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mittel eines ausgedehnten Gebietes gestützt, kann
er durch den Reichtum und die Pracht seines Hof-
staates imponieren. Verlangt sonach die Mon-
archie eine gewisse räumliche Größe des Staates,
so kommen nun auch in großen Staaten ihre Vor-
züge zu deutlicherer Geltung. In der Monarchie
besitzt die Einheit des Staatswesens ihre Ver-
körperung in der Person des Monarchen. Das
hat nicht bloß symbolische Bedeutung. Der Mon-
arch repräsentiert nicht nur das Staatsganze nach
innen und außen, sondern indem er die Macht
des Staates in seiner Person vereinigt, steigert
sich naturgemäß diese Macht und steigert sich die
Leichtigkeit ihrer Verwendung. Der Regierungs-
apparat großer republikanischer Staaten wird in
der Regel weit schwieriger zu handhaben sein als
der von monarchischen, wo alles in eine einheitliche
Spitze zusammenläuft und ein einheitlicher Wille
vom Zentrum aus alle Organe gleichsam mit
einem Schlage in Bewegung zu setzen vermag.
In jedem Geschäfte wächst der Erfolg mit der
Einheitlichkeit des Betriebes. In der Stufenleiter
der lebenden Wesen bemessen wir die zunehmende
Vollkommenheit an der zunehmenden Arbeits-
teilung, der Uberweisung verschiedener Funktionen
an gesonderte Organe. Der monarchische Staat
besitzt in der Person des Staatsoberhauptes ein
einheitliches Organ für die oberste Leitung der
staatlichen Geschäfte; ihm allein steht diese Funk-
tion zu, alle andern Organe sind nur in Unter-
ordnung unter ihn tätig. Das vielberufene Wort
Ludwigs XIV.: L'Etat c'est moi!l bedeutete im
Munde des Sprechers eine vollkommene Um-
kehrung des allein richtigen Verhältnisses; aber
es läßt sich demselben auch ein guter Sinn abge-
winnen: im monarchischen Staat ist der König
ganz und gar da für den Staat; seine Interessen
sind die des Staates, mit dem Wohlstande und
der Macht desselben steigert sich der Glanz, der
seine Person umgibt, mit der Befriedigung der
Staatsbürger erhöht sich das Glück seines eignen
Lebens. In der erblichen Monarchie reicht diese
innige Verkettung der Interessen von Fürst und
Staat über das Leben des einzelnen Herrschers
hinaus. Die Fürsorge für die dauernde Wohl-
fahrt des Staates deckt sich hier mit dem echt
menschlichen Bestreben, das Glück der eignen Nach-
kommen zu sichern. Kein Mitglied einer ange-
stammten Dynastie wird bei gesunden Sinnen den
Satz: „Nach mir die Sündflut!“ zur Maxime
seiner Regierungshandlungen machen.
Damit hängt die größere Stetigkeit zusam-
men, welche das öffentliche Leben in einem mon-
archischen Staate der Negel nach aufweist. In
einer demokratischen Republik pflegt die periodisch
wiederkehrende Wahl des Präsidenten oder des
gesetzgebenden Körpers das ganze Land bis in
seine untersten Tiefen aufzuwühlen; ihr Ergebnis
kann möglicherweise zu einer völligen Umgestal-
tung aller Verhältnisse führen. Auch im mon-
archischen Staat hat der Thronwechsel nicht selten
Monarchie.
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einen Wechsel der Politik nach sich gezogen, aber
derselbe beschränkte sich der Natur der Sache nach
immer nur auf einzelne Gebiete; die eigentlichen
Grundpfeiler des staatlichen Gebäudes, blieben un-
angetastet; ihre Erschütterung würde zuallererst
die monarchische Spitze in Gefahr bringen. Im
eignen Interesse wie in dem seiner Nachkommen
wird der neue Regent sich vor Maßregeln zu hüten
haben, durch welche eines der festesten Bande
monarchischer Institutionen, die Gewöhnung an
das Hergebrachte, ohne Not würde gelockert wer-
den. Tatkraft und Unternehmungslust eines jungen
Herrschers können dadurch unter Umständen auf
eine harte Probe gestellt werden. Auch wer an
den Stufen eines Thrones geboren wurde, ist da-
durch nicht gegen den gewöhnlichen Fehler der
Jugend gefeit, den Weg der eignen, noch nicht
an der Sonne des Lebens gereiften Ideen zu über-
schätzen. Schlimmer noch, wenn er die Höhe des
Standpunktes, auf den die ererbte Würde ihn ge-
stellt hat, verwechseln sollte mit einem gesteigerten
Maße eigner Einsicht und Urteilsschärfe.
Der Hauptvorzug der Monarchie liegt darin,
daß in ihr das Staatsoberhaupt in eine Sphäre
erhoben ist, welche dasselbe jedem Widerstreit der
Klasseninteressen, jeder Eifersucht der Parteien und
jedem Ehrgeiz politischer Streber entrückt. Der
Monarch als solcher gehört keiner Klasse an, jener
der Grundbesitzer und Industrieunternehmer so
wenig wie jener der Kaufleute oder Arbeiter. Auch
wenn sein Privatvermögen in landwirtschaftlichen
oder industriellen Werten angelegt ist, verschlägt
dies dagegen nichts; seine Stellung als König
wird nicht durch den größeren oder geringeren
Ertrag seiner Güter bedingt, welcher zudem in der
Regel weit hinter dem ihm als König zustehenden
Einkommen zurückbleiben wird. Nur der Gewinst
im Börsenspiel könnte auch für einen König ver-
lockend sein, die Beteiligung eines Monarchen an
demselben aber würde unrettbar den Untergang
der Monarchie zur Folge haben. So wird in
Zeiten ausgebildeter Klassengegensätze und Klassen-
kämpfe die Monarchie am leichtesten unpartei-
lich sein und für unparteilich gelten. Viel eher
wird es in einer Republik geschehen, daß ein ein-
zelner übermächtiger Stand die Gesetzgebung in
egoistischer Weise handhabt und das ganze Land
den eignen Interessen dienstbar macht. Wo ein
Monarch in die Klassenkämpfe eingreift, wird er
es immer als seine erste Aufgabe ansehen, die
Interessen der wirtschaftlich Schwachen zu schützen;
denn er ist stark genug, auch die wirtschaftlich
Stärksten im Staate nicht fürchten zu müssen.
In einer demokratischen Republik sodann gibt es
keine staatliche Stellung, welche grundsätzlich der
Bewerbung der Bürger entzogen wäre, auf welche
sich daher der Ehrgeiz nicht richten, die er nicht
mit allen Mitteln der Parteiagitation und Volks-
verführung, der Intrige und Bestechung zu er-
ringen trachten könnte. So achtenswert im übrigen
das Beispiel Nordamerikas die republikanischen