Full text: Staatslexikon. Dritter Band: Kaperei bis Paßwesen. (3)

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Truppen in Stärke von 300 bis 500 Mann zur 
Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit auf- 
gestellt worden. Zum stehenden Heer (die Ma- 
halla) tritt im Kriegsfall die Harka, der Land- 
sturm, zu dem jeder waffenfähige Mann auf- 
geboten wird. Meist dient das Heer zur Ein- 
treibung der Steuern. Die Flotte besteht aus 
einigen kleinen Dampfbarkassen. Die Polizei in 
den Häfen (2000/2500 Mann) wird aus marok- 
kanischen Moslim gebildet, von marokkanischen 
Kaids befehligt. Durch die Algeciraskonferenz 
wurden zur Unterstützung bei der Organisation und 
Ausbildung spanische und französische Instruktoren 
(16/20 Offiziere, 30/40 Unteroffiziere) zur Ver- 
fügung gestellt, die Generalinspektion (Sitz in 
Tanger) einem schweizerischen Offizier anvertraut, 
dessen Wahl mit Zustimmung des Sultans durch 
die schweizerische Bundesregierung erfolgt. 
IV. Religion und Anterricht. Die Araber 
sind fanatische Anhänger des Islams (Sunniten), 
dessen Vorschriften von den Berbern weniger 
streng beobachtet werden. Sehr ausgebildet und 
von großer Bedeutung ist die Heiligenverehrung; 
zahlreiche Heiligengräber sind im Lande verbreitet 
und genießen ein gewisses Asylrecht (am berühm- 
testen das Grab des Muley-Idris, des Gründers 
von Fes). Mit der Heiligenverehrung im Zu- 
sammenhang stehen die zahlreichen religiösen 
Bruderschaften (Aissaun, Hamadscha, Senussi 
usw.), die neben religiösen Zwecken auch ethische 
und philanthropische verfolgen und durch ihre 
straffe Organisation und ihre Verbindung unter- 
einander von großer politischer Bedeutung sind. 
Die Juden sind Talmudisten und leben streng nach 
den Gesetzen ihrer Religion. Die Alliance Is- 
raclite unterhält für sie an 20 Schulen. Für die 
Katholiken (an 10 000; 8 Haupt-, 1 Neben- 
station, 13 Kirchen und Kapellen, 8 Knaben-, 
9 Mädchenschulen) besteht ein Apostolisches Vika- 
riat (Residenz in Tanger), dessen Inhaber stets 
ein Franziskaner spanischer Nationalität ist. Den 
Untertanen der Signatarmächte der Madrider 
Konvention von 1880 ist das Recht der öffent- 
lichen Ausübung ihres Kultus völkerrechtlich ge- 
währleistet. Missionstätigkeit unter den Moham- 
medanern ist verboten. 
Die Volksbildung ist außerordentlich gering. 
Die Volksschulen, die vielfach mit den Heiligen- 
gräbern verbunden sind und von „Studenten“ 
der höheren Anstalten geleitet werden, beschränken 
sich darauf, das Lesen des Korans. Rechnen und 
etwas Schräben zu lehren. Höhere Bildung wird 
nur in Fes, Rabat und Tanger gelehrt. In den 
(etwa 60) fremden Schulen (davon 42 franzzösisch, 
französisches Collsge seit 1909 in Tanger) ge- 
nießen an 5300 Kinder europätischen Unterricht. 
Die Presse Marokkos ist meist in europäjüschen 
Sprachen gedruckt; die wichtigsten Organe sind: 
Dépeche marocaine und Courrier du Maroc, 
Al Moghreb al Aksa (englisch), das spanische 
El Eco Mauritano, die „Deutsche Marokko- 
Marokko. 
  
