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das Echo ihres Akzentes; ihr Eindruck bleibt tief,
warm, nachhaltig, voll Leben. Wir glauben, das
rührt von ihrer Inspiration, noch mehr von ihrem
meditativen Charakter und einer kaum glaublichen
Energie der Arbeit her, welche seine hohe natür-
liche Begabung befruchtete und auch bei den ge-
ringsten Leistungen sich geltend machte. „Seine
Arbeitsweise“, sagt D. Cochin, „glich jener der
Weinlese. Hatte er die größtmögliche Anzahl von
Tatsachen, Ideen, Belehrungen nach langem
Forschen, Ausscheiden, Trennen und Bearbeiten
vor sich, dann sammelte er wie der Weinbauer
alles in seine Traubenkörbe, nahm eine genaue
Gruppierung, dann eine Auswahl des Besten vor
und ging erst zur Kelter nach abermaliger Auswahl
und Prüfung.“ Alles bei ihm, das Pathos, die
Entrüstung, die Ironie, war die spontane Frucht
langer, geduldiger, immer wieder erneuter Arbeit;
er war wie ein guter Feldherr auf alle Zufälle vor-
bereitet und verzieh sich nie, auch den kleinsten über-
sehen zu haben. Daher das Glückliche, Treffende,
Sieghafte seiner Improvisation. Hier wie bei
seiner schriftstellerischen Konzeption und Arbeit
haßte er nichts so sehr als jene inanis et irri-
denda volubilitas (Cicero), an der der heutige
Parlamentarismus krankt. Als die besten Mittel
zur Vorbereitung auf seine Reden diente ihm neben
dem lebenslänglichen Studium der Politik und
ihrer Hilfswissenschaften das stets bevorzugte Stu-
dium der Geschichte, besonders der mittleren Zeit.
Literatur. Neben den Lettres à un ami de
Collége (s. oben; Auszüge bei E. Speil, Aus M.3
Jugendleben, 1876), der Histoire de sainte Elisa-
beth de Hongrie (deutsch von J. Ph. Städtler,
1837) sei hingewiesen auf seine klassisch schöne Ge-
schichte des Benediktinerordens bis auf Bedas des
Ehrwürdigen Zeit (Les Moines d’Occident depuis
saint Benoit jusqu’'à saint Bernard. 5 Bde, Par.
51874), dazu ein VI. u. VII. Bd (hrsg. von Aure-
lien de Courson, ebd. 1877) bis auf die Zeit Ka-
lixt' II. (deutsch von P. K. Brandes O. S. B u. J.
Müller, 7 Bde, 1860/78; Bd Iu. II 21880/85).
Das Buch ist apologetisch (Einleitung) wie histo-
risch die bedeutendste Rechtfertigung des monasti-
schen Ordenslebens trotz der nicht seltenen An-
spielungen auf die moderne Politik. Außerdem
sind sehr beachtenswert die kleineren historischen
Arbeiten über St Anselm (1844, jetzt im VII. Bde
der Moines), über Madame de Maintenon (1849),
Saint-Simon (1856), Mademeoiselle de Melun
(1855), die neben den literarischen Arbeiten über
Novalis (1831) u. Victor Hugos Notre-Dame de
Paris (1831), den nekrologischen Artikeln über H.
de Merode, de Tascher u. de Norfolk u. den gesam-
melten Aufsätzen über die christliche Kunst von
1839/54 nebst den (fünf) Reden M.8 in den Pairs-
kammern über Kunst (12. Mai 1840 bis 26. Julie
1847) in den Mélanges d’Art et de Littérature
(Par. 1861; Euvres de M. VI) gesammelt sind.
In den (Euvres (Par. 1860/68, Lecoffre, 9 Bde)
finden sich alle übrigen oben erwähnten Schriften
u. Reden, letztere in der schönen, von Vicomte de
Meaux besorgten zweiten Ausgabe (3 Bde, 1892);
daneben die Euvres polémiques et diverses
Montenegro.
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(3 Bde, 1860 f). — Hinsichtlich der biographischen
Literatur sei noch verwiesen auf Mrs Olyphant
Memoir of Count de M. (2 Bde, Edinburgh 1872),
die kleinen Biographien von Mme Craven (1878),
Foisset (1880), Hoffmann (deutsch, Mannh. 1876),
de Gaillard (1870), Henry de Riancey (1860), be-
sonders auf Lecannet (3 Bde, 1896/1902), alle zu
Paris, u. de Haulleville (Revue générale, Brüssel
1876). [Weinand.]
Montenegro. 1. Geschichte. Als zu
Beginn des 7. Jahrh. Dalmatien und Nord-
albanien von den Serben besetzt wurden, entstand
im heutigen Montenegro ein serbisches Fürsten-
tum Zeta, das in losem Abhängigkeitsverhältnis
zum serbischen Reiche stand und nach dessen Unter-
gang (1389) sich unter den Dynastien Balsa und
Crnojevic gegen die Türken behauptete. 1485
erscheint erstmals der Name Montenegro oder
Crnagora. Als die Türken zu siegen schienen,
dankte Georg V. Crnojevic 1516 zugunsten des
Bischofs und Klostervorstehers (Vladika) von Ce-
tinje ab; dieser war fortan kirchliches und welt-
liches Oberhaupt, ernannte aber für die Krieg-
führung und Rechtsprechung einen weltlichen Gu-
bernator. Seit etwa 1530 mußte Montenegro
dem Sandschak Skodra Tribut zahlen, blieb jedoch
im Innern selbständig und stand oft im Kriege
mit den Türken, wobei es manchmal von Venedig
mit Waffen und Getreide unterstützt wurde. Da-
nilo Petrovic Njegos (1697/1735) machte die
Vladikawürde 1711 erblich, so daß fortan immer
der Bruder oder Neffe dem (unverehelichten)
Vladika in der Herrschaft folgten, und knüpfte
das seither nicht mehr unterbrochene Freund-
schaftsverhältnis zu Rußland an; Montenegro
nahm auch an den russisch-türkischen Kriegen unter
Katharina II. und Alexander I. teil, ging aber
bei den Friedensschlüssen stets leer aus.
Danilo I. (1851/60) verwandelte Montenegro
1852 mit Zustimmung Österreichs und Ruß-
lands in ein weltliches Fürstentum. Der Sultan
verweigerte die Anerkennung und suchte seine
Herrscherrechte über Montenegro mit Gewalt gel-
tend zu machen, berief jedoch auf Vermittlung
Osterreichs die bereits vor Montenegro stehende
Armee unter Osman Pascha wieder ab; zum
Dank dafür blieb Montenegro im Krimkrieg neu-
tral. Als die Türken 1858 ohne Kriegserklärung
über Montenegro herfielen, erzwangen Frankreich
und Rußland eine Konferenz in Konstantinopel,
nach deren Beschluß die Türkei an Montenegro
die Distrikte Grahovo, Rudina und Lupa ab-
treten mußte. — Als Danilo 1860 erschossen
wurde, folgte ihm sein Neffe Nikolaus I. (geb.
1841), der neben der kulturellen Hebung seines
Volkes in den ersten Jahrzehnten seiner Regie-
rung vor allem das Ziel verfolgte, dem Serben-
tum die Hoffnung auf den künftigen großserbi-
schen Staat lebendig zu erhalten. 1861 nahm
Montenegro am Aufstand der serbischen Stammes-
verwandten in der Hercegovina teil, mußte aber