Full text: Staatslexikon. Dritter Band: Kaperei bis Paßwesen. (3)

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meisten der alten Orden schweren Verfall, für ein- 
zelne aber auch wieder Reform und schuf sogar 
eine Reihe neuerer, freilich kleinerer Orden. 
Seit dem 16. Jahrh. erfuhr das Ordensleben 
eine neue Blüte. Eine Reihe neuer Orden, Kon- 
gregationen und religiöser Institute entstanden: 
die Theatiner, Kapuziner, Barnabiten, Ora- 
torianer, Redemptoristen usw. Die allerwichtigste 
Gründung wurde die der Gesellschaft Jesu (1540). 
Auch an der Spitze dieser neueren Orden stehen 
Generale und Provinziale. 
Neben den Männerorden und Männerkongre- 
gationen entwickelten sich auch Frauenorden und 
Frauenkongregationen. Schon in früher christ- 
licher Zeit legten Jungfrauen das Gelübde der 
Keuschheit öffentlich vor dem Bischof ab und 
empfingen aus dessen Hand den Schleier. Dann 
entstanden auch Frauenklöster, und zwar nicht selten 
in engster Verbindung mit den Männerklöstern 
oder doch in deren Nähe wegen des Gottesdienstes, 
der geistlichen Leitung und des physischen Schutzes. 
Da diese Doppelklöster aber nicht ohne Gefahren 
waren, so wurden sie durch Kaiser Justiman 
und die 2. allgemeine Synode von Nicäa ver- 
boten und die Frauenklöster fast durchweg der 
bischöflichen Jurisdiktion unterstellt. Anfänglich 
solgten diese Klöster der Regel des Pachomius 
oder einer solchen angeblich von Augustinus oder 
der des Cäsarius von Arles. Hernach wurde von 
ihnen meist die Regel des hl. Benediktus mit einigen 
Anderungen beobachtet. Frauen, die ein gemein- 
sames Leben, aber ohne Ordensregel führten, 
hießen Kanonissen. Noch später entstanden viele 
Nonnenorden in unmittelbarer Nachbildung von 
Männerorden, z. B. die Klarissinnen in Ver- 
bindung mit dem Franziskanerorden. Daneben 
mehrten sich auch aus sozialen Gründen im aus- 
gehenden Mittelalter die Frauenvereinigungen 
ohne professio religiosa und ohne strenge Klau- 
fsur (Beghinen). Wegen der damit leicht sich ver- 
bindenden Mißstände verbot Pius V. in der Kon- 
stitution „Circa pastoralis“ vom 29. Mai 1566 
solche Frauengenossenschaften. Nichtsdestoweniger 
entstanden in der Folgezeit eine Menge von Frauen- 
kongregationen, vor allem im Dienst der christ- 
lichen Caritas und der Erziehung der weiblichen 
Jugend. An erster Stelle sind hier zu nennen 
die vom hl. Vinzenz von Paul 1633 begründeten 
Barmherzigen Schwestern mit ihren Abzweigungen 
und die verschiedenen Arten von Schulschwestern. 
III. Gründung. Ein Orden kann nur mit 
päpstlicher Approbation gegründet werden. Päpst- 
liche Erlaubnis ist heute auch zur Gründung 
von jedem Kloster nötig, ebenso die des Bischofs. 
Diese kann nur gegeben werden, wenn die Grün- 
dung des Klosters im Interesse der Dihözese 
liegt, wenn die dabei Interessierten keine Ein- 
sprache erheben, so die Mönche im Umkreis von 
4000 Schritten, und wenn 12 Religiosen ge- 
nügend leben können. Schulden dürfen bei Grün- 
dung eines Klosters nicht gemacht werden. Bei 
Staatslexikon. II. 3. Aufl. 
Orden ufsw. 
  
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Nonnenklöstern, welche der Sicherheit wegen nur 
in Städten und größeren Ortschaften errichtet 
werden sollen, kann niemand Widerspruch erheben. 
Eine Klosterstiftung ohne diese kanonischen For- 
malitäten ist nichtig, und die Schuldigen verfallen 
bestimmten Strafen. Zu einer bloßen Verlegung 
eines Klosters in loco sind solche Formalitäten 
nicht nötig. Einen bestehenden Orden oder ein 
Kloster aufzuheben oder zu verändern, kommt eben- 
falls nur dem Papst zu, der in diesem Fall auch 
das Weitere betreffs der Exregularen und des 
Vermögens zu verfügen hat (Trid. sess. XXV 
de regul. c. 3, 5; Klemens VIII. „Quoniam“ 
vom 23. Juli 1603; Gregor XV. „Cum alias" 
vom 17. Aug. 1622; Urban VIII. „Romanus 
Pontifex“ vom 28. Aug. 1624; Innozenz X. 
„Instaurandae“ vom 15. Okt. 1652; „Ut in 
parvis“ vom 10. Febr. 1654; Innozenz XII. 
„Nuper“ vom 23. Dez. 1697; Leo XIII. 
„Romanos Pontifices“ vom 8. Mai 1881; 
S. Congr. de Relig. 8. Sept. 1909). 
IV. Vorbedingungen für den Einkriftt in 
einen Orden sind: 1. Das Noviziat. Dieses 
ist eine mindestens ein volles Jahr dauernde, 
ununterbrochene, im Novizenhaus, unter einem 
Novizenmeister, im Ordensgewand zugebrachte 
Probezeit. Die Aufnahme in das Noviziat durch 
Klostervorstand und Konvent kann nur erfolgen 
nach vollendetem 15. Lebensjahr, bei entsprechen- 
der körperlicher Konstitution, gutem Ruf, rechtschaf- 
fenen Sitten, Freisein von Schulden, von Rech- 
nungsablagepflicht und Irregularität, notwendigen 
geistigen Anlagen und Kenntnissen. Auch find in 
Mönchsorden nötig litterae testimoniales bes 
ordinarius des Geburtsorts und jener Diözese, in 
welcher der Postulant nach vollendetem 15. Lebens- 
jahr ein Jahr sich aufhielt (Trid. sess. XXV 
de regul. c. 15; Sixtus V. „Cum de omnibus“ 
vom 26. Nov. 1587; „Ad Romanum“ vom 
21. Okt. 1588; Gregor XIV. „Circumspecta“ 
vom 15. März 1591; Klemens VIII. „In 
suprema“ vom 2. April 1602; „Cum ad re- 
zularem" vom 19. März 1603; Pius IX. 
„Regulari disciplinae“ vom 18. Jaon. 1848; 
„Romani Pontifices“ vom 25. Jan. 1848). 
2. Das notwendige Alter. Früher war 
den Eltern gestattet, ihre noch völlig unmün- 
digen Kinder dem Kloster darzubringen, und diese 
oblati oder donati mußten nach dem Satz: 
monachum aut paterna devotio aut propria 
professio facit auch, nachdem sie mündig ge- 
worden, im Kloster bleiben (Conc. Tolet. IV, 
a. 633, c. 49; Syn. Tribur. a. 895, c. 27). 
Cölestin III. aber gestattete solchen, wenn sie zu 
den Jahren der Pubertät gekommen, das Klo- 
ster zu verlassen (C. 14, X de regul. III, 31). 
Das Tridentinum erhöhte die Eintrittszeit vom 
14. bzw. 12. auf das vollendete 16. Lebensjahr, 
gestattete jedoch bei den Mädchen, daß sie aus- 
nahmsweise auch schon nach vollendetem 12. Jahr 
aufgenommen werden könnten (Sess. XXV de 
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