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Zeitung“, alle in Tanger erscheinend, das Boletin 
de Centro Hispano in Ceuta. Auch die in ara- 
bischer Sprache erscheinenden Blätter (Es Saada, 
„Das Glück“, und As Saba, „Der Morgen"“) 
sind von Europäern inspiriert. Von Algerien her 
werden französische Zeitungen und Flugblätter in 
arabischer oder Berbersprache in Masse im Land 
verbreitet. 
Literatur. Die ältere Lit. (bis 1891) verzeich- 
net bei R. L. Playfair u. R. Brown, Bibliography 
of Morocco (Lond. 1892). — Geschichte. Archi- 
ves marccaines (Quellensammlung I/XV, Par. 
1904/09); de Castries, Sources inédites de ’hist. 
du Maroc (I, 1/3, ebd. 1907 ff); Mercier, Hist., de 
Afrique septentrionale (3 Bde, ebd. 1887/90); 
Faure-Biguet, Afrique septentrionale sous la 
domination musulmane (ebd. 1903); T. H. Weir, 
The Shaiks of Morocco in the XVI Century 
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siecle (Algier 1906); P. Masson, Commerce fran- 
çais dans I’Afrique barbaresque 1560/1793 (Par. 
1903); P. Noöl, Les rapports de la France et du 
Maroc (ebd. 1905). über die jüngsten Ereignisse 
außer den Veröffentlichungen der Regierungen: 
Diercks, Die M. frage (1906); Tardien, La confé- 
rence d’Algésiras (1907).— Allgemeine Dar- 
stellungen u. Geographie: Rohlfs, Reise 
durch M. (71884); ders., Mein erster Aufenthalt 
in M. (31885); de Foucauld, Reconnaissance au 
Maroc (Par. 1888); Mouliéèras, Le Maroc in- 
connu (2 Bde, ebd. 1895 u. 1899); Meakin, The 
Aoorish Empire (Lond. 1899); ders., Land of the 
Noors (ebd. 1900); derf., The Moors (ebd. 1902); 
Th. Fischer, Wissenschaftl. Ergebnisse einer Reise 
im Atlasvorland (1900); ders., Meine dritte For- 
schungsreise im Atlasvorland von M. (1902); 
Canal, Géographie générale du Maroc (Par. 1902); 
Kampffmeyer, M. (1902); de Segonzac, Voyagesau 
Maroc 1899.1901 (Par. 1903); Dawson, Things 
seen in Morocco (Lond. 1904); Aubin, Le Maroc 
d’aujourd'’hui (Par. 1904; deutsch: Das heutige M., 
1905; englisch Lond. 1906); Zabel, Im moham- 
medanischen Abendland (1905); Genthe, M. (1905); 
M. Schanz, Nordafrika, M. (1905); du Faillis, 
Le Maroc pittoresque (Par. 1905); Gentil, Ex- 
plorations au Maroc (ebd. 1906); Wolfram, Le 
Maroc (ebd. 1906); Campo Angulo, Geografia 
de Marruecos (Madr. 1908); Mauran, Le Maroc 
d’aujourd’hui et de demain (Par. 1909); Brives, 
Voyages au Maroc 1901/07 (Algier 1909). — 
Wirtschaftliches, Politisches, Soziales: 
Castellanos, Apostolado seráfico en Marruecos 
! (Santiago 21898); Arnold, Studien zur Wirt- 
schaftsgeographie von M. (1900); Mohr, M. 
(1902); Fidel, Les intérêts économiques de la 
France au Maroc (Par. 1903); Somne, L'assi- 
stance au Maroc (ebd. 1904); Aflalo, The Truth 
about Morocco (Lond. 1904); René-Leclerc, 
L'’Armée marccaine (Algier 1905); Pobeguin, 
Les Ports du Maroc (ebd. 1906); Vaffier, Pollet, 
Les associations agricoles au Maroc (ebd. 1906); 
Gourdin, La politique française au Maroc (ebd. 
1906); Berard, L'affaire marocaine (ebd. 1906); 
G. Auer, Marokkan. Sittenbilder (1906); Slousch, 
Etude sur Phistoire des juifs et du judaisme au 
Maroc (Par. 1906); Meakin, Life in Morocco 
(Lond. 1906); Charmetant, Mission GCconomique 
—
	        
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