Full text: Staatslexikon. Dritter Band: Kaperei bis Paßwesen. (3)

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Kommunalbesteuerung unterliegt. Der seit Beginn 
des Reichstags von der Fortschrittspartei, später 
der freisinnigen Volkspartei gegen die Kommunal= 
steuerfreiheiten der Offiziere geführte Kampf er- 
strebt das berechtigte Ziel, die Offiziere in der 
Kommnunalbesteuerung ihres Diensteinkommens 
wie die Reichsbeamten zu behandeln, d. h. sie dem 
für die Staatsbeamten geltenden Steuerrecht des 
einzelnen Bundesstaates zu unterwerfen. 
V. Strafrecht. Während die militärischen 
Sonderrechte in den übrigen Rechtsgebieten sich 
als mehr oder weniger zusammenhangslose Be- 
stimmungen darstellen, welche das gemeine Recht 
in einzelnen Punkten abändern, im übrigen aber 
die Geltung des gemeinen Rechts voraussetzen, hat 
sich ein eigenartiges System des Militärstrafrechts 
und Militärstrafverfahrens an Stelle des gemeinen 
Rechts ausgebildet (s. die Art. Militärstrafrecht 
und Militärstrafverfahren). 
K. Militärlasten. Als Militärlasten im tech- 
nischen Sinn des Wortes werden die gesetzlichen 
Verpflichtungen zu Vermögensleistungen für die 
bewaffnete Macht bezeichnet. Sie ruhen lediglich 
auf dem inländischen Vermögensbesitz, nicht auf 
der Untertanenpflicht, treffen daher jeden Besitzer 
des Vermögens, Inländer wie Ausländer, auch 
juristische Personen und Dienstunfähige. Die Ver- 
pflichtung zur Tragung der Militärlasten soll von 
der Militärverwaltung jedoch nur dann in An- 
spruch genommen werden, wenn die erforderlichen 
Leistungen nicht aus eignen Mitteln der Militär- 
verwaltung oder im Wege des Vertragsabschlusses 
beschafft werden können. Für die Leistungen, welche 
auf Grund solcher gesetzlichen Vorschriften erfolgen, 
ist regelmäßig vom Fiskus eine Vergütung oder 
mindestens eine Entschädigung zu gewähren. Man 
unterscheidet bei den Militärlasten: Friedens- 
leistungen, Kriegsleistungen und Eigentumsbe- 
schränkungen. 
I. Friedensleistungen. Die Entschädigung für 
dieselben wird vom Reichsfiskus gewährt mit Aus- 
nahme der Friedensleistungen für die bayrische 
Armee, welche von Bayern aus der im Reichsetat 
für die bayrische Armee ausgeworfenen Quote zu 
entschädigen sind. Im einzelnen sind für den In- 
halt und Umfang der Verpflichtungen maßgebend 
das Reichsgesetz vom 25. Juni 1868 betr. die 
Ouartierleistung für die bewaffnete Macht wäh- 
rend des Friedenszustandes und das Reichsgesetz 
vom 24. Mai 1898 über die Naturalleistungen 
für die bewaffnete Macht im Frieden (R.G.B. 
S. 361). Letzteres ist abgeändert durch Reichsgesetz 
vom 9. Juni 1906. Die Vollzugsbestimmungen 
zum Gesetz von 1898 sind enthalten in der Ver- 
ordnung vom 13. Juli 1898, abgeändert durch 
die Verordnungen vom 10. Juli 1904, 6. Aug. 
1907 und 27. Mai 1909. — 1) Quartier- 
leistung. Für Truppen in Garnisonen, in wel- 
chen die Kasernierung noch nicht durchgeführt ist, 
und in Kantonnements, deren Dauer von vorn- 
herein auf einen 6 Monate übersteigenden Zeit- 
  
Militärwesen des Deutschen Reichs. 
  
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raum festgesetzt ist, muß auf Erfordern Quartier 
nur für Mannschaften vom Feldwebel abwärts 
und Stallung für Dienstpferde gewährt werden. 
Dagegen kann bei Kantonierungen von kürzerer 
oder unbestimmter Dauer, bei Märschen und Kom- 
mandos Quartier für Offiziere, Beamte und 
Mannschaften, Stallung für deren Pferde, soweit 
für dieselben etatsmäßig Rationen gewährt werden, 
und das erforderliche Gelaß für Geschäfts-, Arrest- 
und Wachtlokalitäten gefordert werden. Mit Aus- 
nahme bestimmter Gebäude, wie der zum öffent- 
lichen Dienst bestimmten Gebäude, Kirchen usw., 
können für die Quartierleistung alle benutzbaren 
Baulichkeiten in Anspruch genommen werden, so- 
weit der Quartiergeber dadurch in der Benutzung 
der für seine Wohnungs-, Wirtschafts= und Ge- 
werbebetriebsbedürfnisse unentbehrlichen Räum- 
lichkeiten nicht behindert wird. Die Verteilung der 
Quartierlast erfolgt auf die Gemeindebezirke im 
ganzen, die Unterverteilung geschieht durch die Ge- 
meindevorstände auf Grund eines Gemeindebe- 
schlusses oder Ortsstatuts. Die Höhe der zu ge- 
währenden Entschädigung, Servis, ist durch 
Reichsgesetz vom 17. Mai 1906 einheitlich fest- 
gesetzt. — 2) Ebenso können durch Vermittlung 
der Gemeinden in Anspruch genommen werden die 
Stellung von Vorspann (Fuhrwerken, Ge- 
spannen und Gespannführern), die Verabreichung 
von Naturalverpflegung und Fourage. 
Vorspann kann nur gefordert werden für die auf 
Märschen, im Biwak oder Lager befindlichen oder 
vorübergehend einquartierten Teile der bewaffneten 
Macht; zur Vorspannleistung sind, von gewissen 
Ausnahmen abgesehen, alle Besitzer von Zugtieren 
und Wagen verpflichtet. Naturalverpflegung kann 
nur verlangt werden für die auf Märschen befind- 
lichen oder außerhalb ihrer Garnison vorüber- 
gehend einquartierten Teile der bewaffneten Macht, 
ausgenommen bei Unterbringung in „engen Quar- 
tieren“; die Naturalverpflegung hat der Quartier- 
geber zu leisten. Verabreichung von Fourage kann 
beansprucht werden für die Reitpferde und Zug- 
tiere der auf Märschen befindlichen oder vorüber- 
gehend einquartierten Truppen, sofern letztere mit 
Verpflegung einquartiert werden; die Verpflich- 
tung trifft alle Besitzer von Fouragebeständen. 
Die Vergütung für die den Offizieren, Sanitäts- 
offizieren und oberen Militärbeamten gewährte 
Naturalverpflegung ist gesetzlich festgesetzt auf 
2,50 M für die volle Tageskost; im übrigen 
sind wechselnde Vergütungssätze vorgesehen. — 
3) Die Stellung von Schiffsfahrzeugen für 
die kaiserliche Marine kann gefordert werden für 
Truppentransporte an und von Bord außerhalb 
der Kriegshäfen sowie für Ausrüstungen von 
Schiffen mit Proviant, Inventar, Kohlen und 
sonstigem Material aller Art; zur Stellung der 
Fahrzeuge sind alle Besitzer solcher Fahrzeuge 
verpflichtet. Hierbei ist die Vermittlung der zu- 
ständigen Hafenpolizeibehörde in Anspruch zu 
nehmen und dem Eigentümer der Fahrzeuge voller
	        
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