Full text: Staatslexikon. Dritter Band: Kaperei bis Paßwesen. (3)

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Erfahrung hat bewiesen, daß eine Sonderbesteue- 
rung der Warenhäuser ihren Zweck niemals er- 
füllen wird, indem die mit einer Umsatzsteuer be- 
lasteten Detailgeschäfte die Steuer auf ihre 
Lieferanten abwälzen, welche sich wiederum durch 
Druck auf ihre kleinen Abnehmer, auf die Klein- 
gewerbetreibenden und durch Verschlechterung der 
Fabrikate schadlos halten. 
Auch eine besondere Besteuerung der Konsum- 
vereine erscheint, schon vom Standpunkte der 
Steuergerechtigkeit aus, verwerflich, ganz abgesehen 
davon, daß der leistungsfähige Teil des Klein- 
handels eines solchen Schutzmittels gar nicht be- 
darf. Einsichtige Detaillistenkreise erkennen denn 
auch mehr und mehr die Ohnmacht solcher Kampf- 
mittel an, und fehlt es nicht an Stimmen aus dem 
Mittelstande, welche sich in richtiger Erkenntnis 
der wirtschaftlichen Zeitverhältuisse als direkte 
Gegner derartiger Erdrosselungssteuern erklären. 
Soviel steht fest, daß der Satz vom Unter- 
gange des alten Mittelstandes der tatsächlichen 
Grundlagen entbehrt. Wohl ist es unmöglich, den 
Mittelstand in seinem ganzen Umfange zu er- 
halten. Manche seiner Zweige sind dem Unter- 
gange geweiht. Dabei aber hat die industrielle 
Entwicklung unserer Zeit zahlreiche neue Erwerbs- 
zweige erstehen lassen, welche Ersatz zu bieten ver- 
mögen. Auch darf nicht übersehen werden, daß die 
Existenzbedingungen und die Zukunftsaussichten 
der Hauptgruppen und der einzelnen Schichten des 
Mittelstandes durchaus verschieden geartet sind. 
Gewiß ist, daß der Bauernstand auch heute noch 
die Grundlage der nationalen Volkswirtschaft bil- 
det, daß auch von vollständiger Aufsaugung des 
alten Handwerks durch den Großbetrieb nicht die 
Rede sein kann, und daß es endlich der neuzeitlichen 
Entwicklung und Klassenbildung ebensowenig ge- 
lungen ist, den Kleinhandel aus seinem Besitz- 
stande völlig zu verdrängen. Und wenn man 
schließlich auch die sehr beträchtliche Verstärkung 
in Rechnung zieht, welche der alte Mittelstand 
durch die neue Berufsklasse der Privatbeamten 
erfahren hat, wird die Prognose für die Zukunft 
nicht allzu pessimistisch lauten können. Ihr Haupt- 
ziel wird die Mittelstandsbewegung freilich in einer 
gesteigerten technischen und kaufmännischen Aus- 
bildung, in der Ausnützung der maschinellen Er- 
rungenschaften und einem engeren genossenschaft- 
lichen Zusammenschlusse erblicken müssen. 
Literatur. G. Adler, Über die Epochen der deut- 
schen Handwerkerpolitik (1903); Bücher, Entstehung 
der Volkswirtschaft (6(1908); Damaschke, Aufgaben 
der Gemeindepolitik (1904); Denkschrift der Ms- 
vereinigung im Kgr. Sachsen (1906); Devas- 
Kämpfe, Grundsätze der Volkswirtschaftslehre 
(1896); A. Engel, Grundriß der Sozialreform 
(1909); Art. „M.sbewegung“ im Handwörter- 
buch der Staatswissenschaften; A. Hättenschwil- 
ler, M. sfragen (1909); Herkner, Arbeiterfrage 
(51908); Huber, Warenhaus u. Kleinhandel 
(1899); Klopp, Die sozialen Lehren des Frhrn K. 
v. Vogelsang (1894); F. Naumann, Neue deutsche 
  
Mohammedaner — Moncco. 
  
