Full text: Staatslexikon. Dritter Band: Kaperei bis Paßwesen. (3)

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In Mecklenburg-Strelitz lag bis Ende 1908 
die gesamte Verwaltung in einer Zentralbehörde, 
„dem Staatsministerium und der Landesregie- 
rung“ (der Staatsminister und mehrere Regie- 
rungsräte). Seit 1909 besteht ein Staatsmini- 
sterium (Präsident: der Staatsminister) mit drei 
Ministerialabteilungen, für Justiz, geistliche Un- 
terrichts= und Medizinalangelegenheiten, für die 
Finanzen und für das Innere. Diesen Abtei- 
lungen nebengeordnet ist das Konsistorium. 
Für die Verwaltung zerfällt Mecklenburg- 
Schwerin a) in das Domanium (42,6% der 
Fläche, 31,6% der Einwohner), b) in Ritter- 
schaftliche Amter (42,6 bzw. 19,3%), c) in 
Städtische Gebiete (11,5 bzw. 47,8 5%) c) in die 
Klosterämter Dobbertin, Malchow und Ribnitz 
(3,3 bzw. 1,3%%). Das Domanium ist in 23 Do- 
manialämter unter einem Amtshauptmann ein- 
geteilt. Die in jedem Domanialamt liegenden 
ritterschaftlichen Güter bilden einen ritterschaft- 
lichen Amtsverband (22 Amter). Die Klostergüter 
zerfallen in 3 Klosterämter und das Kloster zum 
Heiligen Kreuz in Rostock. Die Städte haben 
eigne Verwaltung, doch ist die Gemeindeverfassung 
sehr verschieden. Die Seestädte Rostock und Wis- 
mar haben bedeutende Vorrechte. Die Bürger- 
meister und Stadtsekretäre werden in vielen Städten 
vom Landesherrn ernannt, in andern bedürfen sie 
der landesherrlichen Bestätigung. Als Organ der 
Städte dient das Magistratskollegium (Bürger- 
meister und Rat). Zur Vertretung der Bürgerschaft 
werden mit verschieden begrenzten Befugnissen und 
in verschiedenartigster Zusammensetzung Bürger- 
präsentationen gebildet. Außerhalb der Städte 
gibt es Gemeinden nur noch im Domanium, wo 
Schulzen, Schöffen und Beiräte die innern An- 
gelegenheiten leiten. Sonst bestehen ländliche Ge- 
meinden bloß in kirchlicher Beziehung. In den 
Rittergütern sind die Besitzer Träger der obrig- 
keitlichen Gewalt. In Mecklenburg-Strelitz ist das 
Domanium (etwa „/ des Landes) in 4 Amter, das 
Kabinettsamt und den Fürstenberger Amtsbezirk 
eingeteilt, die ritterschaftlichen Güter (28 des Lan- 
des) in 3 ritterschaftliche UAmter. Das Fürstentum 
Ratzeburg zerfällt in 5 Vogteien, die Landvogtei 
zu Schönberg ist obere Verwaltungsbehörde. 
Beiden Großherzogtümern gemeinsam sind die 
Steuer= und Zolldirektion, der Kompetenzgerichts- 
hof und das Oberlandesgericht zu Rostock. Letz- 
terem unterstehen für Mecklenburg-Schwerin die 
3 Landgerichte Schwerin, Güstrow und Nostock 
mit zusammen 43, für Mecklenburg-Strelitz das 
Landgericht Neustrelitz mit 10 Amtsgerichten. Bis 
1879 beruhte die gesamte niedere Gerichtsbarkeit 
auf patrimonialer Grundlage, die höhere nahezu 
ausschließlich in den Händen des Landesherrn. 
Die freiwillige Gerichtsbarkeit ist den Ständen 
verblieben. 
Die Oberpostdirektion Schwerin umfaßt beide 
Großherzogtümer. — Gefördert werden Land- 
wirtschaft, Gewerbe und Handel durch den Land- 
Mecklenburg. 
