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wird, ausgenommen in den folgenden beiden
wichtigen Fällen: Eine Verfügung des Ver-
pächters über den Pachtzins, z. B. durch Ab-
tretung, ist dem Erwerber gegenüber insoweit
wirksam, als sie sich auf den Pachtzins für das
zur Zeit des Eigentumsübergangs laufende und
das folgende Kalendervierteljahr bezieht; Ver-
fügungen für eine spätere Zeit muß der Erwerber
gegen sich gelten lassen, wenn er sie zur Zeit des
Eigentumsübergangs gekannt hat. Ein Rechts-
geschäft zwischen dem Verpächter und dem Pächter
in Ansehung des Pachtzinses, z. B. betreffend
Aufrechnung gegen Vorlagen für Reparaturen,
ist dem Erwerber gegenüber wirksam, soweit es
sich nicht auf den Pachtzins für eine spätere Zeit
als das Kalendervierteljahr, in welchem der
Pächter von dem Eigentumsübergang Kenntnis
erlangt, und das folgende Vierteljahr bezieht;
hat aber der Pächter Kenntnis von dem Eigen-
tumsübergang, so ist jedes nach dem letzteren vor-
genommene Rechtsgeschäft unwirksam.
IV. Beendigung des Pachtverhältnisses.
Das Pachtverhältnis endigt mit dem Ablauf
der Zeit, für die es eingegangen ist. Ist die
Pachtzeit nicht bestimmt (vgl. oben unter II), so
kommt es auf die Kündigung an. Ist bei der
Pacht eines Grundstücks oder eines Rechts die
Pachtzeit nicht bestimmt, so ist die Kündigung nur
für den Schluß eines Pachtjahrs zulässig; sie hat
spätestens am ersten Werktag des halben Jahres zu
erfolgen, mit dessen Ablauf die Pacht endigen soll.
Eine vorzeitige Endigung findet das Pacht-
verhältnis in den Fällen, in denen dem einen
oder andern Teil ein Recht vorzeitiger Kündigung
beigelegt ist. Dem Pächter steht ein solches Kün-
digungsrecht zu, wenn ihm der vertragsmäßige
Gebrauch des verpachteten Gegenstands nicht
rechtzeitig gewährt oder wieder entzogen wird;
anderseits steht dem Verpächter ein solches Kün-
digungsrecht zu, wenn der Pächter ungeachtet
einer Abmahnung einen vertragswidrigen Ge-
brauch des Pachtgegenstands fortsetzt, oder wenn
der Pächter für zwei aufeinanderfolgende Ter-
mine mit der Entrichtung des Pachtzinses oder
eines Teils desselben in Verzug ist; für beide
Fälle sind nähere Vorschriften gegeben, ins-
besondere betreffend Rückerstattung im voraus
entrichteten Pachtzinses.
Wird ein Pachtvertrag für eine längere Zeit
als 30 Jahre geschlossen, so kann nach 30 Jahren
jeder Teil kündigen; die Kündigung ist unzu-
lässig, wenn der Vertrag für die Lebenszeit des
Verpächters oder des Pächters geschlossen ist.
Stirbt der Pächter, so ist der Erbe desselben,
aber nicht der Verpächter, berechtigt, das Pacht-
verhältnis zu kündigen; die Kündigung kann nur
für den ersten Termin erfolgen für den sie zu-
lässig ist. Der Tod des Verpächters ist auf das
Pachtverhältnis ohne Einfluß.
Für die Fälle des Konkurses des Verpächters
oder des Pächters und der Zwangsversteigerung
Pacht.
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eines verpachteten Grundstücks sind besondere Vor-
schriften gegeben (vgl. Konkursordnung 8§ 19/21;
Gesetz über die Zwangsversteigerung und die
Zwangsverwaltung vom 24. März 1897, § 57).
V. Soziale und volkswirtschaftliche Be-
deutung der Kandpacht. Für die Beurteilung
der sozialen und wirtschaftlichen Bedeutung der
Landpacht, auf welche die folgende Erörterung
beschränkt werden soll, werden neben ihrer tat-
sächlichen Verbreitung die ihr im Verhältnis zu
der Selbstbewirtschaftung durch den Besitzer zu-
zuerkennenden Vorteile und Nachteile in Betracht
zu ziehen sein. Hierbei bedarf es nicht einer be-
sondern Berücksichtigung der Bewirtschaftung
durch stellvertretende Verwalter, der Admini-
stration, als einer Unterart der Selbstbewirt-
chaftung, da es volkswirtschaftlich als ausgemachte
Sache gilt, daß sie „wegen der bei ihr unvermeid-
lichen Instruktionen, Genehmigungsvorbehalte und
Kontrollmaßregeln“, die den „ungeschickten und
unredlichen Verwalter zwar zügeln, den geschickten
und redlichen aber fesseln“, der Pachtung weit
nachsteht, auch z. B. auf dem Gebiet, auf welchem
sie vorzugsweise herrschend war, dem der Domänen=
bewirtschaftung (s. d. Art. Domänen), von der
letzteren fast vollständig verdrängt worden ist. Auch
der Vergleich mit dem genossenschaftlichen Betrieb
bzw. Betrieb durch eine Aktiengesellschaft kann wegen
deren seltenen Vorkommens vollständig ausscheiden.
1. Bei gleichen Voraussetzungen in der Person
des Wirtschafters in Ansehung der Befähigung
und Lust zu landwirtschaftlicher Betätigung, bei
gleichem Unternehmungsgeist und gleichem auf die
Wirtschaft zu verwendenden Betriebskapital ver-
dient die Selbstbewirtschaftung durch den Besitzer
vor der Bewirtschaftung durch einen Pächter vom
nationalökonomischen Standpunkt aus betrachtet
entschieden den Vorzug. Es ist nicht zu verkennen,
daß der Eigentümer des Grund und Bodens an
diesem, in welchem unter Umständen sein gesamtes
Vermögen in der Form des Anlagekapitals —
neben dem Betriebskapital, das bei dem Pächter
ebenfalls in Rechnung zu stellen ist — steckt, ein
viel lebhafteres und nachhaltigeres Interesse hat
als der Pächter. Aufwendungen für wünschens-
werte Meliorationen, deren Erfolg sowohl die
Ertragsfähigkeit als auch den absoluten Wert des
Guts zu erhöhen geeignet, demnach auch volks-
wirtschaftlich durchaus von Bedeutung ist, wer-
den von ihm weit eher zu erwarten sein, wenn er
selbst wirtschaftet, also auch des erhöhten Er-
trags unmittelbar teilhaftig wird, als wenn er
das Gut in Pachtung gegeben hat und im gün-
stigsten Fall die Aufwendungen durch Erhöhung
des Pachtzinses wieder einzubringen bestrebt sein
muß. Auch die vollständige Unabhängigkeit des
selbstwirtschaftenden Eigentümers von jeder Rück-
sichtnahme auf andere Personen und die damit
ermöglichte schnellere und rücksichtslosere Ausfüh-
rung für gut erkannter Maßnahmen fallen der
Gebundenheit des Pächters gegenüber günstig
—