Full text: Staatslexikon. Dritter Band: Kaperei bis Paßwesen. (3)

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der Apostel“ zeigt, in welcher die Bischöfe und 
Diakonen als etwas Neues aufzutreten scheinen. 
Irenäus und Tertullian betonen namentlich die 
apostolische Sukzession, und nach Cyprian suc- 
cedunt episcopi Apostolis vicaria ordina- 
tione. Damit war das Episkopalsystem ausge- 
bildet. Augustinus hat die Parallele zwischen der 
Ordination und der Taufe mit dem character 
indelebilis gezogen. Die Frage über das ur- 
sprüngliche Verhältnis von Episkopat und Pres- 
byterat wurde verschieden beantwortet, aber die 
superiore Stellung des Bischofs, der ursprünglich 
allein Verwalter der Sakramente und Leiter der 
Kirche war, wurde anerkannt (Epiphanius gegen 
Arius; Hieronymus. Vgl. Dunin-Borkopki, 
Die neueren Forschungen über die Anfänge des 
Episkopats (1900)). 
Die Presbyter werden in der Apostel- 
geschichte (11, 30; 15, 2. 4. 6. 22. 23; 21, 18). 
im Jakobusbrief (5, 14), im ersten Petrusbrief 
(5, 1; vgl. 2 u. 3 Joh. 1) und in den Pastoral- 
briefen in einer Weise genannt, daß sie nicht 
lediglich als die „Altesten“ betrachtet werden 
können. Die Weihe wird nicht von der Weihe der 
Bischöfe (Handauflegung) unterschieden und dürfte 
auch in der Einsetzung der „Hirten und Lehrer“ 
(1 Kor. 12, 28. Eph. 4, 11) erkannt werden. 
Jedenfalls treten sie in der apostolischen Zeit und 
noch später hinter den Bischöfen und ihren Ge- 
hilfen, den Diakonen, zurück. Klemens von Rom 
(1 Cor. 40) und der Pastor Hermä (Vis. 3, 5) 
kennen die dreistufige Hierarchie (Apostel, Bi- 
schöfe, Lehrer, Diakonen; Apostel, Bischöfe, Pres- 
byter, Diakonen). Bei Ignatius stehen Bischof 
und Presbyterium, Presbyter nebeneinander. Er 
zuerkennt auch den Presbytern die Gewalt, das 
Opfer darzubringen (Smyrn. 8). Die zunächst 
zur Armenpflege aufgestellten Diakonen (Apg. 
6, 1/6) haben lange, selbst der Siebenzahl nach, 
in den ordinierten Diakonen der Kirche ihre Nach- 
folger erhalten. 
IV. Merkmale. Die Lehre von der Kirche 
gehört dem Gebiet des Glaubens an. Die Kirche 
mußte aber als sichtbare Gemeinschaft ihre Berech- 
tigung gegen Juden und Heiden nachweisen (de- 
monstratio christiana) und dieselbe gegen die 
von ihr abfallenden Schismatiker und Häretiker 
verteidigen (demonstratio catholica). Zu beiden 
Zwecken waren äußere, sichtbare Merkmale der 
Unterscheidung notwendig, um zu zeigen, daß das 
Christentum eine göttliche, und zwar die höchste 
göttliche Offenbarung ist, und daß die katholische 
Kirche die wahre, von Christus gestiftete Kirche 
ist. Die Hauptmerkmale für den ersten Beweis 
bieten Wunder und Weissagungen, die für den 
andern jene sichtbaren Eigenschaften der Kirche, 
aus denen ihr göttlicher Charakter nach dem Rat- 
schluß der göttlichen Weisheit erkannt werden kann: 
Apostolizität, Einheit, Katholizität, Heiligkeit. 
Das apostolische Symbolum hat in der ältesten 
römischen Form das Bekenntnis: Ich glaube eine 
Kirche. 
  
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heilige Kirche. Die Kanones der Synode von 
Nicäa geben die Bezeichnung „katholisch und apo- 
stolisch“ (c. 8), Cyrill von Jerusalem: Ich glaube 
an eine, heilige, katholische Kirche, andere Väter 
fügen „apostolische Kirche“ hinzu. Das Konstan- 
tinopolitanum sagt: an eine, heilige, katholische und 
apostolische Kirche. Diese Bezeichnung ging auch 
in das apostolische Glaubensbekenntnis über und 
wurde zu einem Unterscheidungsmerkmal der Kirche 
(Catech. Rom. I, c. 10, 10 ff). Wenn einzelne 
Theologen mehr Merkmale aufzählten (Bellarmin 
15), so haben sie die vier Merkmale zerlegt oder 
erweitert (ogl. Vatic. sess. III, cap. 3: Ecclesia 
per sSe ipsa, ob suam nempe admirabilem 
propagationem, eximiam sanctitatem et in- 
exhaustam in omnibus bonis foecunditatem, 
ob catholicam unitatem invictamque stabi- 
litatem, magnum quoddam et perpetuum est 
motivum credibilitatis et divinge suae lega- 
tionis testimonium irrefragabile). Die Pro- 
testanten konnten für die unsichtbare Kirche keine 
sichtbaren Merkmale aufstellen und mußten mangels 
der geschichtlichen Kontinuität auf die genannten 
Merkmale verzichten. Gewöhnlich geben sie die 
rechte Predigt des Evangeliums und die rechte Ver- 
waltung der Sakramente an (Conf. 1, 7, p. 11; 
Ap. Cc. 4, a. 5, p. 144), können aber die Be- 
rechtigung nur aus subjektiven Gründen nach- 
weisen. 
Es ist unbestritten, daß die Kirche apostolisch 
sein muß, da Christus die Apostel auserwählt und 
ausgesandt hat. Die unmittelbare Sendung der 
Apostel durch Christus gehört in der Heiligen 
Schrift, obwohl ihr die allgemeine Bedeutung des 
Wortes bekannt ist, wesentlich zum Apostolat und 
verbürgt das Amt und die Unfehlbarkeit der 
Apostel. Die Apostolizität ist aber für die späteren 
Geschlechter nicht nur durch die apostolischen 
Schriften, welche selbst wieder einer Bezeugung 
und Auslegung bedürfen, sondern besonders durch 
die ununterbrochene Fortdauer des apostolischen 
Amtes verbürgt. Die apostolische Sukzession gilt 
schon bei Klemens von Rom als Beweis für die 
Organisation der Kirche und wird von Irenäus, 
Tertullian und andern Apologeten als Schild 
gegen die Umsturzbestrebungen der Gnostiker hoch- 
gehalten. Der Rechtseinwand der Verjährung 
(praescriptio) mußte allen Neuerungen den Boden 
entziehen. Am klarsten ließ sich diese Sukzession 
im römischen Bischofsstuhle nachweisen (Irenäus, 
Tertullian, Hegesipp, Eusebius, Augustinus u. a.), 
mit dem deshalb auch diejenigen Bischöfe, welche 
keine von den Aposteln gegründeten Kirchen haben, 
übereinstimmen müssen, um an der Apostolizität 
teilzunehmen. Dieser ist ja auch der einzige, wel- 
cher bis heute die Sukzession bewahrt hat und nie 
der Häresie zum Opfer gefallen ist. 
Christus hat nur eine Kirche gestiftet, und die 
Apostel haben mit Petrus an der Spitzee diese 
Einheit im Gegensatz zu der nationalen und 
sozialen Zersplitterung der damaligen Welt streng
	        
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