Full text: Staatslexikon. Dritter Band: Kaperei bis Paßwesen. (3)

919 Luxemburg. 920 
nannt der Blinde, vermählte sich mit Elisabeth, der Luxemburg eine eigne Verwaltung zu bewilligen 
Erbin von Böhmen. und ihm seine Selbständigkeit zurückzugeben, aber 
Die Erhebung der Luxemburger Grafen auf es war zu spät. Die von deutschen Bundestruppen 
den deutschen Königsthron brachte dem Stamm= besetzte Hauptstadt verblieb allein dem rechtmäßigen 
land Luxemburg wenig Vorteile. Schon Kaiser Herrscher, während die belgische Revolution zuerst 
Karl IV., der Sohn Johanns des Blinden, ver= den wallonischen, dann auch den Deutsch redenden 
mochte, da er allzusehr mit Deutschland und Böh- 
men#beschäftigt war, die Grasschaft Luxemburg 
nicht in ihrem vollen Umfang zu erhalten; er über- 
gab nach achtjähriger Verwaltung seinem Bruder 
Wenzel nur ein verringertes Erbe und suchte ihn 
dadurch zu entschädigen, daß er es 1354 zu einem 
Herzogtum erhob. Wenzel vergrößerte sein Her- 
zogtum 1364 durch Ankauf der Grasschaft Chiny. 
Nach dem Tode Sigismunds (1419/37), der 
seinem Bruder, dem deutschen König Wenzel, in 
der Regierung des Landes gefolgt war, kam es 
zunächst an Sigismunds Tochter Elisabeth, die 
nach dem Tode ihres Gemahls, des deutschen 
Kaisers Albrecht II., ihren Neffen Philipp den 
Guten von Burgund zum Statthalter in Luxem- 
burg ernannte. Von den Luxemburgern deshalb 
vertrieben, suchte sie Schutz beim Burgunder, der 
Luxemburg belagerte und durch nächtlichen Über- 
fall eroberte (1444). Aus der burgundischen Herr- 
schaft kam das Land durch die Heirat Philipps 
des Schönen, des Sohnes Kaiser Maximilians 
und der Maria von Burgund, mit Johanna von 
Kastilien, der Erbin der spanischen Krone, 1502 
unter österreichisch-spanische und zuletzt durch den 
Frieden von Utrecht (1713) unter österreichisch- 
deutsche Herrschaft. Während der schweren Kämpfe 
des 18. Jahrh. wurde Luxemburg wiederholt von 
den Franzosen eingenommen, aber die Okkupation 
war nie von Dauer. Kaum hatte sich Luxemburg 
unter der österreichischen Herrschaft etwas erholt, 
da brach die französische Revolution aus. Gereizt 
von dem Vandalismus, mit dem die Sansculotten 
überall hausten, griffen die Landleute zu den 
Waffen für Religion und Freiheit im sog. Klöp- 
pelkrieg, doch mußten sie, von der Übermacht 
niedergeworfen, ihren Widerstand hart büßen. 
Als „Wälderdepartement“ wurde Luxemburg durch 
Beschluß des Pariser Nationalkonvents am 1. Okt. 
1795 der französischen Republik einverleibt. 
Der Wiener Vertrag erhob das Land am 9. Juni 
1815 zum Großherzogtum und trat es als Ersatz 
für den Verzicht auf Dillenberg, Dietz, Siegen, 
Hadamar und Fulda an den König der Nieder- 
lande, Wilhelm I. (1815/40), ab. Beide Länder 
sta#den jetzt unter einem gemeinsamen Fürsten, 
doch galten verschiedene Sukzessionsrechte, auch 
gehörte Luxemburg als unabhängiger Staat zum 
Deutschen Bunde. Gleichwohl erklärte König 
Wilhelm am 22. April 1815 Luxemburg in Bezug 
auf legislative Vertretung und Institutionen als 
Teil des Großherzogtums mit sich fortriß und die 
Provinz Luxemburg mit dem Hauptsitz in Arlon 
konstituierte. Am 19. April 1839 wurden zu Lon- 
don die Verträge unterzeichnet, durch welche das 
Luxemburger Land abermals eine Teilung erlitt; 
der größere wallonische Teil fiel an Belgien (die 
heutige belgische Provinz Luxemburg), der kleinere 
(3 von den früheren 8 Bezirken) mit fast lauter 
deutschen katholischen Einwohnern samt der Stadt 
Luxemburg kam wieder an die Niederlande, mit 
denen es in Personalunion verbunden blieb. Am 
7. Okt. 1840 dankte Wilhelm I. zugunsten seines 
Sohnes Wilhelm II. ab. Dieser bewilligte am 
12. Okt. 1841 dem Großherzogtum eine land- 
ständische Verfassung, die 1848 auf friedlichem 
Wege durch eine freisinnigere Konstitution ersetzt 
wurde (proklamiert 9. Juli). Im deutschen Parla- 
ment war Luxemburg mit drei Stimmen vertreten. 
Unter Wilhelms II. Sohn Alexander (als König- 
Großherzog Wilhelm III.; 1849/90) wurde sein 
jüngerer Bruder, Prinz Heinrich, genannt der 
Gute, Statthalter. Ein Bundesbeschluß vom 
23. Aug. 1851, der die Souveräne aufforderte, 
die Landesverfassungen im Sinne der Bundes- 
verfassung und des monarchischen Prinzips zu 
revidieren, veranlaßte gegen einige Bestimmungen 
der Verfassung von 1848 eine heftige Reaktion, 
welche in der oktroyierten Verfassung von 1856 
ihren Abschluß fand. 
Die Auflösung des Deutschen Bundes (1866) 
hatte die volle Unabhängigkeit des Großherzog= 
tums zur Folge. Der Londoner Vertrag vom 
11. Mai 1867 anerkannte dies neue Rechtsver- 
hältnis und proklamierte die ständige Neutralität 
des Landes unter der Kollektivgarantie der ver- 
sammelten Mächte. Da mit dem Wegfall der 
Bundespflichten manche Bestimmungen der Ver- 
fassung von 1856 gegenstandslos geworden waren, 
wurde 17. Okt. 1868 auf Vorschlag der Regie- 
rung eine neue Verfassungsrevision vorgenommen, 
die in weitgehendem Maße auf die von 1848 
zurückgriff. In Artikel 2 des Londoner Vertrages 
wurden die Rechte der Agnaten des Hauses Nassau 
auf die Thronfolge in Luxemburg nochmals zum 
Ausdruck gebracht und anerkannt. Als mit dem 
am 23. Nov. 1890 erfolgten Tode Wilhelms III. 
die männliche Linie des Hauses Oranien-Nassau 
erlosch, ging gemäß Artikel 3 der Verfassung die 
großherzogliche Krone auf den Herzog Adolf von 
Nassau über. Im April 1902 setzte dieser den 
  
  
integrierenden Teil der Niederlande und ließ es Erbprinzen Wilhelm als Statthalter ein. Dieser 
in den niederländischen Einheitsstaat aufgehen. folgte seinem Vater im Nov. 1905 als Großher- 
Dieser Mißgriff hatte zur Folge, daß das Land zog nach. Da aus seiner Ehe keine männlichen 
in die belgische Revolution verwickelt wurde. Zwar Nachkommen hervorgegangen sind, wurde die Erb- 
beschloß der König-Großherzog am 31. Dez. 1830, folge durch Familienstatut vom 16. April derart
	        
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