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oder zu beschießen, die Zustimmung aller Mächte;
durch ihn will die Konferenz das Beschießen
offener Orte aus Luftschiffen mittreffen. Ein-
gehender Reglung in einem künftigen völkerrecht-
lichen Vertrage bedarf die Abgrenzung des Kriegs-
schauplatzes und die Stellung der Neutralen. Da-
bei versteht es sich von selbst, daß der Luftraum
über dem neutralen Staate auf keinen Fall zum
Schauplatze kriegerischer Unternehmungen gemacht,
nicht einmal zu ihrer Vorbereitung benutzt werden
darf; denn sonst wäre es mit dem Frieden des
Grundstaates vorbei, und er den schwersten Schä-
digungen ausgesetzt. Dafür wird er seine Luft-
schiffe nicht auf den Kriegsschauplatz senden dürfen,
um auch den Verdacht der Spionage zugunsten
eines der Kämpfenden zu vermeiden. Für Kriegs-
konterbande in Luftschiffen wird dasselbe wie bei
den Seeschiffen zu gelten haben.
Es bleibt noch kurz zu prüfen, welches Straf-
recht für die im Luftschiffe oder von ihm aus be-
gangenen Vergehen und Verbrechen gilt. Für
Staatsluftschiffe kann mit Rücksicht auf ihre Ex-
territorialität nur das Heimatsrecht in Anwen-
dung kommen. Das gleiche gilt für Privatluft-
schiffe, sofern sie sich nicht im Hoheitsgebiete oder
in der Interessensphäre eines andern Staates be-
finden. In diesem Falle tritt, wenn es sich um
ein Vergehen oder Verbrechen handelt, das gegen
den Grundstaat oder dessen Bewohner gerichtet ist,
oder dessen Erfolg auch in dem Grundstaate in
Erscheinung tritt, das Strafrecht des Grundstaates
gleichberechtigt neben das des Heimatsstaates; in
allen andern Fällen gilt dieses allein.
III. Flugrecht. Neben der Luftschiffahrt be-
ginnt neuerdings die Kunst des Fliegens erhebliche
Fortschritte zu machen. Ihre Rechtsverhältnisse
sind denen der Luftschiffahrt entsprechend zu be-
urteilen, wobei jedoch zu beachten ist, daß sie regel-
mäßig in geringeren Höhen ausgeübt wird als
jene. Daraus ergeben sich teilweise sehr erhebliche
Verschiedenheiten, unter Umständen sogar ein Recht
des Grundstückseigentümers, das Überfliegen seines
Grundstücks zu verbieten. Ubrigens ist sie noch
zu wenig ausgebildet, als daß eine juristisch ge-
naue Prüfung der durch sie geschaffenen Rechts-
verhältnisse notwendig wäre.
Literatur. Daus, Die Luftschiffahrt in staats-
u. völkerrechtlicher Hinsicht (Erl. Dissert., 1908);
Fauchille, Projet de réglement sur le régime juri-
dique des aérostats, in Annuaire de I’Institut de
droit international XIX 19 f# (abgedruckt bei
Meili, Luftschiff 55 ff); Gareis, Jurist. Ausblicke in
die Zukunft des Luftschiffahrtsbetriebs, in Beilage
der Münchener Neuesten Nachrichten vom 17. Febr.
1909, Nr 39, S. 321 f; v. Grote, Beiträge zum
Recht d Luftschiffahrt (Leipz. Dissert., 1907); Grün-
wald, Das Luftschiff in völkerrechtl. u. strafrechtl.
Beziehung (1908); ders., Der Luftraum in rechtl.
Beziehung zu den Teilen der Erde, über denen
er sich befindet, im Archiv für öffentl. Recht XXIV
(1909) 190 f; Jurisch, Grundzüge des Luftrechts
(1897); derf., Das Luftrecht in der deutschen Ge-
werbeordnung (1905); ders., Luftrecht, in Zeitschrift
Luxemburg.