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wirtschaftsrat, die Korporation der Kaufmann- 
schaft zu Rostock, die Kaufmännische Kompagnie 
in Wismar, die Mecklenburgische Handelskammer 
(Schwerin, für beide Länder) und die Mecklen- 
burgische Handwerkerkammer (Schwerin, für beide 
Länder). 
Ein eigentliches Staatsvermögen und Staats- 
budget ist nicht vorhanden. Den unmittelbaren 
Staatszwecken dienen erhebliche Bestandteile des 
landesherrlichen Vermögens, ferner das sog. Lan- 
desvermögen, das aus einer Reihe Fonds für all- 
gemeine Zwecke besteht und unter landesherrlich- 
ständischer Verwaltung steht, endlich Teile des 
Ständevermögens. Man kann unterscheiden: 10 die 
landesherrliche Verwaltung, welche der Mitwir- 
kung der Stände entzogen ist (der Etat wird für 
1908/09 auf 18 Mill. M geschätzt); sie bestreitet 
von den Einnahmen aus den Erträgnissen der 
Domänen und aus von den Ständen auf be- 
stimmte Zeit und zu bestimmten Zwecken bewilligten 
direkten Steuern die Kosten der Landesverwaltung 
einschließlich der Matrikularbeiträge zur Reichs- 
kasse. Zur Bestreitung der Kosten der großherzog-= 
lichen Haus= und Hofhaltung ist der Ertrag eines 
ansehnlichen Komplexes von Domänen, der sog. 
Haushaltsgüter, bestimmt. 2) Der ordentliche Etat 
der gemeinsamen Finanzverwaltung, bei welcher 
allein die Landstände konkurrieren, beträgt für 
1908/09 in Einnahme und Ausgabe 5,23 Mill. M 
einschließlich 0,4 Mill. Al für Schuldentilgung. 
8) Die rein ständische Finanzverwaltung hat über 
verhältnismäßig kleine Mittel zu gebieten. Die 
Staatsschulden betrugen 1908: 132 Mill. M, 
wovon 28 Mill. auf den landesherrlichen Etat 
und 104 Mill. auf die landesherrlich-ständischen 
Kassen entfallen; den Passiven stehen Aktiva in 
der Höhe von 34 Mill. M (darunter 29 Mill. des 
aus der Vererbpachtung (seit 1867] domanialer 
Bauernhufen entstandenen Dominialkapitalfonds) 
gegenüber. — In Mecklenburg-Strelitz betrugen 
Juli 1907 die öffentliche Schuld 1.8 Mill. M', 
die ordentlichen Einnahmen im Jahre 1907/08 
4,9 Mill., die Ausgaben 4,4 Mill. Ml. 
Das Militär der beiden Großherzogtümer ist 
in den Etat und die Verwaltung Preußens über- 
gegangen. Auf Grund der Militärkonvention vom 
19. Dez. 1872 und weiteren Vereinbarungen stellt 
Mecklenburg-Schwerin das 1. und 3. Bataillon 
des Grenadierregimets Nr 89, das Füsilierregi- 
ment Nr 90, das Jägerbataillon Nr 14, die 
Dragonerregimenter Nr 17 und 18 und das 
Feldartillerieregiment Nr 60; diese Truppen ge- 
hören der 17. Division und dem IX. Korps (Al- 
tona) an, nur das Jägerbataillon Nr 14 (Stand- 
ort Colmar im Elsaß) gehört zum 14. Korps 
(Karlsruhe). — Mecklenburg-Strelitz stellt nach 
der Militärkonvention vom 23. Dez. 1872 das 
2. Bataillon des Großherzoglich-Mecklenburgischen 
Grenadierregiments Nr 89 und die 3. (Groß- 
herzoglich-Mecklenburgische) Batterie des Holstei- 
nischen Feldartillerieregiments Nr 24. — Die 
 
	        
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