Full text: Staatslexikon. Dritter Band: Kaperei bis Paßwesen. (3)

1449 
6. Wer willkürlich entweicht, um nicht mehr 
zurückzukehren, ist Apostat. Der fugitivus aber 
hat die Absicht, zurückzukehren. Der Apostat ver- 
liert, falls er den Habit ablegt, die Ordensprivi- 
legien und ist exkommuniziert (Trid. sess. XXV 
de regul. c. 19; Benedikt XIV. „Pastor bonus“ 
vom 23. April 1744, § 33). Für die fugitivi 
bestehen die Strafbestimmungen in den Ordens- 
regeln, und unter besonders schweren Umständen 
verfallen sie der Exkommunikation. 
VII. Die Perfassung der Orden betreffend, 
so steht in den selbständigen Klöstern der alten 
Orden der Abt oder die Abtissin an der Spitze, 
in davon abhängigen ein prior oder eine prio- 
rissa conventualis. Seit dem 10. Jahrh. traten 
die vielfach zu sehr isolierten Klöster zu Kongre- 
gationen zusammen, und im 13. Jahrh. wurde 
ihnen und allen Orden vorgeschrieben, daß sie 
sich alle 3 Jahre nach Provinzen und Ländern 
zu einem Generalkapitel zu versammeln hätten, 
um über die gemeinsamen Angelegenheiten zu 
beraten und Präsidenten oder Visitatoren zu 
wählen (C.7, X de statu monach. III, 35; Trid. 
sess. XXV de regul. c. 8). Über den Bene- 
diktinern stand insgesamt der Abt des Stamm- 
klosters Monte Cassino als abbas abbatum heute 
als abbas primas der schwarzen Benediktiner der 
Abt des Collegium Anselmianum in Rom. Als 
Erzabt wird der Abt des Mutterklosters bezeichnet, 
der sich über die Tochterklöster gewisse Rechte 
wahrt, so z. B. in der Beuroner Kongregation der 
Abt von Beuron. Bei den Mendikanten, ver- 
wandten und neueren Orden, so namentlich beie 
den Jesuiten, steht an der Spitze jedes Klosters 
ein Oberer (prior, praepositus, rector, guar-- 
dianus, superior, praesidens). Mehrere Klöster 
selbst wieder sind zu einer Provinz vereinigt, an 
deren Spitze ein minister provincialis, der Pro- 
vinzial, steht. Das Ganze aber untersteht dem 
General (minister generalis), der meist in Nom 
residiert. Als Kapitel werden bezeichnet die Ver- 
sammlungen der Lokalsuperioren und ausgewählter 
hervorragender Professen, welche vom Provinzial 
oder General als Provinzial= oder Generalkapitel 
periodisch oder nach Bedürfnis zusammengerufen 
werden. Alle Orden sollen in Rom neben dem 
General ein Hospiz, einen Prokurator und ein 
Prokuraturhaus haben. UÜberdies ernennt der 
Papst noch Kardinäle zu Protektoren der einzelnen 
Orden, damit sie die allgemeinen Interessen des 
ihnen anvertrauten Ordens wahrnehmen. 
In den alten Orden geschieht die Wahl des 
mit bestimmten Eigenschaften ausgestatteten Klo- 
stervorstands oder Abtes und der Klostervorsteherin 
oder Abtissin durch die Professen nach den für die 
kirchlichen Wahlen im allgemeinen geltenden und 
durch die jeweilige Ordensregel noch genauer be- 
stimmten Vorschriften auf Lebensdauer oder nur 
auf bestimmte Zeit. Der oder die Gewählte wird 
dann vom Bischof oder Erzabt oder bei aus der 
bischöflichen Jurisdiktion exemten Klöstern vom 
Orden usw. 
  
1450 
Papst konfirmiert und vom Bischof benediziert. 
Bei den neueren Orden werden die Obern ent- 
weder durch die Provinzial= und Generalkapitel 
oder durch die Provinzial- und Generalobern für 
bestimmte Zeit oder immer aufgestellt. So erfolgt 
bei den Jesuiten die Bestellung der Obern durch 
den General. Dieser selber aber wird vom General- 
kapitel für immer gewählt. 
VIII. Die Verwaltung im einzelnen Kloster 
besorgt, mit selbständiger Gelübde-, Familiar= und 
Regierungsgewaltausgestattet, der Klostervorstand. 
Er wacht, unterstützt von selbstgewählten Gehilfen, 
namentlich dem Prior, über die Disziplin im 
Kloster, hat die ganze Seelsorge (cura anima- 
rum) über sämtliche Klosterinsassen, verhängt 
Strafen und Zensuren über sie, wobei aber das 
rechte Maß nicht überschritten werden soll, ent- 
scheidet mit Zustimmung des Konvents, d. h. der 
sämtlichen Professen, über die Aufnahme neuer 
Mitglieder, erteilt seinen Regularen die Tonsur 
und die niederen Weihen und verwaltet das 
Klostervermögen, wobei er aber an die Zustim- 
mung des Konvents gebunden ist. Als den Vor- 
ständen kommen den Abten und Regularprälaten 
eine Reihe von Ehrenrechten zu, und wenn sie 
von der bischöflichen Jurisdiktion, was die Regel 
ist, ganz eximiert sind, sind sie durch die Ponti- 
fikalinsignien ausgezeichnet. Doch hat das Tri- 
dentinum auch die eximierten Abte in einer Reihe 
von Angelegenheiten dem Bischof als Delegaten 
des Apostolischen Stuhls untergeordnet, z. B. 
sess. XXV de regul. c. 8, 22. Immer aber 
stehen dieselben unter dem Bischof hinsichtlich der 
sich über die Klosterinsassen hinaus erstreckenden 
Seelsorge (Trid. sess. VI de ref. c. 4; sess. 
VII de ref. c. 7, 8; sess. XXI de ref. c. 8; 
sess. XXII de ref. c. 8; sess. XXIV de ret. 
c. 9, 10; sess. XXV de ref. c. 6, 11). Da- 
gegen standen die Frauenklöster von Anfang an 
unter der Jurisdiktion des Bischofs. Diese ist nur 
dann beschränkt, wenn etwa das Frauenkloster 
unter der Leitung eines demselben Orden ange- 
hörigen Männerklosters ist. Aber selbst in diesem 
Fall hat der Bischof die Klaufur und die Ver- 
mögensverwaltung zu überwachen. Der Bischof 
bestellt für jedes Nonnenkloster, welches nicht einem 
Regularobern untersteht, den ordentlichen Beicht- 
vater, und zwar für drei Jahre. Soll dessen Be- 
fugnis auf weitere drei Jahre prorogiert werden, 
so müssen zwei Drittel der Nonnen und bei wei- 
terem Triennium alle Nonnen sowie die Congre- 
gatio negotüs Religiosorum Sodalium prae- 
posita zustimmen. Außerdem ist den Nonnen für 
zwei= oder dreimal und noch öfter im Jahr der 
außerordentliche oder sonst ein gewünschter Beicht- 
vater zu gestatten. Dagegen hat die sog. Gewis- 
sensrechenschaft vor der Oberin in allen Orden 
aufgehört (Trid. sess. XXV de regul. c. 10; 
Gregor XV. „Inscrutabili“ vom 5. Febr. 1622, 
§ 5; Klemens X. „Superna“ vom 21. Juni 
1670; Benedikt XIV. „Pastoralis“ vom 5. Aug.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.