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Erfahrung hat bewiesen, daß eine Sonderbesteue-
rung der Warenhäuser ihren Zweck niemals er-
füllen wird, indem die mit einer Umsatzsteuer be-
lasteten Detailgeschäfte die Steuer auf ihre
Lieferanten abwälzen, welche sich wiederum durch
Druck auf ihre kleinen Abnehmer, auf die Klein-
gewerbetreibenden und durch Verschlechterung der
Fabrikate schadlos halten.
Auch eine besondere Besteuerung der Konsum-
vereine erscheint, schon vom Standpunkte der
Steuergerechtigkeit aus, verwerflich, ganz abgesehen
davon, daß der leistungsfähige Teil des Klein-
handels eines solchen Schutzmittels gar nicht be-
darf. Einsichtige Detaillistenkreise erkennen denn
auch mehr und mehr die Ohnmacht solcher Kampf-
mittel an, und fehlt es nicht an Stimmen aus dem
Mittelstande, welche sich in richtiger Erkenntnis
der wirtschaftlichen Zeitverhältuisse als direkte
Gegner derartiger Erdrosselungssteuern erklären.
Soviel steht fest, daß der Satz vom Unter-
gange des alten Mittelstandes der tatsächlichen
Grundlagen entbehrt. Wohl ist es unmöglich, den
Mittelstand in seinem ganzen Umfange zu er-
halten. Manche seiner Zweige sind dem Unter-
gange geweiht. Dabei aber hat die industrielle
Entwicklung unserer Zeit zahlreiche neue Erwerbs-
zweige erstehen lassen, welche Ersatz zu bieten ver-
mögen. Auch darf nicht übersehen werden, daß die
Existenzbedingungen und die Zukunftsaussichten
der Hauptgruppen und der einzelnen Schichten des
Mittelstandes durchaus verschieden geartet sind.
Gewiß ist, daß der Bauernstand auch heute noch
die Grundlage der nationalen Volkswirtschaft bil-
det, daß auch von vollständiger Aufsaugung des
alten Handwerks durch den Großbetrieb nicht die
Rede sein kann, und daß es endlich der neuzeitlichen
Entwicklung und Klassenbildung ebensowenig ge-
lungen ist, den Kleinhandel aus seinem Besitz-
stande völlig zu verdrängen. Und wenn man
schließlich auch die sehr beträchtliche Verstärkung
in Rechnung zieht, welche der alte Mittelstand
durch die neue Berufsklasse der Privatbeamten
erfahren hat, wird die Prognose für die Zukunft
nicht allzu pessimistisch lauten können. Ihr Haupt-
ziel wird die Mittelstandsbewegung freilich in einer
gesteigerten technischen und kaufmännischen Aus-
bildung, in der Ausnützung der maschinellen Er-
rungenschaften und einem engeren genossenschaft-
lichen Zusammenschlusse erblicken müssen.
Literatur. G. Adler, Über die Epochen der deut-
schen Handwerkerpolitik (1903); Bücher, Entstehung
der Volkswirtschaft (6(1908); Damaschke, Aufgaben
der Gemeindepolitik (1904); Denkschrift der Ms-
vereinigung im Kgr. Sachsen (1906); Devas-
Kämpfe, Grundsätze der Volkswirtschaftslehre
(1896); A. Engel, Grundriß der Sozialreform
(1909); Art. „M.sbewegung“ im Handwörter-
buch der Staatswissenschaften; A. Hättenschwil-
ler, M. sfragen (1909); Herkner, Arbeiterfrage
(51908); Huber, Warenhaus u. Kleinhandel
(1899); Klopp, Die sozialen Lehren des Frhrn K.
v. Vogelsang (1894); F. Naumann, Neue deutsche
Mohammedaner — Moncco.
1188
Wirtschaftspolitik (1909); Noricus, Die Organi-
sation der Gesellschaft (1901); H. Pesch S. J.,
Lehrbuch der Nationalökonomie I u. II (1905/09);
L. Pohle, Die neuere Entwicklung des Kleinhandels
(1900); Ratzinger, Die Volkswirtschaft in ihren
sittl. Grundlagen (21895); derf., Erhaltung des
bayr. Bauernstandes (1883); Retzbach, Leitfaden
für die soziale Praxis (1907); ders., Die Hand-
werker= u. Kreditgenossenschaften (1899); Schmoller,
Grundriß der allg. Volkswirtschaftslehre II (1904);
Sombart, Der moderne Kapitalismus (2 Bde,
21909); ders., Die deutsche Volkswirtschaft im
19. Jahrh. (1903); derf., Gewerbewesen (Samml.
Göschen); Stieda, Lebensfähigkeit des Handwerks
(1897); Statist. Jahrb. für das Deutsche Reich,
Jahrg. 1909; G. Traub, Ethik u. Kapitalismus
(1904); Schriften des Vereins für Sozialpolitik
LXII/IXX;: K. Wasserab, Soziale Frage, So-
zialpolitik u. Carität (1903); Wegener, Der Frei-
heitskampf des M.3 (1906); A. M. Weifß 0. Pr.,
Soziale Frage u. soziale Ordnung (2 Bde, 1908);
Wernike, Kapitalismus u. M.spolitik (1907);
ders., Der M. u. seine wirtschaftl. Lage (1909).
A. Hättenschwiller.)
MohammedanersReligionsgesellschaften.
Monaco. 1. Geschichte. Monaco, ur-
sprünglich eine von den Phönikern gegründete
Kolonie, unter den Römern als Portus Herculis
Monoeci von ziemlicher Bedeutung, wurde im
8. Jahrh. von den Sarazenen erobert. Im Kampfe
mit diesen zeichnete sich ein Genuese Gibellin Gri-
maldi aus, der um 980 das den Sarazenen ent-
rissene Gebiet um Monaco vom Grafen von Arles
erhalten haben soll. Aus den nächsten Zeiten sind
keine zuverlässigen Nachrichten vorhanden. 1174
kam Monaco durch Friedrich Barbarossa an Genua;
Heinrich VI. und Friedrich II. erneuerten 1191
und 1220 diese Schenkung, der gegenüber sowohl
die Familie der Grimaldi wie die Grafen der
Provence ihre Ansprüche aufrechthielten. Rainer I.
Grimaldi gelang es, 1276 in Monaco einzu-
dringen; mit einigen Unterbrechungen (1300/06
und 1364/1402) vermochten er und seine Nach-
kommen ihre Herrschaft zu behaupten, die durch
Vertrag Karls I. (1329/63) mit den Doria auch
von Genua anerkannt wurde. Johann (1503/06)
erhielt von Ludwig XII. von Frankreich die Herr-
schaft über Ventimiglia. Honoré II. (1605/62)
löste sich von der spanischen Oberhoheit, in die
das Territorium im 15. Jahrh. gekommen war,
mit französischer Hilfe 1641 los und stellte sich
unter den Schutz Frankreichs, das eine Garnison
nach Monaco legte. Zum Ersatz für den Verlust
der unter Karl V. erworbenen spanischen Lehen
erhielt der Fürst das Herzogtum Valentinois und
die französische Pairie, sein Sohn das Marquisat
Baux. Nach dem Erlöschen des Mannesstammes
der Grimaldi (1731) mit Anton ging das Fürsten-
tum auf dessen Schwiegersohn Jakob Franz Leonor
Goyon de Matignon, Grafen von Thorigny, und
seinen Sohn Honoré III. (1731/95) über. 1793
wurde Monaco mit Frankreich vereinigt, 1814
jedoch wieder an Honoré IV. (1814/19) zurück-