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für das gesamte technische u. gewerbl. Recht 1909,
5 ff; Kipp, Luftschiffahrt u. Grundeigentum, in
Jurist. Wochenschrift 1908, 643 f; Linckelmann,
Luftschiffahrt u. Grundeigentum, in Juristische
Wochenschrift 1909, 8f; Matthiaß, Luftrechtliche
Fragen, in Juristische Zeitung 1905, 433 ff;
Meili, Das Luftschiff im internen Recht u. Völker-
recht (1908); ders., Die Luft in ihrer Bedeutung
für das modernste Verkehrs= u. Transportrecht, in
Blätter für Rechtsanwendung LXXIV (1909) 1ff
41 f; Meurer, Luftschiffahrtsrecht (1909); A.
Meyer, Die Erschließung des Luftraumes in ihren
rechtlichen Folgen (1909); Neubauer, Noch ein-
mal das Luftrecht, in Gerichtshalle 1908, 15f;
Nys in Annuaire de ’Institut de droit inter-
nationale XIX 86 ff. v G. Sperlich.)
Luxemburg. 1. Geschichte. Luxemburg
verdankt seinen Ursprung und Namen einer auf
dem Felsvorsprung zwischen den Windungen der
Alzette errichteten Burg Lucilinburch, d. h. „kleine
Burg“". Karl Martell schenkte aus Dankbarkeit
für seine Genesung 738 diese Burg der Abtei
St Maximin zu Trier. Durch Tausch erwarb
Siegfried, ein in den Ardennen und an der Saar
und Mosel begüterter Graf, 963 das alte zer-
fallene Schloß und erhielt während der Abwesen-
heit Ottos d. Gr. vom Reichsverweser Bruno die
Erlaubnis, für sein Land den Namen einer Graf-
schaft Lützelburg nach dem Namen der Burg an-
zunehmen. Eine Tochter Siegfrieds, die hl. Kuni-
gunde, wurde mit Herzog Heinrich von Bayern
vermählt. Als dieser 1002 auf den deutschen
Thron gelangte, erhielt Heinrich, Siegfrieds
ältester Sohn und Nachfolger in der Grasschaft
Luxemburg (998/1027), auch das Herzogtum
Bayern. Er starb unvermählt, und sein Neffe
Heinrich II. erbte die Grafschaft. Zugleich in-
vestierte ihn Kaiser Heinrich III. 1042 mit dem
Herzogtum Bayern. Unter der Regierung der
edlen Ermesinde (1196/1247), Tochter Hein-
richs IV. und der Agnes von Geldern, wurde die
Grasschaft durch Ankauf und Heiraten vergrößert
und der Wohlstand gefördert; auch legte Ermesinde
den Grund zu den politischen Freiheiten des Luxem-
burger Volkes. Namentlich errichtete sie den Ge-
richtshof des Adels (siége des nobles), der einen
ausgedehnten Wirkungskreis hatte und bis zur
französischen Revolution (1795) fortbestand, und
gab den Städten Freiheitsbriefe, kraft deren die
Bürgerschaft aus der Leibeigenschaft befreit wurde
und berechtigt war, sich selbst ihren Richter sowie
einen Schöffenrat jährlich zu wählen. Diese Ein-
richtungen wurden unter ihrem Sohne Heinrich V.
(1247/81) noch erweitert. Heinrich VI. (1281
bis 1288) fand in der Schlacht bei Worringen
mit drei seiner Brüder den Tod. Seine Gemahlin
Beatrix von Avesne übernahm die Leitung der
Geschäfte. Einer ihrer drei Söhne, Balduin,
wurde Erzbischof von Trier. Dank seiner Be-
mühungen wurde sein Bruder, Graf Heinrich VII.
von Luxemburg, deutscher König (1308). Dessen
Sohn und Nachfolger in Luxemburg, Johann, ge-