Full text: Staatslexikon. Dritter Band: Kaperei bis Paßwesen. (3)

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das Echo ihres Akzentes; ihr Eindruck bleibt tief, 
warm, nachhaltig, voll Leben. Wir glauben, das 
rührt von ihrer Inspiration, noch mehr von ihrem 
meditativen Charakter und einer kaum glaublichen 
Energie der Arbeit her, welche seine hohe natür- 
liche Begabung befruchtete und auch bei den ge- 
ringsten Leistungen sich geltend machte. „Seine 
Arbeitsweise“, sagt D. Cochin, „glich jener der 
Weinlese. Hatte er die größtmögliche Anzahl von 
Tatsachen, Ideen, Belehrungen nach langem 
Forschen, Ausscheiden, Trennen und Bearbeiten 
vor sich, dann sammelte er wie der Weinbauer 
alles in seine Traubenkörbe, nahm eine genaue 
Gruppierung, dann eine Auswahl des Besten vor 
und ging erst zur Kelter nach abermaliger Auswahl 
und Prüfung.“ Alles bei ihm, das Pathos, die 
Entrüstung, die Ironie, war die spontane Frucht 
langer, geduldiger, immer wieder erneuter Arbeit; 
er war wie ein guter Feldherr auf alle Zufälle vor- 
bereitet und verzieh sich nie, auch den kleinsten über- 
sehen zu haben. Daher das Glückliche, Treffende, 
Sieghafte seiner Improvisation. Hier wie bei 
seiner schriftstellerischen Konzeption und Arbeit 
haßte er nichts so sehr als jene inanis et irri- 
denda volubilitas (Cicero), an der der heutige 
Parlamentarismus krankt. Als die besten Mittel 
zur Vorbereitung auf seine Reden diente ihm neben 
dem lebenslänglichen Studium der Politik und 
ihrer Hilfswissenschaften das stets bevorzugte Stu- 
dium der Geschichte, besonders der mittleren Zeit. 
Literatur. Neben den Lettres à un ami de 
Collége (s. oben; Auszüge bei E. Speil, Aus M.3 
Jugendleben, 1876), der Histoire de sainte Elisa- 
beth de Hongrie (deutsch von J. Ph. Städtler, 
1837) sei hingewiesen auf seine klassisch schöne Ge- 
schichte des Benediktinerordens bis auf Bedas des 
Ehrwürdigen Zeit (Les Moines d’Occident depuis 
saint Benoit jusqu’'à saint Bernard. 5 Bde, Par. 
51874), dazu ein VI. u. VII. Bd (hrsg. von Aure- 
lien de Courson, ebd. 1877) bis auf die Zeit Ka- 
lixt' II. (deutsch von P. K. Brandes O. S. B u. J. 
Müller, 7 Bde, 1860/78; Bd Iu. II 21880/85). 
Das Buch ist apologetisch (Einleitung) wie histo- 
risch die bedeutendste Rechtfertigung des monasti- 
schen Ordenslebens trotz der nicht seltenen An- 
spielungen auf die moderne Politik. Außerdem 
sind sehr beachtenswert die kleineren historischen 
Arbeiten über St Anselm (1844, jetzt im VII. Bde 
der Moines), über Madame de Maintenon (1849), 
Saint-Simon (1856), Mademeoiselle de Melun 
(1855), die neben den literarischen Arbeiten über 
Novalis (1831) u. Victor Hugos Notre-Dame de 
Paris (1831), den nekrologischen Artikeln über H. 
de Merode, de Tascher u. de Norfolk u. den gesam- 
melten Aufsätzen über die christliche Kunst von 
1839/54 nebst den (fünf) Reden M.8 in den Pairs- 
kammern über Kunst (12. Mai 1840 bis 26. Julie 
1847) in den Mélanges d’Art et de Littérature 
(Par. 1861; Euvres de M. VI) gesammelt sind. 
In den (Euvres (Par. 1860/68, Lecoffre, 9 Bde) 
finden sich alle übrigen oben erwähnten Schriften 
u. Reden, letztere in der schönen, von Vicomte de 
Meaux besorgten zweiten Ausgabe (3 Bde, 1892); 
daneben die Euvres polémiques et diverses 
  
Montenegro. 
  
