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wählbar mit 25 Jahren für die Kammer, mit 80
für den Senat; Geistliche sind nicht wählbar,
ebenso besoldete Bundesbeamte. Senatoren und
Abgeordnete beziehen ein Gehalt von jährlich
3000 Pesos. Der Kongreß muß zweimal im
Jahre in ordentlichen Sessionen tagen (zwischen
16. Sept. und 15. Dez., und zwischen 1. April
und Ende Mai); in der Zwischenzeit ist ein per-
manenter Ausschuß (ca 15 Abg., 14 Senatoren)
mit beschränkten legislativen Funktionen ver-
einigt. Auf Verlangen dieses Ausschusses muß
der Kongreß vom Präsidenten einberufen werden.
— Der Präsident und der Vizepräsident wer-
den durch vom Volke ernannte Wahlmänner in
geheimer Abstimmung auf 6 Jahre gewählt; nach
Ablauf des Termins sind sie wieder wählbar.
Beide müssen geborne Mexikaner, 35 Jahre alt
und weltlichen Standes sein. — Der Vizepräsident
ist Vorsitzender des Senats, hat aber kein Stimm-
recht. Bei Abwesenheit, Verhinderung oder beim
Fehlen der zwei Präsidenten u. dgl. übernimmt der
Minister-Staatssekretär des Außern (oder der
rangälteste Minister) die Exekutive. Zur Aus-
übung seiner Befugnisse steht dem Präsidenten ein
Kabinett von 9 Ministerstaatssekretären für Au-
Peres, Inneres, Finanzen und öffentlichen Kredit,
Justiz, öffentliches Unterrichtswesen und schöne
Künste, Fomento (Wohlfahrt), Verkehrswesen
und öffentliche Arbeiten, Krieg und Marine,
Schatz zur Seite. — Die einzelnen Glied-
staaten sind in der Leitung ihrer innern An-
gelegenheiten selbständig, doch müssen die Be-
schlüsse mit der Verfassung in Einklang stehen.
An der Spitze steht je ein indirekt vom Volk auf
4 Jahre gewählter Gouverneur, unter ihm Prä-
fekten (jefe politico); die Kongresse bestehen meist
aus einer Kammer, deren Mitglieder in der Regel
indirekt auf 2 Jahre gewählt werden. Bundes-
distrikt und Territorien werden von der Bundes-
regierung unmittelbar verwaltet. — Der Präsi-
dent und Vizepräsident des Gesamtstaates können
während ihrer Amtszeit nur wegen Vaterlands-
verrat, Verletzung der Verfassung, Angriff auf die
Wahlfreiheit und schwerer Verletzung der all-
gemeinen Ordnung vor dem höchsten Gericht des
Staates angeklagt werden. Die Senatoren und
Abgeordneten, die Obrigkeiten der höchsten Ge-
richtshöfe, die Skaatssekretäre sind für Gesetzes-
verletzungen, Vergehen usw. während der Zeit
ihres Amtes, die Gouverneure der Gliedstaaten
für Verletzungen der Verfassung und Bundes-
gesetze verantwortlich. — Die Verfassung garan-
tiert jedem in der Republik Gebornen persönliche
Freiheit, Freiheit der Rede wie der Presse; sie
schließt Sklaverei, Vorrechte der Geburt, Adels-
titel, Standesunterschiede und sonstige Bevor-
zugungen aus. Ausländer genießen, mit Aus-
nahme der politischen, die gleichen Rechte wie die
Inländer; alle Ausländer, die Eigentümer von
Grundbesitz sind, und die Kinder derjenigen, die
im mexikanischen Staatsgebiet geboren sind, gelten
Mexiko.
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als mexikanische Staatsbürger, sofern sie nicht
ausdrücklich erklären, ihre Staatsangehörigkeit
behalten zu wollen.
Dierichterliche Gewalt wird durch einen
höchsten Gerichtshof (16 Mitglieder), durch 3 Be-
zirksgerichte (Circuit Courts) und 32 Distrikts-
gerichte ausgeübt; der Präsident und Vizepräsi-
dent des höchsten Gerichtshofes werden auf 6 Jahre
vom Volk in derselben Weise wie der Bundes-
präsident gewählt. Jeder Gliedstaat besitzt eben-
falls ein oberstes Gericht und Untergerichte, deren
Besugnisse gegenüber den Bundesgerichten genau
abgegrenzt sind.
Heerwesen. Dem Vrundsatz nach besteht
allgemeine Wehrpflicht vom 18. bis 45. Lebens-
jahr; tatsächlich ergänzt sich die Armee fast aus-
schließlich aus Freiwilligen, die sich auf 8/5 Jahre
anwerben lassen, nur zum kleinsten Teile durch
zwangsweise Einstellung von Rekruten. Die
Landmacht setzt sich zusammen aus der Armee
(Bundestruppen) und der (militärisch wertlosen)
Nationalgarde (1905: 44 300 Mann);, die Ar-
mee aus dem stehenden Heere, der Reserve und den
Hilfskräften (Landgendarmerie, militärisch aus-
gebildete Polizeitruppen). Den Oberbefehl führt
der Präsident; sein Beirat bei wichtigen Ent-
scheidungen ist die Junta superior de guerra,
der 5 Generäle angehören. — Die Friedensstärke
des Heeres ist gesetzlich auf rund 30 000, die Re-
serve auf 28000 Mann festgesetzt. Höhere Ver-
bände werden im Frieden nur während der Ma-
növer, sonst erst im Mobilmachungsfall gebildet.
Das Land ist in 10 von Generalen befehligte
Militärbezirke eingeteilt. Die Gesamtfriedens-
stärke des aktiven Heeres betrug 1909 einschließlich
des Marinepersonals (198 Offiziere, 1182 Mann)
3221 Offiziere, 26745 Soldaten, 6258 Pferde,
3308 Maulesel; die Kriegsflotte zählt 6 Kanonen=
boote, 1 Transportdampfer, 2 Korvetten, 3 Aviso-,
5 Schleppdampfer, 3 Goeletten; im Bau 1 Ka-
nonenboot. Die Kriegsstärke (nur Inf., Kav. u.
Art.) beträgt etwa 2510 Offiziere, 82 000 Mann,
15500 Pferde, 7200 Maulesel. — Landesfarben
sind Grün-Weiß-Rot. Die Kriegsflagge ist in
den gleichen Farben vertikal gestreift mit einem
braunen Adler im mittleren Streifen, die Handels-
flagge ebenso ohne den Adler.
IV. Kirche und Staat. Nach der Abschütte-
lung der spanischen Herrschaft war das Verhältnis
zwischen Staat und Kirche jahrzehntelang das
eines erbitterten Kampfes. 1833 wurde der kirch-
liche Zehnt beseitigt, 1847 die Säkularisierung
des Kirchengutes dadurch eingeleitet, daß eine
Staatsanleihe darauf ausgenommen wurde, 1856
die vollständige Zwangsenteignung des Kirchen-
vermögens mit Ausnahme der dem Kultus und
Unterricht unmittelbar dienenden Gebäude durch-
geführt, in den 1850er Jahren der amtliche Cha-
rakter der Hierarchie beseitigt. Nach den Zusätzen
zur Verfassung vom 25. Sept. 1873 und dem
Gesetz vom 24. Dez. 1874 stehen Kirche und