Full text: Staatslexikon. Dritter Band: Kaperei bis Paßwesen. (3)

1189 
gegeben und unter den Schutz des Königreichs 
Sardinien gestellt. Dieses erkannte 8. Nov. 1817 
die Souveränität des Fürsten an, behielt sich aber 
das Recht der militärischen Besetzung der Stadt 
vor. Als 1848 die französische Revolution aus- 
brach, oktroyierte Florestan (1819/56) eine Ver- 
fassung mit 2 Kammern; doch am 1. März er- 
klärten sich Mentone und Roccabruna als freie 
Städte, und Sardinien benutzte diese Wirren, um 
in beide Orte eine Besatzung zu legen, die erst 
1859 wegen des Kampfes mit Osterreich zurück- 
gezogen wurde. Eine am 4. April gewählte Kam- 
mer genehmigte am 30. eine Verfassung, die aber 
nicht zur Ausführung kam. Nach dem Vertrag 
von Turin (14. März 1860) erklärten sich Men- 
tone und Roccabruna durch Volksabstimmung 
für Frankreich, und Fürst Karl III. (1856 bis 
1889) trat beide Orte 1861 gegen eine Ent- 
schädigung von 4 Mill. Franken an Frankreich ab. 
Ihm folgte 1889 sein Sohn Albert I. (geboren 
13. Nov. 1848); aus seiner ersten Ehe mit Lady 
Mary Douglas-Hamilton, die 1880 für ungültig 
erklärt wurde, stammt der am 12. Juli 1870 ge- 
borene Erbprinz Louis; auch die zweite Ehe 
(1889) mit Alice, verwitwete Herzogin von Ri- 
chelieu, geborene Heine, wurde 1902 gerichtlich 
geschieden. Vgl. seine Autobiographie Carrière 
d’un navigateur (Paris 21905, auch deutsch). 
2. Staatswesen usw. Das Fürstentum 
Monaco, der kleinste, aber am dichtesten bevölkerte 
Staat Europas, umfaßt seit 1861 nur mehr einen 
schmalen, ganz vom französischen Departement 
Alpes-Maritimes umschlossenen Küstenstreifen mit 
den drei Städten Monaco, Condamine und Monte 
Carlo; 1,5 qkm mit insgesamt 19 120 meist 
katholischen, teils französischen teils italienischen 
Einwohnern. In dem sehr milden Klima ge- 
deihen Palmen, Oliven, Zitronen, Orangen 
und andere Südfrüchte, die neben den Erzeugnissen 
der Industrie (Parfums, Liköre, künstlerisch ge- 
arbeitete Töpferwaren) zur Ausfuhr kommen; von 
großer Bedeutung für Monaco ist der Fremden- 
verhr, besonders wegen der Spielbank in Monte 
arlo. 
Das Fürstentum ist eine absolute, unter dem 
Schutze Frankreichs stehende Monarchie. Die 
Thronfolge geschieht nach dem Rechte der Erst- 
geburt und geht nach dem Erlöschen des Mannes- 
stammes auf die weibliche Nachkommenschaft über. 
Die obersten Behörden sind der Regierungsrat 
(10. Juli 1909 geschaffen; 4 Mitglieder), dessen 
Vorsitzender Generalgouverneur ist, der General= 
sekretär und der Staatsrat (5 Mitglieder, Vor- 
sitzender der Generalsekretär). Der Gemeinderat 
der Stadt Monaco besteht aus 21 vom Fürsten 
ernannten Mitgliedern (Bürgermeister, Beigeord- 
nete und Räte). In kirchlicher Beziehung gehörte 
Monaco bis 1868 zur Diözese Nizza; durch 
Konsistorialdekret vom 30. April 1868 wurde es 
als exemte Abtei nullius errichtet und 15. März 
1887 zum unmittelbaren Bistum erhoben. 1908 
Monarchie. 
  
1190 
zählte es 4 Pfarreien, 9 Kirchen, 5 männliche und 
7 weibliche religiöse Genossenschaften. Die Rechts- 
pflege wird durch ein Friedensgericht, ein Ober= 
tribunal und den Kassationshof besorgt, dessen 
vom Fürsten aus den pensionierten höheren fran- 
zösischen Juristen ernannten Mitglieder sich im 
Frühjahr in Monaco versammeln. Angelegen- 
heiten und Beschwerden, an denen Ausländer be- 
teiligt sind oder die während des Spiels auf- 
tauchen, werden von den Polizeikommissären 
„außergerichtlich“, d. h. ganz willkürlich entschie- 
den. Der Unterricht ist fast ganz in geistlichen 
Händen (Colléges der Jesuiten und Franziskaner, 
derchristlichen Schulbrüder, Pensionate der Damen 
von St-Maur usw.); von den wissenschaftlichen 
Instituten genießt das vom Fürsten 1899 ge- 
gründete Ozeanographische Museum großen Ruf. 
Die bewaffnete Macht besteht aus 27 Offizieren 
und 96 Mann. — Die Ausgaben des Staates 
(für Zivilliste, Polizei, Gerichtspflege, Bistum, 
Schulen) werden, da seit 1869 alle unmittelbaren 
Steuern und Abgaben aufgehoben sind, größten- 
teils von der 1856 gegründeten Spielbank gedeckt. 
Der Fürst bezieht von dieser als jährliche Konzes- 
sionsgebühr 1250 000 Franken und besitzt außer- 
dem 5000 Stück Aktien (Nominalwert à 500 
Franken) der neuen, 1883 gegründeten Aktien- 
gesellschaft, deren Privileg einstweilen bis 1943 
verlängert wurde. 
Mit Frankreich besteht seit 1865 Zollunion; 
dieses verwaltet auch die Landespolizei, die Eisen- 
bahn (Linie Marseille-Mentone) und die Post, 
doch besitzt Monaco eigne Briefmarken. Fran- 
zösische und italienische Münzen sind im Umlauf; 
an eignen Münzen besitzt das Fürstentum Gold- 
stücke im Werte von 100 Franken, die in der staat- 
lichen Münze Frankreichs geprägt werden. Maße 
und Gewichte sind die metrischen. 
Die Landesfarben sind Rot und Weiß, die 
Flagge ist weiß mit gekröntem, senkrecht rot und 
weiß gewecktem Wappenschild. Deutschland ist 
diplomatisch durch den Konsul in Nizza vertreten. 
Literatur. Metivier, M. et ses princes 
(2 Bde, La Fleche 1862/65); Schaeffer, Les insti- 
tutions et les lois de la principauté de M. (Par. 
1875); Boyer de Sainte-Suzanne, La principauté 
de M. (Par. 1884); Saige, Documents historiques 
relatifs à la principauté de M. depuis le XVe 
sièche (3 Bde, ebd. 1888/91); derf., M., ses ori- 
gines et son histoire (ebd. 1898); derf., Docu- 
ments historiques relatifs à M., et à la Maison 
de Grimaldi antérieurement au XV siècle (I Par. 
1900, II in Vorbereitung); France, Au pays de 
cocagne. Principauté de M. (ebd. 1901); Korch- 
maros de Kisunyom, Monte Carlo u. seine Spiel- 
säle (1906); Izard, L'histoire SCconomique de la 
principauté de M. (M. 1907); Bulletin réligieux 
du diocese de M. (ebd. 1907); amtliches Organ das 
Annuaire de M. LLins.] 
Monarchie. LBegriff und Ursprung; Ver- 
schiedene Formen; Rechtliche Grundlage der Mon- 
archie; Vorzüge der monarchischen Verfassung; 
38“
	        
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