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auch für die Ausfuhr. Der Wald (Eiche, Rotbuche,
Schwarzkiefer, Tannen usw.), der bei dem Mangel
an Mineralschätzen zu den bedeutendsten natür-
lichen Reichtümern des Landes gehört (hauptsäch-
lich im Norden und Osten), ist wegen des Mangels
an Verkehrswegen zur Zeit ohne großen Wert.
Industrielle Unternehmungen fehlen fast gänzlich;
die geringe gewerbliche Tätigkeit liegt vielfach in
den Händen von Fremden, meist Albanesen; als
Hausindustrie wird Weberei von groben Woll-
waren und Herstellung von Zigaretten betrieben.
Der auswärtige Handelsverkehr weist eine lang-
same, aber stete Steigerung auf. An der Einfuhr
(1907: 6259 890 österreichische Kronen) sind fast
ausschließlich Osterreich-Ungarn (57%; Baum-
wollwaren, Seife, Zucker, Spirituosen und Ge-
tränke), Italien (Feigen, Kastanien und Wein),
Großbritannien (Baumwollwaren und Flanell)
und die Türkei beteiligt; die Ausfuhr (1338264)
besteht aus Tieren und tierischen Produkten,
Fischen, Käse, Sumach, Bauholz. Wein und Obst
(88% gingen nach Osterreich-Ungarn). — Die
Handelsflotte bestand 1909 aus 28 Segelschiffen
von zusammen 52438 Registertonnen. Der Verkehr
ist durch die Natur des Landes äußerst erschwert,
indes sind die Wege und Straßen der Haupt-
routen in gutem Zustande; die erste Eisenbahn des
Landes wurde 1908 vom Hafen Antivari aus nach
Virpasar am Skutarisee eröffnet (18 km). —
1905 bestanden 21 Post= und 24 Telegraphen-
bureaus. Die Länge der Telegraphenlinien be-
trug 850 km. — Außer einheimischem Nickel= und
Kupfergeld zirkuliert österreichisches Papier-, Gold=
und Silbergeld; daneben gibt es auch türkische und
russische Münzen; neuerdings sollen 800 000 K
montenegrinischen Silbergelds geprägt werden.
Als Maße und Gewichte sind neben österreichischen
auch türkische im Gebrauch. — Nach dem Budget
von 1907 betrugen die Ausgaben 2,89 Mill. K
(Zivilliste und Apanagen 189 600, öffentliche
Schuld 727000, Inneres 581.000, Finanzen
449 000, Krieg 100 000 K usw.), die Einnahmen
2,98 Mill. K österr. W. letztere fließen besonders
aus den hohen Eingangszöllen (665.000), die bis
zu 10% des Wertes erhoben werden, den Mono-
polen (Salz, Tabak und Petroleum, 680 000)
und der Grundsteuer (807 000); das Tabak-
monopol ist seit 1903 an ein italienisches Syndikat
verpachtet. Die Staatsschuld beträgt 1657 192 K.
— Landesfarben sind Rot-Blau-Weiß. Die
Flagge ist wagerecht dreimal von Rot, Blau und
Weiß geteilt und trägt im blauen Streifen in Rot
die Initialen H. I. unter einer Krone. An Orden
bestehen der Danilo-Orden der czernagorischen
Unabhängigkeit und der St Petrusorden, ferner
drei Medaillen.
Literatur. Geschichte: Andrié, Geschichte
(1853); Lenormant, Turcs et Monténégrins (Par.
1866); Denton, M., People and Hist. (Lond.
1877); Maton, Hist. (Avesnes (1877); Coquelle,
Hist. du M. et de la Bosnie (Par. 1895); Cap-
Montesquien.
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pelleti, I1 M. ed i suoi principi (Livorno 1896);
M. u. sein Herrscherhaus (deutsch 1906). — Volk,
Staatswesen usw.: Die ältere Literatur ist
verzeichnet u. teilweise gewürdigt bei Hassert, Bei-
träge zur physischen Geographie von M. (1895)
1/13. — Schwarz, M. (1883, 7 1888); Hassert,
Reise durch M. nebst Bemerkungen über Land u.
Leute (1893); Martini, II M. (Rom 1897); Cagni,
Dieci giorni al M. (ebd. 1899); Mac Swiney de
Mashanaglaß, Le M. et la St-Siége (ebd. 1902);
Woyon u. Prance, The Land of the Black Moun-
tains (Lond. 1903); L. Passarge, Dalmatien u. M.
(1904); Rovinsky, M. in Vergangenheit u. Gegen-
wart (St Petersb. 1905, russisch); Pagliano, La
Costituzione del M. (Rom 1906); A. Nolte, Essai
sur le M. (Par. 1907); Bubenikek, Durch M. (1907);
Rottmann, Die Armeen Serbiens u. M.8 (1909);
J. Schön, Montenegrinische Kriegführung u. Taktik
(1909). 1. Knupfer, 2.—4. Lins.)
Montesquien. Charles de Secondat,
Baron de la Brede et de Montesquien, der ge-
feiertste politische Publizist der beginnenden Auf-
klärungs= und Revolutionsepoche (1689/1755).
[Bildungsgang; Frühe Geistesrichtung; Let-
tres persanes; Französische Gesellschaftszustände;
Zweideutige Stellung; Die Parlamente; Studien
über Altrom; ihre Bedeutung; Kritik; Esprit des
Lois; Fehler der Rechtsauffassung und Bearbei-
tung; Vorkämpfer der konstitutionellen Monarchie?
Gurlihe Bedeutung; Die letzten Jahre; Das
nde.]
Montesquien wurde geboren am 18. Jan. 1689
auf Schloß Brede (bei Bordeaux) in einer an-
gesehenen, begüterten Familie des gasconischen
Magistraturadels. Weder seine Erziehung noch
sein persönlicher Charakter noch seine öffentliche
Lebensstellung ließen ahnen, daß er eines der
schlimmsten Werkzeuge zum Sturze der christlichen
und monarchischen Institutionen seines Vater-
landes werden sollte, der genau ein Jahrhundert
später sich vollzog. Seine Zeit und Umgebung,
seine Charakterschwäche machten ihn dazu, weniger
sein Bildungsgang. Er ererbte von seiner
Familie die Liebe zur Zurückgezogenheit und Un-
abhängigkeit des Landlebens, die ihn, zumal in
späteren Jahren, das Leben auf dem väterlichen
Schlosse und in dessen engster Umgebung dem
Aufenthalte in Paris immer wieder vorziehen ließ,
den Sinn selbständiger, sparsamer Vermögens-
verwaltung, welche ihm ein ungestörtes, freies
Studienleben ermöglichte, und eine Liebe zur Be-
schäftigung mit der Literatur, die er immer als
das größte Glück seines Lebens pries. Bald nach
Vollendung seiner Ausbildung durch die Ora-
torianer zu Juilly (1700/11) wurde er Rat beim
Parlamente zu Bordeaux (1714) und schon zwei
Jahre später dessen Erbpräsident, eine Würde,
die er nach zehn Jahren verkaufte, um sich ganz
den Liebhabereien seines inzwischen mehr und
mehr entwickelten enzyklopädischen Studienlebens
zu widmen.
Einen bestimmenden Einfluß auf seine Arbeits-
methode und spätere Geistesrichtung übte