Full text: Staatslexikon. Dritter Band: Kaperei bis Paßwesen. (3)

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ist unverletzlich. Es kann nur aus Gründen des 
öffentlichen Wohles gegen ... Entschädigung nach 
Maßgabe des Gesetzes entzogen oder beschränkt 
werden“) heran. Neben dieser an sich zwar über- 
zeugenden, jedoch nur auf allgemeinen Rechts- 
grundsätzen ausgebauten Beweisführung läßt sich 
aus dem Zusammenhange und Inhalte des § 905, 
Satz 2 des B.G.B. selbst nachweisen, daß die durch 
ihn gesetzte Beschränkung der Rechte des Grund- 
stückseigentümers nur unter der Voraussetzung un- 
bedingter Sicherheit gegen jeden aus einer Ein- 
wirkung entstehenden Schaden zu verstehen ist. 
Ein Gesetz des Sinnes, daß der Grundstücks- 
eigentümer eine Einwirkung in großer Höhe, wie 
die Luftschiffahrt, dulden müsse, weil sie sein Inter- 
esse nicht berühre, den Schaden aber, der ihm ge- 
legentlich dieser Einwirkung zugefügt würde, nicht 
in allen Fällen ersetzt verlangen könnte, wäre, wie 
Kipp (a. a. O. 645) mit Recht sagt, der „Gipfel 
des Unsinns“. 
Aufsteigen wird das Luftschiff regelmäßig von 
einem eigens dazu bestimmten Orte. Der Luft- 
schiffer wird auch versuchen müssen, an einem 
solchen Orte wieder zu landen, denn er kann keinen 
Rechtstitel beibringen, aus dem er den Aufstieg 
und die freiwillige Landung auf fremdem Grund 
und Boden rechtfertigen könnte. Der Eigentümer 
hätte demgegenüber sogar das Recht der Notwehr 
aus § 227 des B. G. B., ganz abgesehen von 
Schadensersatz= und andern Ansprüchen. Anders 
ist es mit einer durch die Not erzwungenen Lan- 
dung. Hier steht dem Luftschiffer § 904 des 
B. G.B., unter Umständen auch § 228, zur Seite; 
der Eigentümer ist nicht berechtigt, die Landung 
zu verbieten oder zu verhindern, wenn sie zur Ab- 
wendung einer gegenwärtigen Gefahr notwendig 
und der dem Luftschiffer drohende Schaden gegen- 
über dem ihm aus der Landung entstehenden 
Schaden unverhältnismäßig groß ist. Das wird 
in der Regel der Fall sein, zumal häufig genug 
die Landung nötig sein wird, um den Luftschiffer 
aus Lebensgefahr zu befreien. Ist es jedoch ge- 
legentlich einmal umgekehrt, so daß der Schaden 
des Eigentümers überwiegen würde, so hat er 
gegen die Notlandung die gleichen Rechte wie 
gegen einen freiwilligen Abstieg. In allen Fällen 
aber gibt ihm Satz 2 des § 904 einen Anspruch 
auf Ersatz des ihm durch die Notlandung zugefüg- 
ten Schadens. 
Gegen den Verlust herabgefallener oder -ge- 
worfener Gegenstände ist der Luftschiffer gegen- 
über dem Besitzer des Grundstücks, auf das sie ge- 
fallen sind, durch den Aufsuchungs= und Ab- 
holungsanspruch des § 867 des B.G.B. allerdings 
unter Verpflichtung zum Ersatze des diesem durch 
die Aussuchung und Wegschaffung entstandenen 
Schadens, gegenüber jedem Dritten durch die Be- 
stimmungen über das Fundrecht (88§ 965 ff des 
B.G.B.) geschützt. Dessen Vorschriften wird in- 
des eine künftige Gesetzgebung insbesondere zwecks 
Erhaltung der wissenschaftlichen Ergebnisse von 
Luftrecht usw. 
  
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Aufstiegen unbemannter Registrier= oder verun- 
glückter bemannter Ballons zweckmäßig durch die 
Auferlegung einer den Bestimmungen der Stran- 
dungsordnung vom 17. Mai 1874 (R.G.Bl. 
73 ff) §8 4 und 43 entsprechenden Verpflich- 
tung zur Anzeige und darüber hinaus zur Ver- 
wahrung der Fundstücke zu ergänzen haben. 
2. Staats= und völkerrechtlich. Der 
Staat ist mit Rücksicht auf das ihm oben zu- 
gesprochene Eigentums= oder Hoheitsrecht an dem 
Luftraume grundsätzlich berechtigt, dem Luftschiffer 
die Durchfahrt über sein Gebiet zu verweigern. 
Von diesem Rechte wird er aus den oben (A. II. 2) 
dargelegten Gründen keinen Gebrauch machen. 
Dagegen wird er sich und seine Untertanen durch 
gesetzliche Reglung der Luftschiffahrt schützen und 
ihr als Entgelt für ihre dadurch beschränkte Be- 
wegungsfreiheit einen besondern Schutz angedeihen 
lassen. Sein und seiner Untertanen Schutz wäre 
restlos umfassend nur, wenn er die gesamte inlän- 
dische Luftschiffahrt in eignen Betrieb nehmen und 
diesem von seinen Grenzen an auch die auslän- 
dische unterstellen würde. Damit würde er jedoch 
die Entwicklung jener in verhängnisvoller Weise 
lähmen, weil ihr dann der aus dem freien Wett- 
bewerb entspringende, jedem neuen Unternehmen 
besonders notwendige Antrieb zu Verbesserungen 
fehlen würde, und diese von seinem Gebiete ab- 
halten, wenn sie sich nicht auf Grund völkerrecht- 
licher Vereinbarung und unter der Bedingung der 
Gegenseitigkeit diesem Zwange unterwerfen würde. 
Allein schon die Schwierigkeit einer solchen Ver- 
einbarung überzeugt davon, daß diese Art der 
Reglung unmöglich ist. 
Um seine Herrschaft im Luftraume aufrecht er- 
halten zu können, muß der Staat selbst Luftschiffe 
besitzen; nur durch sie ist er in der Lage, seine für 
die Luftschiffahrt erlassenen Gesetze und Verord- 
nungen durchsetzen zu können; denn mit Kanonen 
kann er nicht immer gleich nach ungehorsamen 
Luftschiffern schießen. Diesen daneben selbstver- 
ständlich auch andern öffentlichen Zwecken dienen- 
den Staatsluftschiffen wird staats= und völker- 
rechtlich die gleiche Stellung zugebilligt werden 
müssen, wie sie die Kriegs= und sonstigen Staats- 
schiffe besitzen. Insbesondere werden sie überall, 
auch in der Hoheits= und Interessensphäre eines 
andern Staates, als schwebende Teile ihres Heimat- 
landes aufzufassen sein und demzufolge keiner 
fremden Staatsgewalt unterworfen werden können. 
Zwecks leichterer Erkennbarkeit werden sie eine be- 
sondere Flagge zu führen haben. 
Eine solche Ausnahmestellung wird den Privat- 
luftschiffen ebensowenig eingeräumt werden können, 
wie sie den Privatseeschiffen gewährt ist. Auch sie 
bedürfen aber überall, wo sie sich befinden, einer 
Staatsangehörigkeit, die ihnen zweckmäßig durch 
ein dem Seerechte entsprechendes Flaggenrecht ver- 
mittelt wird. In welcher Weise dieses im einzelnen 
auszugestalten ist, kann hier dahingestellt bleiben; 
es genügt, darauf hinzuweisen, daß Deutschland
	        
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