Full text: Staatslexikon. Dritter Band: Kaperei bis Paßwesen. (3)

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im privatrechtlichen Vertragsverhältnisse eines 
Dienstverpflichteten stehen, ist durch be- 
sondere Pensionsbestimmungen für den Fall, daß 
ihre Erwerbsfähigkeit durch Dienstbeschädigung 
aufgehoben bzw. um wenigstens 10% gemindert 
worden ist, gesorgt (O.P.G. 88§ 34, 35).— d) Die 
angeführte Reglung findet auch auf Marine 
und Schutztruppen Anwendung; doch haben 
die hier vorhandenen eigenartigen Verhältnisse zu 
einigen Sonderbestimmungen geführt. So haben 
einen Anspruch auf Pensionserhöhung im 
Betrag der Kriegszulage diejenigen Offiziere der 
Kaiserlichen Marine, welche entweder durch im 
Dienst erlittenen Schiffbruch oder infolge einer 
militärischen Unternehmung auf einer dienstlichen 
Seereise, oder infolge außerordentlicher Einflüsse 
des Klimas während eines dienstlichen Aufent- 
haltes in einem außereuropäischen Lande oder 
während einer dienstlichen Seereise pensionsbe- 
rechtigt geworden sind, falls nicht ihre Dienstbe- 
schädigung eine Folge ihres Vorsatzes ist (O.P.G. 
8 49). Bei den Schutztruppen in den afrikanischen 
Schutzgebieten ist zur Begründung des Anspruchs 
auf Pension die dauernde Unfähigkeit zur Fort- 
setzung des aktiven Militärdienstes in der Hei- 
mat erforderlich; Unfähigkeit zur Fortsetzung des 
aktiven Militärdienstes bei den Schutztruppen in 
den Schutzgebieten allein begründet nicht den An- 
spruch auf Pension; von dem Nachweis der Dienst- 
unfähigkeit ist jedoch befreit der Offizier, welcher 
den Schutztruppen in den Schutzgebieten minde- 
stens zwölf Jahre angehört hat (O.P.G. 8§ 63). 
Auf eine Tropenzulage im Betrag der Kriegs- 
zulage haben diejenigen Offiziere der Schutz- 
truppen Anspruch, welche entweder infolge außer- 
ordentlicher Einflüsse des Klimas während eines 
dienstlichen Aufenthalts in den Schutzgebieten oder 
infolge der besondern Fährlichkeiten des Dienstes 
in den Schutzgebieten pensionsberechtigt geworden 
sind, falls nicht ihre Dienstbeschädigung eine Folge 
ihres Vorsatzes ist (O. P.G. § 66). Entsprechende 
Vorschriften gelten auch für die Beamten der Ma- 
rine und der Schutztruppen. 
2. Unteroffiziere und Gemeine. Sie 
erfüllen durch Ableistung des Militärdienstes eine 
gesetzliche Verpflichtung oder suchen durch frei- 
willige Fortsetzung ihres Militärdienstes die An- 
wartschaft auf Anstellung im Zivildienst zu er- 
langen. Der Militärdienst ist also für sie höchstens 
eine Durchgangsstufe zu bürgerlichen Berufsarten. 
Deshalb ist für ihren Versorgungsanspruch, im 
Gegensatz zu den Offizieren, nicht die Militär= 
dienstfähigkeit, sondern allein die Beeinträchtigung 
der Erwerbsfähigkeit maßgebend. Wichtig für die 
Anwendung des Mannschaftsversorgungsgesetzes, 
das den Mannschaften ganz wesentliche Verbesse= 
rungen gebracht hat, ist der Begriff der Kapi- 
tulanten. Als Kapitulanten im Sinne dieses 
Gesetzes gelten Unteroffiziere und Gemeine, welche 
sich über die gesetzliche Dienstzeit hinaus zum 
aktiven Dienst verpflichtet haben und in dessen 
Militärwesen des Deutschen Reichs. 
  
