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berufung zu Ubungen statt des Gehalts ein nach
dem Dienstgrad besonders bemessenes Ubungs-
geld. Während einer Erkrankung dauert die
Verpflegung fort. Im Falle der Beurlaubung
erhalten Offiziere und Mannschaften in den ersten
1½ Monaten ihr volles Gehalt, dagegen wird
ihnen regelmäßig in den folgenden 4½ Monaten
des Urlaubs ein Teil des Gehalts und nach Ab-
lauf von 6 Monaten sowie bei Urlaubsüber-
schreitung das ganze Gehalt abgezogen; gleiche
Gehaltsabzüge treten ein im Falle der Dienst-
enthebung oder Verhaftung oder im Falle der
Verbüßung von Festungshaft oder Gefängnis bei
Offizieren, von kriminellen Freiheitsstrafen bei Mi-
litärbeamten. Kapitulanten, Offiziersaspiranten
und Füsiliere der Unteroffizierschulen bleiben wäh-
rend eines Urlaubs bis zu 3 Monaten im Genusse
der Löhnung; Nichtkapitulanten werden regel-
mäßig ohne Löhnung beurlaubt. Während einer
gerichtlichen Untersuchung sowie bei Verbüßung
des gelinden Arrestes und der Haft wird die
Löhnung unverkürzt fortbezahlt, dagegen tritt bei
Verbüßung anderer Freiheitsstrafen sowie bei
wiedereingestellten Fahnenflüchtigen ein Abzug an
der Löhnung ein. Außer Gehalt und Löhnung
werden noch unter den verschiedensten Bezeich-
nungen zahlreiche Nebenbezüge gewährt als
Entschädigung für besondere Leistungen oder Aus-
gaben, so die tatsmäßigen Zulagen für
höhere Dienststellen, für bestimmte Truppenteile
und Institute, für die Besorgung besonderer Ge-
schäfte, z. B. an Adjutanten, Gerichtsoffiziere,
Kammerunteroffiziere; ferner die Kommando-
zulager bei dienstlichen Verwendungen außer-
halb der Garnison; Tagegelder und Fuhr-
kosten bei Dienstreisen; Umzugskosten und
Mietzinsvergütung bei Versetzungen; die
Einkleidungsgelder, welche an Offiziere,
obere Militärbeamte, Unterärzte und Unterroßärzte
bei Einberufung zu Ubungen oder außergewöhn-
lichen Verstärkungen als Entschädigung für die
Beschaffung und Unterhaltung der Bekleidungs-
und Ausrüstungsgegenstände bezahlt werden; das
Tischgeld für die am gemeinsamen Offiziers=
mittagstisch teilnehmenden unverheirateten Leut-
nants; das Kapitulationshandgeld; die
Revuegeschenke für die bei einer Besichtigung
im Manöver beteiligten Mannschaften; Löhnungs-
zuschüsse für die Familien der Unteroffiziere,
wenn durch dienstliche Abwesenheit des Ernährers
ein doppelter Haushalt notwendig wird, und Bei-
hilfen zur Bestreitung der Kosten des Unterrichts
der Militärkinder. Im Falle der Mobil-
machung erhalten die Offiziere und Militärbeamten
zu ihrer Ausrüstung für das Feldverhältnis das
Mobilmachungsgeld; für die Dauer des
mobilen Verhältnisses wird ihnen eine Feld zu-
lage gewährt. Neben dem Gehalt kommt endlich
noch Servis= und Wohnungsgeldzuschuß
zur Bestreitung des Wohnungsbedürfnisses in Be-
tracht. — 2) Nicht minder eingehend geregelt ist
Militärwesen des Deutschen Reichs.
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die Naturalverpflegung. Dagrößere Anstrengungen
auch eine stärkere Ernährung erfordern, so sind die
Portionen in verschiedenen Sätzen abgestuft. Am
wichtigsten istdie Mundverpflegung der Mann-
schaften, bei welcher die Brotportion und die Be-
köstigungsportion unterschieden wird. Die tägliche
Brotportion beträgt 750 g; an ihre Stelle
können 400 g Eierzwieback treten. Auf Anregung
des Zentrumsabgeordneten Dr Schädler (Bud-
getkommission vom 12. Jan. 1895, Antrag zur
Plenarberatung vom 1. März 1895) hat der
Reichstag eine Verbesserung der Beköstigung der
Soldaten durch Verabreichung einer Abendkost
durch Beschluß vom 11. März 1895 verlangt und
dieses Verlangen am 24. März 1896 wiederholt.
Zufolge dieser Beschlüsse besteht seit dem Etats-
jahr 1898 die gewöhnliche „kleine Bekösti-
gungsportion“, aus welcher eine Morgen-,
Mittags= und Abendkost hergestellt wird, in 180
(vorher 150) g frischem Fleisch oder 120 g ge-
räuchertem Speck, 40 8g Nierenfett (neu), 250
(vorher 230) g Hülsenfrüchten oder 125 (vorher
120) g Reis, Graupe oder Grütze oder 1500 g
Kartoffeln sowie 25 g Salz nebst den erforder-
lichen sonstigen Speisezutaten und 10 g Kaffee
in gebrannten Bohnen. Die Mehrkosten dieser
Aufbesserung der Soldatenkost beliefen sich für das
preußische, sächsische und württembergische Kon-
tingent im Jahre 1898 auf 8295 004 M. —
Eine eigentümliche Verschiedenheit besteht in der
Möglichkeit der Geltendmachung der Ansprüche
aus dem Dienstverhältnis für die Personen des
Soldatenstandes einerseits und die Militärbeamten
anderseits: für die Verfolgung vermögensrecht-
licher Ansprüche aus dem Dienstverhältnis ist der
Rechtsweg ersteren versagt, letzteren zugelassen.
II. Die Familien der aus der Reserve, Land-
wehr oder Seewehr zu Friedensübungen einbe-
rufenen Mannschaften sowie die Familien der
aus der Ersatzreserve für die zweite oder dritte
Übung einberufenen Mannschaften erhalten auf
Verlangen Unterstützungen aus öffent-
lichen Mitteln; ausgenommen sind die Familien
der Reichs-, Staats= oder Kommunalbeamten,
welchen in der Zeit der Einberufung zum Militär-
dienst ihr persönliches Diensteinkommen gewahrt
ist. Ebenso erhalten die Familien der Mann-
schaften der Reserve, Landwehr, Ersatzreserve,
Seewehr, des Landsturms sowie der zur Dispo-
sition der Truppen-(Marine-)Teile Beurlaubten
und der nach Beendigung des wehrpflichtigen
Alters freiwillig in den Dienst eintretenden Mann-
schaften, sobald sie bei Mobilmachungen oder not-
wendigen Verstärkungen des Heeres oder der
Flotte in den Dienst eintreten, im Falle der
Bedürftigkeit Unterstützungen. Die Bezeich-
nung der unterstützungsberechtigten Familienan=
gehörigen, die Höhe der zu gewährenden Unter-
stützungen und das Verfahren ist in den Reichs-
gesetzen vom 28. Febr. 1888 und 10. Mai 1892
sowie in den zu letzterem Gesetz ergangenen Aus-