Full text: Staatslexikon. Dritter Band: Kaperei bis Paßwesen. (3)

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eines Nonnenklosters betreten oder betreten lassen, 
ausgenommen den Bischof oder Ordensprälaten 
samt Begleitung bei Visitation des Klosters, den 
Beichtvater zur Spendung des Viatikums, den 
Arzt, Handwerksleute, den Landesfürsten und 
Gemahlin samt Begleitung. Soll im Kloster 
Unterricht erteilt oder Aufnahme von Zöglingen 
vorgenommen werden, so ist päpstliche Erlaubnis 
nötig. Das Sprechen mit einer Nonne am Sprech- 
gitter kann nur nach den Ordensstatuten geschehen, 
und Mönche dürfen ohne schriftliche Erlaubnis 
des Bischofs überhaupt mit keiner Nonne sprechen 
(Trid.sess.XXV deregul. c. 5; Pius V. „Regu- 
larium“ vom 24. Okt. 1566; „Decori“ vom 
1. Febr. 1570; „Decet“ vom 16. Juli 1570; 
Gregor XIII.„Ubi gratiae“ vom 13. Juni 1575; 
„Dubjüis“ vom 23. Dez. 1581; Paul V. „Mo- 
nialium“ vom 10. Juli 1612; Benedikt XIV. 
„Cum sacrarum“ vom 1. Juni 1741; „Regu- 
laris disciplinae“ vom 3. Jan. 1742; Pius IX. 
„Apostolicae Sedis moderationi“ vom 12.Okt. 
1809, II, 6, 7). 
Das schwerste Gelübde, das des Gehorsams, be- 
steht in der vollständigen Unterordnung des eignen 
Willens unter den des Obern. Doch hat dieser 
Gehorsam seine Grenzen an den Gesetzen der Moral 
und der Kirche und an der Ordensregel. Der 
Professe ist nicht verpflichtet, gegen die letztere 
Gehorsam zu leisten. Vielmehr ist es seine Pflicht, 
solche zu befolgen. Diese bezeichnet aber in ver- 
schiedenen Orden um der Ruhe der Gewissen willen 
und zur Vermeidung eines unerträglichen und 
schädlichen Rigorismus eine Übertretung in leich- 
teren Dingen nicht ohne weiteres als Verletzung 
des Gelübdes des Gehorsams selbst, verpflichtet 
also hier nicht unter Sünde, sondern nur zur 
Übernahme einer dadurch verwirkten Strafe, aber 
hierzu im Gewissen. Die Ordensregeln kennen 
also auch leges mere poenales. Wenn aber der 
Ordensobere zu erkennen gibt, daß er das Auf- 
getragene kraft des Gelübdes des Gehorsams 
fordere, so verpflichtet er „unter Sünde“ (ad 
pe#ccatum, was natürlich nicht „zur Sünde“ 
heißt). Infolge des Gelübdes des Gehorsams ist 
der Ordensmann auch unfähig, feste Verbindlich- 
keiten gegen andere einzugehen. 
VI. Der Austritt aus dem Orden kann ge- 
schehen: 1. Durch Annullation der Gelübde. 
Wenn eine der für den Ordenseintritt vorgeschrie- 
benen wesentlichen Bedingungen nicht erfüllt wurde, 
so kann der Professe oder dessen Eltern oder das 
Kloster innerhalb von 5 Jahren vom Tage der 
feierlichen Profeßleistung an eine Annullation der 
Gelübde beantragen beim Obern und beim Diö- 
zesanbischof. Auch nach Verlauf von 5 Jahren 
kann der Professe vom Apostolischen Stuhl die 
Erlaubnis zu solchem Antrag erhalten, wenn er 
nachweist, daß er während der ersten Frist nicht 
reklamieren konnte und die Nullität klar vorliegt. 
Das Verfahren ist ähnlich wie bei der Annullation 
der Ehe. Es funktioniert hier ein defensor pro- 
Orden usw. 
  
1448 
fessionis (Benedikt XIV. „Si datam“ vom 
4. März 1748). Mit der Nichtigkeitssentenz fallen 
alle Wirkungen der professio weg. 
2. Aus wichtigen, namentlich im Interesse des 
öffentlichen Wohles gelegenen Gründen kann durch 
den Papst Dispens vom Gelübde erfolgen gegen 
Auferlegung von guten Werken und mit der Be- 
dingung, daß das Gelübde beim Tod des etwaigen 
Gatten wieder auflebt. 
3. Es kann auch ein Ubertritt von einem Orden 
in einen andern stattfinden. An sich könnte der Über- 
gang von einem weniger strengen in einen strengeren 
Orden ohne obrigkeitliche Erlaubnis geschehen. 
Da es aber schwer ist, die größere Strenge und 
Vortrefflichkeit genau festzustellen, so ist nach heu- 
tiger Praxis der Apostolische Stuhl um Erlaubnis 
anzugehen. Um so mehr hat das zu geschehen 
bei Ubertritt in einen gleich oder weniger strengen 
Orden (Trid. sess. XXV de regul. c. 19; 
Benedikt XIV. „Pastor bonus“ vom 13. April 
1744, § 34 f). Bei einer Nonne ist wegen der 
Klausur päpstliche Erlaubnis schon nötig beim 
Übertritt von einem Kloster in ein anderes 
(Pius V. „Decori“ vom 1. Febr. 1570; Bene- 
dit XIV. „Pastor bonus“ vom 13. April 
1744, 8 36). 
4. Die gewöhnlichste Art des Austritts ist die 
Säkularisation. Hier wird dem Professen vom 
Apostolischen Stuhl aus guten Gründen für immer 
oder nur zeitweilig Befreiung von den Pflichten 
gegen den Orden als solchen, Ablegung des Ordens- 
gewandes und das Leben in der Welt gestattet. 
Aber die wesentlichsten Profeßpflichten gegen Gott, 
die drei Gelübde, bleiben. Anstatt dem Ordens- 
obern hat der Professe nunmehr dem Bischof zu 
gehorchen. Ohne päpstlichen Indult kann der 
Säkularisierte kein Vermögen erwerben, darüber 
verfügen, kein Säkularbenefiz erhalten. Der Unter- 
halt muß entweder durch den Bischof oder das 
Kloster sichergestellt sein. Andernfalls darf der 
Ordensmann sein Kloster unter Strafe der Sus- 
pension nicht verlassen (8. Congr. Episc. et Regul. 
4. Nov. 1892; 20. Nov. 1895; S. Congr. sup. 
discipl. Regul. 16. Aug. 1898). 
5. Bei beharrlicher Unverbesserlichkeit kann 
Ausstoßung aus dem Orden nach genau nor- 
miertem Verfahren stattfinden. Der Ausgestoßene 
hat die geistliche Kleidung zu tragen, ist aber von 
der Ausübung des ordo suspendiert, bis ihn der 
Apostolische Stuhl dispensiert und er einen Bi- 
schof gefunden hat, der ihn aufnimmt und unter- 
hält. Auch bleibt er an seine Gelübde gebunden. 
Doch kann er die zum Unterhalt nötigen zeitlichen 
Güter erwerben, nur nicht vererben. Gehorsam 
hat er dem Bischof zu leisten. Und wenn dieser 
die Besserung bezeugt, hat das Kloster den Aus- 
gestoßenen auf sein Ansuchen wieder aufzuneh- 
men (Urban VIII. „Sacra Congregatio“ vom 
21. Sept. 1624; Innozenz XII. „Instantibus“ 
vom 24. Juli 1694; Leo XIII. „Auctis“ vom 
4. Nov. 1892).
	        
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