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(3 Bde, 1860 f). — Hinsichtlich der biographischen 
Literatur sei noch verwiesen auf Mrs Olyphant 
Memoir of Count de M. (2 Bde, Edinburgh 1872), 
die kleinen Biographien von Mme Craven (1878), 
Foisset (1880), Hoffmann (deutsch, Mannh. 1876), 
de Gaillard (1870), Henry de Riancey (1860), be- 
sonders auf Lecannet (3 Bde, 1896/1902), alle zu 
Paris, u. de Haulleville (Revue générale, Brüssel 
1876). [Weinand.] 
Montenegro. 1. Geschichte. Als zu 
Beginn des 7. Jahrh. Dalmatien und Nord- 
albanien von den Serben besetzt wurden, entstand 
im heutigen Montenegro ein serbisches Fürsten- 
tum Zeta, das in losem Abhängigkeitsverhältnis 
zum serbischen Reiche stand und nach dessen Unter- 
gang (1389) sich unter den Dynastien Balsa und 
Crnojevic gegen die Türken behauptete. 1485 
erscheint erstmals der Name Montenegro oder 
Crnagora. Als die Türken zu siegen schienen, 
dankte Georg V. Crnojevic 1516 zugunsten des 
Bischofs und Klostervorstehers (Vladika) von Ce- 
tinje ab; dieser war fortan kirchliches und welt- 
liches Oberhaupt, ernannte aber für die Krieg- 
führung und Rechtsprechung einen weltlichen Gu- 
bernator. Seit etwa 1530 mußte Montenegro 
dem Sandschak Skodra Tribut zahlen, blieb jedoch 
im Innern selbständig und stand oft im Kriege 
mit den Türken, wobei es manchmal von Venedig 
mit Waffen und Getreide unterstützt wurde. Da- 
nilo Petrovic Njegos (1697/1735) machte die 
Vladikawürde 1711 erblich, so daß fortan immer 
der Bruder oder Neffe dem (unverehelichten) 
Vladika in der Herrschaft folgten, und knüpfte 
das seither nicht mehr unterbrochene Freund- 
schaftsverhältnis zu Rußland an; Montenegro 
nahm auch an den russisch-türkischen Kriegen unter 
Katharina II. und Alexander I. teil, ging aber 
bei den Friedensschlüssen stets leer aus. 
Danilo I. (1851/60) verwandelte Montenegro 
1852 mit Zustimmung Österreichs und Ruß- 
lands in ein weltliches Fürstentum. Der Sultan 
verweigerte die Anerkennung und suchte seine 
Herrscherrechte über Montenegro mit Gewalt gel- 
tend zu machen, berief jedoch auf Vermittlung 
Osterreichs die bereits vor Montenegro stehende 
Armee unter Osman Pascha wieder ab; zum 
Dank dafür blieb Montenegro im Krimkrieg neu- 
tral. Als die Türken 1858 ohne Kriegserklärung 
über Montenegro herfielen, erzwangen Frankreich 
und Rußland eine Konferenz in Konstantinopel, 
nach deren Beschluß die Türkei an Montenegro 
die Distrikte Grahovo, Rudina und Lupa ab- 
treten mußte. — Als Danilo 1860 erschossen 
wurde, folgte ihm sein Neffe Nikolaus I. (geb. 
1841), der neben der kulturellen Hebung seines 
Volkes in den ersten Jahrzehnten seiner Regie- 
rung vor allem das Ziel verfolgte, dem Serben- 
tum die Hoffnung auf den künftigen großserbi- 
schen Staat lebendig zu erhalten. 1861 nahm 
Montenegro am Aufstand der serbischen Stammes- 
verwandten in der Hercegovina teil, mußte aber
	        
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