Full text: Staatslexikon. Dritter Band: Kaperei bis Paßwesen. (3)

1345 
(36 Landwehrbezirke) dienen. Die Dienstzeit bei 
der Fahne für ungefähr 11.000 Milizen von dem 
jährlichen Kontingent dauert 8½ Monate bis 
1 Jahr für die Fußtruppen, 2 Jahre für die 
Kavallerie und Feldartillerie. Der Rest wird nur 
auf 4 Monate bei der Fahne behalten und der 
Infanterie, Festungsartillerie und dem Geniedienst 
zugeteilt. Das Landesverteidigungssystem enthält 
1) die neue holländische Wasserlinie an der Vechte 
(Muiden, Utrecht, Vianen, Gorinchem); vor der 
ostwärts gerichteten Front liegt ein 6 km breites, 
nur an zwei Stellen unterbrochenes Inundations- 
gebiet. 2) Die Linie Gorinchem, Willemstad, 
Hellevoetsluis; vor der südwärts gerichteten Front 
der Waal, das Hollandsch Diep und Haringpliet. 
3) Die Stellung von Helder zur Verteidigung 
Nordhollands und des Zuidersees. 4) Die Festung 
Amsterdam mit Fortsgürtel und 5) die Befesti- 
gungen an den Maasmündungen. Den drei 
strategischen Hauptstellungen entspricht die Terri- 
torialeinteilung in die drei Regionen Amsterdam, 
Utrecht und Breda. In jeder Provinz (außer 
Drenthe) fungiert ein Provinzialadjutant der 
Miliz und der Militärjustiz. Die Infanterie-, 
Kavallerie-, Feldartillerie-und reitenden Artillerie= 
truppen unterstehen dem Kommando der vier 
Infanteriedivisionen im Haag, in Arnheim, Breda 
und Amersfoort. Die Friedensstärke der euro- 
päischen Armee mit den Reservekadres betrug 1909: 
2228 Offiziere, 509 Reserve= und Milizoffiziere, 
38 652 Unteroffiziere und Soldaten, 5605 Pferde. 
— Die Kriegeflotte zählte 1909: 71 Fahrzeuge 
von 84 786 t mit 175 307 indizierten Pferde- 
kräften, 448 Geschützen, 137 Lancierrohren und 
6697 Mann Besatzung; außerdem 3 Wachtschiffe 
(21 Geschütze), 24 Schulschiffe usw. (104 Ge- 
schütze und 1200 Mann Besatzung) und 1 Tor- 
pedo-Transportschiff. Das Wappen zeigt auf 
azurblauem, mit goldnen Schindeln bestreutem 
Feld den goldnen schreitenden Löwen des Hauses 
Nassau mit ausgestreckter roter Zunge und der 
Königskrone. Derselbe hält in der rechten Pranke 
ein silbernes Schwert mit goldnem Griff, in der 
linken ein Bündel von elf goldnen Pfeilen, den 
Symbolen der Provinzen des Landes. Halter 
des mit der Königskrone gezierten Schildes sind 
zwei naturfarbene Löwen, die auf einem mit der 
Inschrift Je maintiendrai versehenen orange- 
farbenen Bande stehen. Die Staatsflagge zeigt 
seit Begründung der Batavischen Republik die 
Farben der französischen Trikolore: Rot-Weiß- 
Blau, aber in horizontaler Teilung; die alten 
holländischen Farben sind die des Hauses Oranien: 
Blau-Gelb. 
VIII. Kolonien. Der Kolonialbesitz der Nie- 
derlande ist seit dem Verkauf der Besitzungen in 
Afrika an England (6. April 1872) auf Indo- 
nesien und Amerika beschränkt (s. Tab. Sp. 1346). 
Die am 20. März 1602 mit einem Kapital von 
6,6 Mill. Gulden begründete Ostindische Handels- 
kompagnie, welche von den Generalstaaten den 
Staatslexikon. III. 3. Aufl. 
Niederlande. 
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
1346 
. Bevöl- uf 
Kolonien dkm kerung 1 olm 
Java und Madura 1905. 131 508 3009800s229 
Außenbesitzungen 1900531788909 8840 000 5 
I. Ostindien 1000 . 1915 417 8 938 000 21 
Gouvern. Curaya 1907. 1130 530664 
Gouvern. Surinam 1907 129 100 84 1006 
II. Westindien 19004. 130 230 137 168] 1,1 
Total 2045 647]| 39 075 000) 20 
alleinigen Betrieb des Handels östlich vom Vor- 
gebirge der guten Hoffnung und die Hoheitsrechte 
über den künftigen Besitz in Indien erhielt, ver- 
drängte die Portugiesen bald allenthalben. Auf 
Java entstand 1610 Batavia, „die Perle des 
Ostens“, und wie Vorderindien mehr und mehr 
nach London zu Markte ging, so wurde Amsterdam- 
Rotterdam der große Stapel der indischen Insel- 
welt. Die Handelskompagnien (seit 1621 bestand 
auch eine „Westindische") bereicherten nicht nur die 
Niederlande im höchsten Grade (die Ostindische 
zahlte 1606: 75 %, häufig über 50 % , von 1620 
bis 1720 durchschnittlich 12,5 % Dividende), 
sondern erwarben auch ausgedehnten Besitz; in 
Asien: Java 1602, Amboina 1605, die Molukken 
1621, Celebes 1660, Sumatra 1664, Timor 
1688 und Ceylon 1658; in Afrika: das Kapland 
1601/1795 (1806) und die Besitzungen an der 
Goldküste, Cape Coast Castle 1637/72, Axim, 
Secundi, Tschama, Elmina usw. 1637/1872 und 
die von Brandenburg gekauften Groß-Friedrichs- 
burg, Accada usw. 1720/1872; in Amerika: 
Curacao 1634, Brasilien 1636/54, Neu-Nieder- 
land mit Neu-Amsterdam (später Neuyork) 1614 
bis 1664 und nach dessen Abtretung an England 
das bis dahin britische Guayana 1667. Einen 
bedeutenden Rückgang brachte im 18. Jahrh, die 
übermächtige Konkurrenz Englands, welches schließ- 
lich den gesamten Außenbesitz Hollands eroberte; 
erst der Friede von 1815 gab den Niederländern 
einen Teil ihrer Kolonien wieder. Das neue 
Königreich Holland übernahm mit dem Reste der 
Besitzungen auch die Verpflichtungen der schon am 
15. Sept. 1795 aufgelösten, tief verschuldeten 
Ostindischen Kompagnie: nach Abtretung der an 
Asiens Küste noch besetzten Punkte überließ ihm 
England 1824 vertragsmäßig den Indischen 
Archipel, den die Niederlande seitdem durch Ver- 
träge und Eroberungen nach und nach fast ganz in 
ihren Besitz gebracht haben. 
Die Kosten der Zentralverwaltung in den Ko- 
lonien bestreitet das Mutterland (1910:3051345 
Gulden). Die Ausgaben für Verwaltung, Armee 
und Marine tragen die ostindischen Kolonien selbst; 
die Generalstaaten der Niederlande setzen jährlich 
das Budget fest, das immer mit einem Fehlbetrag 
abschließt (1909:181,54 Mill. Gulden Einnahme, 
193,94 Mill. Ausgabe). Curagao und Surinam 
unterbreiten ihr Budget den Generalstaaten nur 
dann, wenn sie deren Hilfe brauchen; auch hier 
herrscht ständiges Defizit: Einnahme 1909 für 
Surinam 3,96 Mill., für Curacao 732670, 
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