des Reichszuschusses ihrer bisherigen unwürdigen
Stellung entriß und das bestehende Recht der
Kirchen, Gemeinden und Einzelpersonen zur
Schöpfung von Unterrichtsanstalten unberührt
ließ. Verschiedene Härten zu beseitigen, welche
mit dem staatlichen Aufsichtsrecht sich verknüpften,
ist den Bischöfen ungeachtet ihrer Verwahrungen
nicht gelungen (Hist.-polit. Blätter Bd 131119081,
S. 161). Gegen die Ausführung dieses Gesetzes
erhoben die Nonkonformisten namentlich in Wales
einen Widerstand, der zu Geld= und Gefängnis-
strafen sowie zu einem Sturm in der Presse führte.
Durch die Bemühungen des nonkonformistischen
mächtigen Mittelstandes an das Staatsruder ge-
bracht, haben die beiden liberalen Ministerien
Campbell-Bannerman und Asquith 1907 und 1908
durch die Unterrichtsminister Birrell, Mc Kenna
und Runciman drei neue Bills eingebracht, welche
durch ausschließliche Zuwendung der reichen Ge-
meindesteuern an die konfessionslosen Schulen,
durch ungerechte Behandlung der katholischen
Schulen gegenüber den Grafsschaftsschulen bei der
Unterstützung aus Reichssteuern, durch Ein-
führung eines für alle Bekenntnisse gleichmäßigen
Religionsunterrichts in der Form des Bibellesens
(Cowper-Templeism) und Nichtbeachtung des
religiösen Bekenntnisses bei der Berufung der
Lehrer zu lebhaften Erörterungen und öffentlichen
Demonstrationen führten und ungeachtet der Zu-
stimmung des Erzbischofs von Canterbury (Bill
by Agreemeent), nach der feierlichen Ablehnung
durch den katholischen Episkopat zurückgezogen
werden mußten (Histor.-polit. Blätter Bd 143
(1909. S. 28 ff).
Literatur. Broom u. Hadley, Commentaries
on the Laws of England (4 Bde, 1869); Eduard
Fischel, Die Verfassung Englands (1862); Rein-
hold Pauli, Gesch. Englands seit 1814 (3 Bde,
1864/75); Flanagan, History of the Church in
England (2 Bde, 1857); Charles Butler, Histori-
Cal Memoirs of English, Irish and Scotch Ca-
tholics (4 Bde, 1822); Rob. Peel, Memoirs
(2 Bde, 1842); Diary of Charles Abbot (Lord
Colchester, 1861); W. E. H. Lecky, History of
England in the 18½ Century (8 Bde, 1878/90);
W. J. Amherst S. J., The History of the Catholic
Emancipation (2 Bde, Lond. 1886; reicht nur bis
1820); Daniel O'Connell, Letters, hrsg. von
F. J. Fitzpatrick (2 Bde, 1888); A. Bellesheim,
Gesch. der kath. Kirche in Irland (3 Bde, 1891);
S. W. Lilly u. John Wallis, A Manual of Laws
specially affecting Catholics (1893); Blötzer S. J ,
Gesch. der Katholikenemanzipation in Großbritan-
nien u. Irland (1905); P. Thureau-Dangin, Le
catholicisme en Angleterre au 19e siecle (Par.
1909); Bernard Ward, The Dawn of the Ca-
tholic Revival in England 1781/1803 (Lond.
1909)) Histor.-polit. Blätter Bd 144 (1909), S. 62.
[Bellesheim.)
Kaufmännisches Bildungswesen.
I. Zweck und Einteilung der Kaufmännischen
Tehranstalten. Die kaufmännischen Bildungs-
institute haben die Aufgabe, den jungen Kaufmann
je nach dem Grade seiner Vorbildung mit all dem
Fachwissen zu versehen, das der Eintritt in den
Handelsstanderfordert, und zwar kann dieser Unter-
richt je nachdem vor oder während der Lehrzeit
erfolgen. Die kaufmännischen Bildungsanstalten
zerfallen in kaufmännische Fortbildungsschulen,
Handelsmittelschulen und Handelshochschulen.
II. Geschichtliches. Da der Wert solcher
Schulen für den Handel augenfällig ist, kann es
nicht wundernehmen, wenn ihre Anfänge — aller-
dings bloß in primitiver Form —’ sich schon im Mit-
telalter nachweisen lassen. Bereits die Hansestädte
sollen zur Zeit ihrer höchsten Blüte u. a. in Now-
gorod, Antwerpen und Bergen derartige Anstalten
unterhalten haben; jedenfalls läßt sich für Ant-
werpen ein „Buchhaltungslehrer“" für 1550 nach-
weisen. Der Hauptort für das früheste kaufmän-
nische Bildungswesen war Venedig. Unter den
deutschen „Schreib= und Rechenschulen“ des
16. Jahrh. ragten besonders die zu Nürnberg
(1523) hervor, im 17. Jahrh. wurden die von
Augsburg, Ulm, Memmingen und andern schwä-
bischen Städten sowie die Hamburger und Leip-
ziger Lehranstalten lobend hervorgehoben. Ver-
mittelten diese Schulen fast nur eine reine prak-
tische Befähigung im Rechnen, Schreiben und
Buchführung, so hatte der sächsische Hof-- und
Kommerzienrat Paul Jakob Marperger im
18. Jahrh. schon viel Höheres im Auge. Er
stellte 1715, beeinflußt durch den Geist des Mer-
kantilsystems, in einer ausführlichen Denkschrift
der sächsischen Regierung die Wichtigkeit einer
höheren Handelsschule dar und forderte in seinem
1723 erschienenen Buche Trifolium mercantile
aureum u. a. auch die Gründung einer Kauf-
manns-Akademie mit einem 2—3jährigen Kursus,
die den Besuch der schon bestehenden Lehranstalten
voraussetzte. Auch Erwachsene sollten durch diese
Akademie mittels wissenschaftlicher Vorträge in
jeder Weise gefördert werden. Drang Marperger
mit seinen Ansichten auch nicht durch, so verschwand
doch von jetzt ab der Handelsschulgedanke nicht
wieder. Er tauchte schon 1728 in dem „Ver-
besserten Leipzig“ des Anton Weizii wieder auf.
Auch Prokop von Rabenstein in Mähren schenkte
in seinem Plane zu einer neuen Gewerbeschule der
kaufmännischen Ausbildung ganz besondere Be-
achtung, erlebte auch die kaiserliche Genehmigung
seiner Vorschläge (20. Aug. 1751), aber nicht
dern Ausführung infolge des Fehlens geeigneter
ehrer.
Die Zeit der Verwirklichung des Handelsschul-
gedankens beginnt 1759 mit der Errichtung der
Aula do commercio durch den portugiesischen
Minister Pombal. Diese mit reichen Privilegien
ausgestattete königliche Handelsschule konnte schon
nach 16 Jahren 200 Schülern das Reifezeugnis
ausstellen. Auch in Frankreich scheinen die Han-
delsschulen früh Eingang gefunden zu haben, aller-
dings wissen wir über ihre Ausgestaltung nichts.
Von einem französischen Sprachmeister wurde dann