom Mittelpunkt des Katholizismus 
kommenden Aktenstücke kontrollieren und unter- 
suchen sollte, ob sie Bestimmungen enthielten, die 
das englische Gemeinwesen etwa schädigen könnten. 
Sodann aber wurde die Einsetzung eines aus Ka- 
tholiken und Protestanten bestehenden Komitees 
zur Prüfung der Königstreue der Bischöfe an- 
geordnet. Nur wer ein Leumundszeugnis des- 
selben aufzuweisen vermochte, sollte als katho- 
lischer Bischof fungieren dürfen. Mit 48 Stimmen 
Mehrheitsprach das Haus sich vorläufig für Abände- 
rung der Billaus (Hansard a. a. O.XXVI91, 870. 
Unterdessen gingen die Wogen der Agitation gegen 
die Bill und ihre famosen Klauseln immer höher. 
Die Apostolischen Vikare mißbilligten sie auf das 
schärfste, glaubten aber in Anbetracht der Zeit- 
umstände von einer öffentlichen Erklärung Ab- 
stand nehmen zu sollen. Bischof Milner dagegen 
trat in Versammlungen und schriftstellerisch gegen 
die Bill auf. Am 24. Mai 1813 gelangte die 
Bill im Unterhaus zur Debatte. Nach einem hef- 
tigen Redekampf ergab die Abstimmung 247 Vo- 
tanten für und 251 gegen die Klausel der Bill, 
welche den Katholiken den Zutritt zu beiden 
Häusern des Parlaments gewährte. Darauf zog 
Ponsonby die Bill mit dem Bemerken zurück, daß 
sie ohne diese Klausel weder der Annahme der Ka- 
tholiken noch der Unterstützung seitens ihrer Freunde 
wert sei (Hansard a. a. O.XXVI 3183, 314, 361). 
VI. Sehr bedenklich gestalteten sich die Be- 
mühungen des Catholic Board, um Milner, den 
furchtlosen Gegner des Vetos und der gefallenen 
Emanzipationsbill von 1813, zu verdächtigen und 
den Papst für die Bill zu gewinnen. Paul Mac- 
pherson, seit 1770 in Rom residierend, mit dem 
Geschäftsgang der Kurie genau vertraut und zu 
allen maßgebenden Persönlichkeiten in Beziehungen 
stehend, zugleich Rektor des Schottischen Kollegs, 
übernahm die Vertretung der zweifelhaften Sache 
des Catholic Board. Msgr Giambattista Qua- 
rantotti, Sekretär der Propaganda, ließ Milner 
eine Reihe wider ihn erhobener Anklagen zum 
Zweck der Rechtfertigung am 15. Febr. 1813 zu- 
gehen. Am 12. Nov. 1813 erfolgte eine solche, 
allerdings nicht von dem Verdächtigen selbst, son- 
dern in Form eines an Kardinal di Pietro, den 
Präfekten der Propaganda, gerichteten Synodal- 
schreibens des irischen Episkopates, welches Milner 
glänzend verteidigte. 
Nicht günstiger gestalteten sich die Aussichten 
des Catholic Board auf die Erwirkung der Zu- 
stimmung des Heiligen Stuhles zur Bill von 1813. 
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