Full text: Staatslexikon. Dritter Band: Kaperei bis Paßwesen. (3)

1401 
bien avant due la diplomatie eũt régularisé 
les rapports entre les princes, elle réposait 
méme sur un ensemble ’institutions [Kol- 
lektorien der apostolischen Kammer I] organisées 
dejä, dont divers é16ments contribuèrent à 
Constituer les nonciatures, telles qu’elles 
ont fonctionné jusqu'a nos jours. Richard 
sieht sich jedoch selbst zu dem Zugeständnis ge- 
nötigt, daß nicht nur Alexander VI., sondern auch 
Julius II. imita les princes lalcs dans Tor- 
ganisation comme dans Torientation de sa 
diplomatie, und daß, obwohl bis auf Leo X., 
und selbst noch unter Klemens VII., die Nuntien 
eher als ambassadeurs de souverains tempo- 
rels, denn als Repräsentanten der römischen Kirche 
zu betrachten waren, doch gerade diese „Säkulari- 
sation“ des Amts die Entwicklung der Nuntia- 
turen bedeutend gefördert hat.. imprima une 
impulsion sérieuse au développement des 
nonciatures, en les faisant bénéfiier des 
Progres déja realisés par les ambassades 
Permanentes; s. Rev. d’hist. ecclés. VII 69I. 
Den wahren Kern der Ansicht Richards möchten 
wir in dem a. a. O. von ihm erbrachten Nach- 
weis erblicken, daß der Bestand ständiger Kollek- 
torien der päpstlichen Kammer in einzelnen Ge- 
bieten [Spanien, Portugal, Polen u. a. m.] 
für die Schaffung ständiger Nuntiaturen maß- 
gebend wurde. Wenn solche Kollektorien als 
collectoreries nationales zu betrachten waren, 
da ihr Sprengel ein ganzes Staatsgebiet um- 
faßte, so konnte den Kollektoren auch die Stel- 
lung eines Nuntius übertragen werden Tnuntü 
collectores, während andere Nuntien wesentlich 
nur als päpstliche Gesandte, nuntü oratores, 
fungieren], da ja ohnedies zu päpstlichen Kollek- 
toren nicht mehr Angehörige der betreffenden aus- 
wärtigen Staaten, sondern Italiener und Beamte 
der Kurie bestellt wurden, welche mit den Bedürf- 
nissen der päpstlichen Politik und den Traditionen 
der päpstlichen Diplomatie vertraut waren. Die 
Vereinigung beider Amter ist aber auch in den ein 
ganzes Staatsgebiet umfassenden Kollektorien nicht 
immer durchgeführt worden [so wurde z. B. in 
Venedig die Kollektorie zeitweilig selbständig be- 
setzt, so daß im Gebiet dieser Republik ein Nun- 
tius neben einem Kollektor fungierte; vgl. Richard 
a. a. O. 3311, und wenn die päpstlichen Kol- 
lektorien seit dem Anfang des 16. Jahrh., seit 
Julius II. und Leo X., mehr und mehr auf- 
gelassen wurden, so ist der hierfür maßgebende 
Grund nicht in der fortschreitenden Entwicklung 
der ständigen Nuntiaturen zu suchen, sondern in 
der Erwägung, daß päpstliche Fiskalbeamte, wie 
sie früher als Kollektoren in den einzelnen Län- 
dern bestellt waren, nunmehr keinen Wirkungs- 
kreis fanden und überflüssig geworden waren, 
seitdem die früher für die päpstliche Kammer von 
diesen Kollektoren erhobenen Abgaben teils über- 
haupt nicht mehr geleistet, teils unmittelbar an 
die päpstliche Kammer entrichtet wurden Ivgl. hier- 
Nuntien ufsw. 
  
1402 
zu auch Richard a. a. O. 320). Es entsprach 
durchaus dem konservativen Grundzug des kirch- 
lichen Rechtslebens, daß die Päpste diesen stän- 
digen Nuntien zugleich auch die Prärogative der 
mittelalterlichen Legaten erhalten wollten und 
ihnen deshalb durch besondere Vollmachten kirch- 
liche Jurisdiktionsrechte kraft primatialer Autori- 
tät übertrugen. Auf Grund dieser „Fakultäten“ 
sollten die Nuntien in ihren Nuntiaturgebieten 
als Vertreter des Papstes kirchliche Jurisdiktion 
üben, soweit dies nach den Bestimmungen des 
Trienter Konzils (sess. XXIV, c. 20 decr. de 
ref.) noch rechtlich zulässig war und die praktische 
Geltendmachung solcher Fakultäten unter den 
politischen und kirchlichen Zuständen des betreffen- 
den Gebiets erreichbar erschien. Die tendenziöse 
Behauptung, dafß die ständigen Nuntiaturen über- 
haupt erst nach der Reformation zur Bekämpfung 
des Protestantismus und als Organe der Pro- 
paganda geschaffen worden seien, steht mit den 
geschichtlichen Tatsachen augenscheinlich im Wider- 
spruch; am Wiener Kaiserhof bestand bereits seit 
dem Anfang des 16. Jahrh. eine ständige Nun- 
tiatur mit Fakultäten für das ganze deutsche Reich 
(ogl. die Nachweise in Pi# VI. P. M. Respons. 
ad Metrop. Mog., Trevir., Colon. et Salisb. 
sup. Nuntiat. Apost. c. 8, sect. 5, ed. Flor. 
1790, S. 443ff; Friedensburg a. a. O. xI#ffj 
Pieper a. a. O. 51 ff), und zu derselben Zeit fun- 
gierten auch bereits ständige Nuntien als Vertreter 
des Papstes in Spanien (Pieper a. a. O. 43 ff 59); 
in Frankreich erscheinen sie seit 1514, und bei der 
Republik Venedig waren schon seit dem Jahre 1500 
solche Nuntien beglaubigt (ebd. 35 ff 57 ff). Da- 
mit soll selbstverständlich nicht in Abrede gestellt 
werden, daß seit der Reformation bei besondern 
Anlässen einzelne Nuntiaturen (z. B. in den letzten 
Dezennien des 16. Jahrh. zu Luzern, Köln und 
Brüssel) vorwiegend zu dem Zweck geschaffen wur- 
den, um an hervorragend gefährdeten Punkten 
für die Erhaltung des Besitzstandes der katho- 
lischen Kirche einzutreten und in den protestan- 
tischen Gebieten für die Interessen des Katholizis- 
mus zu wirken. 
Gegenwärtig sind die päpstlichen Nuntien 
überall in erster Linie diplomatische Vertreter des 
Papstes, welche den Verkehr des Oberhauptes 
der Kirche mit den betreffenden Regierungen ver- 
mitteln und als solche die besondern, dem modernen 
Völkerrecht entsprechenden Privilegien der diplo- 
matischen Funktionäre genießen. Sie sind jedoch 
zugleich berufen, als Vertrauenspersonen des 
Papstes für die Wahrung der kirchlichen Inter- 
essen auf Grund ihrer Instruktionen auch außer- 
halb ihrer diplomatischen Tätigkeit zu wirken und 
als Organe des im päpstlichen Primat begrün- 
deten obersten Aufsichtsrechts der Kurie über die 
kirchlichen Zustände des Nuntiaturgebiets Be- 
richte und Informationen zu erstatten, um eine 
von der Mitwirkung der lokalen Kirchenobern 
unabhängige Kontrolle der kirchlichen Verwaltung
	        
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