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Wirtschaftspolitik (1909); Noricus, Die Organi- 
sation der Gesellschaft (1901); H. Pesch S. J., 
Lehrbuch der Nationalökonomie I u. II (1905/09); 
L. Pohle, Die neuere Entwicklung des Kleinhandels 
(1900); Ratzinger, Die Volkswirtschaft in ihren 
sittl. Grundlagen (21895); derf., Erhaltung des 
bayr. Bauernstandes (1883); Retzbach, Leitfaden 
für die soziale Praxis (1907); ders., Die Hand- 
werker= u. Kreditgenossenschaften (1899); Schmoller, 
Grundriß der allg. Volkswirtschaftslehre II (1904); 
Sombart, Der moderne Kapitalismus (2 Bde, 
21909); ders., Die deutsche Volkswirtschaft im 
19. Jahrh. (1903); derf., Gewerbewesen (Samml. 
Göschen); Stieda, Lebensfähigkeit des Handwerks 
(1897); Statist. Jahrb. für das Deutsche Reich, 
Jahrg. 1909; G. Traub, Ethik u. Kapitalismus 
(1904); Schriften des Vereins für Sozialpolitik 
LXII/IXX;: K. Wasserab, Soziale Frage, So- 
zialpolitik u. Carität (1903); Wegener, Der Frei- 
heitskampf des M.3 (1906); A. M. Weifß 0. Pr., 
Soziale Frage u. soziale Ordnung (2 Bde, 1908); 
Wernike, Kapitalismus u. M.spolitik (1907); 
ders., Der M. u. seine wirtschaftl. Lage (1909). 
A. Hättenschwiller.) 
MohammedanersReligionsgesellschaften. 
Monaco. 1. Geschichte. Monaco, ur- 
sprünglich eine von den Phönikern gegründete 
Kolonie, unter den Römern als Portus Herculis 
Monoeci von ziemlicher Bedeutung, wurde im 
8. Jahrh. von den Sarazenen erobert. Im Kampfe 
mit diesen zeichnete sich ein Genuese Gibellin Gri- 
maldi aus, der um 980 das den Sarazenen ent- 
rissene Gebiet um Monaco vom Grafen von Arles 
erhalten haben soll. Aus den nächsten Zeiten sind 
keine zuverlässigen Nachrichten vorhanden. 1174 
kam Monaco durch Friedrich Barbarossa an Genua; 
Heinrich VI. und Friedrich II. erneuerten 1191 
und 1220 diese Schenkung, der gegenüber sowohl 
die Familie der Grimaldi wie die Grafen der 
Provence ihre Ansprüche aufrechthielten. Rainer I. 
Grimaldi gelang es, 1276 in Monaco einzu- 
dringen; mit einigen Unterbrechungen (1300/06 
und 1364/1402) vermochten er und seine Nach- 
kommen ihre Herrschaft zu behaupten, die durch 
Vertrag Karls I. (1329/63) mit den Doria auch 
von Genua anerkannt wurde. Johann (1503/06) 
erhielt von Ludwig XII. von Frankreich die Herr- 
schaft über Ventimiglia. Honoré II. (1605/62) 
löste sich von der spanischen Oberhoheit, in die 
das Territorium im 15. Jahrh. gekommen war, 
mit französischer Hilfe 1641 los und stellte sich 
unter den Schutz Frankreichs, das eine Garnison 
nach Monaco legte. Zum Ersatz für den Verlust 
der unter Karl V. erworbenen spanischen Lehen 
erhielt der Fürst das Herzogtum Valentinois und 
die französische Pairie, sein Sohn das Marquisat 
Baux. Nach dem Erlöschen des Mannesstammes 
der Grimaldi (1731) mit Anton ging das Fürsten- 
tum auf dessen Schwiegersohn Jakob Franz Leonor 
Goyon de Matignon, Grafen von Thorigny, und 
seinen Sohn Honoré III. (1731/95) über. 1793 
wurde Monaco mit Frankreich vereinigt, 1814 
jedoch wieder an Honoré IV. (1814/19) zurück-
	        
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