Full text: Staatslexikon. Dritter Band: Kaperei bis Paßwesen. (3)

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tätigt diese Gerichtsbarkeit einerseits durch stra- 
fende Erzwingung der Erfüllung, anderseits durch 
Dispensation und Kommutation derselben. Ganz 
von selbst erlöschen Gelübde (Cessation), wenn 
die Voraussetzungen aufhören, unter welchen 
sie gemacht wurden, etwa nach Ablauf eines be- 
stimmten Termins, oder bei vollständiger Ver- 
änderung der Materie des Gelübdes, oder bei 
Nichterfüllung einer Bedingung. Sodann erlöschen 
Gelübde durch Irritation. Diese oder die ver- 
nichtende Einsprache eines höheren Willens, von 
dem der Gelobende abhängig ist, ist entweder 
eine direkte oder eine indirekte. Eine direkte Ir- 
ritation findet dann statt, wenn der Gelobende 
gar keinen selbständigen Willen hat, sondern zu 
einem rechtlichen Willensakt an einen andern 
Willen gebunden ist, so die Unmündigen, die 
Ordenspersonen, die Gatten bezüglich des ehe- 
lichen Lebens. Eine indirekte Irritation kann ein- 
treten, wenn jemand anderer die Jurisdiktion oder 
Herrschaft über die Materie des Gelübdes hat, so 
z. B. der Vater bei den Gelübden der Kinder, 
soweit dadurch die Ordnung des Hauses gestört 
wird. Die Dispensation ist die Nachlassung der 
durch das Gelübde entstandenen Verpflichtung 
durch den kirchlichen Obern aus gutem Grunde kraft 
der ihm von Gott verliehenen Jurisdiktion. Der 
Papst hat die Dispensationsgewalt für die ganze 
Kirche, der Bischof für seine Diözese, soweit nicht 
päpstliche Reservate bestehen. Pfarrer und Beicht- 
väter brauchen, um dispensieren zu können, päpst- 
liche oder bischöfliche Erlaubnis. Die Kommu- 
tation ist die Substitution eines andern frommen 
Werkes an Stelle des Gelübdes. Ein Gelübde in 
ein unzweifelhaft besseres Werk umzuwandeln, steht 
dem Gelobenden jederzeit frei. Dagegen hat die 
Umwandlung in ein gleich= oder minderwertiges 
Werk durch denjenigen kirchlichen Obern zu ge- 
schehen, der dispensieren kann. 
2. Die professio religiosa ist die Ab- 
legung der drei feierlichen Gelübde der Armut, der 
Keuschheit und des Gehorsams innerhalb eines 
Ordens und die Übernahme der lebenslänglichen 
Verpflichtung zur Beobachtung der Ordensregel. 
Sie hat zu erfolgen mit Konsens des Konvents vor 
dem kompetenten Obern, persönlich, ausdrücklich, 
im Anschluß an bestimmte, aber nicht notwendige 
Formeln, mündlich und schriftlich. Jedoch nicht 
in der größeren oder kleineren Feierlichkeit bei 
Ablegung der Gelübde besteht deren Sollemnität, 
sondern in der kirchlichen Satzung, d. h. darin, 
daß sie abgelegt werden in einem vom Apostoli- 
schen Stuhl zur Entgegennahme der drei Gelübde 
autorisierten Orden mit der Wirkung, daß jede 
einem derselben zuwiderlaufende Handlung null 
und nichtig ist (C. un. in VI# de voto III, 15). 
3. Die Rechte aus der professio religiosa 
sind: Der Professe wird Regulare und in bleibender 
Weise mit dem Kloster oder Orden verbunden. 
Er hat Anspruch auf lebenslänglichen Unterhalt, 
das privilegium canonis et fori, alle Rechte und 
Orden usw. 
  
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Privilegien seines Ordens. Jedes votum simplex, 
Sponsale und matrimonium ratum sed non 
consummatum wird aufgelöst. Der defectus 
natalium wird wenigstens hinsichtlich des Erhalts 
der Weihen getilgt. Der Professe ist der väter- 
lichen Gewalt und der bischöflichen Jurisdiktion 
entnommen. Ein von ihm zuvor innegehabtes 
beneficium wird dadurch vakant. Auch ist er 
unfähig zum Erhalt eines Säkularbenefiziums, 
nicht aber zur päpstlichen, kardinalizischen und 
bischöflichen Würde. 
4. Sehr umfassend sind die Pflichten des 
Professen. Hierher gehören das gemeinsame Leben, 
das Chorgebet, das Tragen, des Ordensgewandes, 
besonders aber die Beobachtung der drei Gelübde. 
Entsprechend dem votum paupertatis kann 
der Mönch und die Nonne nichts zu eigen haben 
oder besitzen. Ihr Vermögen geht an das Kloster 
über (C. 7, C. XIX, q. 3). Daher ist der Pro- 
fesse für sich auch nicht erwerbs= oder erbfähig, 
wohl aber für das Kloster, mit Ausnahme der 
Klöster der Franziskaner der strengen Observanz 
und der Kapuziner, die auch als Klöster kein 
Vermögen haben können (Trid. sess. XXV de 
regul. c. 2, 3). Ebensowenig ist der Mönch 
testierfähig, und ein vor der Profeß gemachtes 
Testament ist nichtig. Wer sich gegen dieses Ge- 
lübde verfehlt, verliert nach heutigem Recht das 
aktive und passive Wahlrecht und verfällt sonstiger 
statutarischer Strafe, doch ist in manchen Orden 
gewohnheitsrechtlich ein kleines Pekulium erlaubt. 
Über das Almosensammeln der Ordensleute hat 
die S. Congr. Episc. et Regul. unter dem 
27. März 1896 und 21. Nov. 1908 genaue Vor- 
schriften gegeben. 
Infolge des votum castitatis ist jede Ver- 
fehlung gegen das 6. Gebot nicht bloß fündhaft, 
sondern auch strafbar. Jedes Eheverlöbnis und 
jede Eheeingehung ist seitdem 1. Laterankonzil 1123 
null und nichtig. Der Versuch zu letzterer zieht 
die dem Bischof reservierte Exkommunikation nach 
sich (Pius IX. „Apostolicae Sedis moderationi“ 
vom 12.Okt. 1869, III, 1). Zum Schutz vor#allem 
dieses Gelübdes dient die Klaufur. In Männer- 
orden besteht diese darin, daß der Mönch nur aus 
triftigem Grunde, mit Erlaubnis des Obern und 
in Begleitung eines Genossen das Kloster verlassen, 
und daß eine Frau gar nicht und ein Mann nur 
aus gutem Grunde und nicht zu lang das Kloster 
oder bestimmte Räume desselben betreten darf. Die 
Zulassung von weiblichen Personen in diese hat die 
dem Papst reservierte Exkommunikation für die 
Schuldigen im Gefolge. Aus guten Gründen ist die 
Klausur in Frauenklöstern noch viel strenger. Die 
Nonnen dürfenihre Klausur nur in den dringendsten 
Fällen und wo möglich nur mit schriftlicher Er- 
laubnis des Bischofs verlassen. Andernfalls ver- 
fallen sie der dem Papst reservierten Exkommuni- 
kation. Die gleiche Strafe trifft alle Personen, 
wessen Standes oder Geschlechts sie seien, die 
ohne schriftliche Erlaubnis des Bischofs die Klaufur 
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