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Ableistung begriffen sind. — a) Unteroffiziere und 
Gemeine haben bei der Entlassung aus dem 
aktiven Dienst Anspruch auf eine Rente (Mili- 
tärrente), wenn und solange ihre Erwerbsfähig- 
keit infolge einer Dienstbeschädigung aufgehoben 
oder um wenigstens 10 % gemindert ist; Kapitu- 
lanten mit einer Dienstzeit von mindestens 8 Jahren 
haben bei der Entlassung aus dem aktiven Dienst 
ohne Nachweis einer Dienstbeschädigung Anspruch 
auf eine Rente, wenn und solange ihre Erwerbs- 
fähigkeit infolge von Gesundheitsstörungen, die 
während der Dienstzeit eingetreten sind, aufge- 
hoben oder um wenigstens 10% gemindert ist; 
Kapitulanten mit einer Dienstzeit von mindestens 
18 Jahren haben beim Ausscheiden aus dem 
Dienste ohne den Nachweis verminderter Er- 
werbsfähigkeit Anspruch auf eine lebenslängliche 
Rente (M.V.G. § 1). Die Rente beträgt jähr- 
lich während der Dauer völliger Erwerbsunfähig- 
keit (Vollrente) für Feldwebel 900 M, Ser- 
geanten 720 M, Unteroffiziere 600 M. Gemeine 
540 M; während der Dauer teilweiser Erwerbs- 
unfähigkeit beträgt die Rente denjenigen in 
Hundertsteln ausgedrückten Teil der Vollrente, 
welche dem Maße der Einbuße an Erwerbsfähig- 
keit entspricht (Teilrente; M.V.G. § 9). Die 
Vollrente erhöht sich für diejenigen Personen, 
welche im Etat als pensionsfähig bezeichnete 
Löhnungszuschüsse oder Zulagen beziehen, um 
##QLoo der letzten Bezüge (M. V.G. § 10). Neben 
der Rente sind noch Zulagen vorgesehen: Ver- 
stümmelungszulagen (monatlich 27 M. bei Ver- 
lust oder Erblindung beider Augen 54 M), Kriegs- 
zulagen (monatlich 15 M), Alterszulagen (bis zu 
einem jährlichen Gesamteinkommen von 600 M; 
M.V.G. 8§ 13,14, 26).— b) Am bedeutsamsten ist 
der Zivilversorgungsschein, auf welchen 
die Kapitulanten durch zwölfjährige Dienstzeit 
einen Anspruch erwerben, wenn sie zum Beamten 
würdig und brauchbar erscheinen; Kapitulanten 
mit kürzerer als zwölfjähriger Dienstzeit, die im 
übrigen zum Beamten würdig und brauchbar er- 
scheinen, haben nur dann Anspruch auf den Zivil- 
versorgungsschein, wenn sie wegen körperlicher Ge- 
brechen im aktiven Dienst nicht mehr verwendet 
werden können und deshalb von der Militärbe- 
hörde entlassen werden; den nicht zu den Kapitu- 
lanten gehörigen Unteroffizieren und Gemeinen 
kann auf ihren Antrag neben der Rente ein An- 
stellungsschein für den Unterbeamtendienst 
verliehen werden, wenn sie zum Beamten würdig 
und brauchbar erscheinen (M.V.G. 8§§ 15/17). 
Der Zivilversorgungsschein und Anstellungsschein 
gewährt eine Anwartschaft auf zahlreiche Stellen 
im öffentlichen Dienst, über deren Besetzung der 
Bundesrat allgemeine Grundsätze festsetzt (M.UB.G. 
§18). Die Kapitulanten mit zwölfjähriger Dienst- 
zeit können unter bestimmten Voraussetzungen statt 
des Zivilversorgungsscheins eine laufende Zivil- 
versorgungsentschädigung von 12 M 
monatlich oder eine einmalige Geldabfindung von
	        
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