Full text: Staatslexikon. Dritter Band: Kaperei bis Paßwesen. (3)

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Stifter ihr zugleich das Recht verliehen, zeitliche 
Güter zu erwerben, zu besitzen und zu verwalten. 
In und mit der Aufgabe, alle Völker zu lehren 
und für den Himmel zu erziehen, besitzt die Kirche 
das Recht zur Anwendung aller Mittel, welche zur 
Erfüllung dieser Aufgabe erforderlich sind, also 
auch das Recht, wie zur Erwerbung (Syllab. 
prop. 26), so zur Verwaltung zeitlicher Gü- 
ter. Es ist ihr dieses Recht mit auf den Weg ge- 
geben durch die Jahrhunderte und Jahrtausende 
aller Zeiten bis zu deren Ende, und sie kann es 
vom Aufgang der Sonne bis zu deren Nieder- 
gang, wohin sie immer ihren Fuß setzt, unabhängig 
von jeder Staatsgewalt üben. Dieser Charakter 
der Kirche als einer vollkommenen Gesellschaft, 
aus dem ihre Unabhängigkeit vom Staat von selbst 
folgt, wird, weil die Zeitumstände dazu drängen, 
von sehr vielen neueren Provinzialkonzilien mit 
besonderer Bezugnahme auf ihre Vermögensrechte 
feierlich erklärt (Syllab. prop. 19; Conc. prov. 
Ultraiect, ann. 1865, Coll. Lac. V 922; 
Conc. prov. Lugdun. ann. 1850, ebd. IV 481; 
Conc. plen. Baltimor. III, ann. 1884, n. 265; 
Kirchengut. 
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stimmte Vermögensteile zugewiesen, teils separate 
Pfründen neu gestiftet; das betreffende Vermögen 
stand dann unter der Verwaltung dessen, dem seine 
Erträgnisse als Lebensunterhalt angewiesen waren. 
Auch bei neuen Stiftungen zu Unterrichts= oder 
andern kirchlichen Zwecken wurde auf eine getrennte 
Verwaltung Bedacht genommen. Diese Zersplit- 
terung erhielt und erweiterte sich bis zur gegen- 
wärtigen Zeit. Nunmehr wird das gesamte in 
ein und derselben Diözese befindliche Kirchen- 
vermögen, wie es einer großen Menge einzelner, 
voneinander getrennter Institute angehört, so auch 
von einer großen Zahl untergeordneter Verwal- 
tungsorgane administriert. Nach dem gegenwär- 
tigen Recht steht die Verwaltung des zu einer 
Pfründe gehörigen Vermögens dem jeweiligen 
Inhaber derselben zu. Recht und Pflicht der Ver- 
waltung bilden ein Zubehör des Amtes. Das 
Eigentum geistlicher Körperschaften, z. B. der 
Kapitel, der geistlichen Orden oder Kongregationen, 
der Bruderschaften usw., wird von diesen Körper- 
schaften verwaltet; doch bestehen gerade hier die 
verschiedensten Einrichtungen. Das Fabrikeigen- 
  
Acta conventus episcoporum Herbipolensis tum soll nach dem allgemeinen Kirchenrecht vom 
ann. 1848, sess. XIII, ebd. V 973). Damit geistlichen Vorsteher (rector) der betreffenden 
stimmt ferner die Praxis der Kirche überein, welche Kirche verwaltet werden, bei Kirchen, die kirch- 
nicht um die Vollmacht, ihr Vermögen frei ver= lichen Korporationen, wie Kapiteln, Klöstern usw., 
walten zu dürfen, bittet, sondern die Anerkennung 
dieses ihr zustehenden Rechts von jedermann, auch 
vom Staate, verlangt. Diese Freiheit der Kirche 
hat selbstverständlich zum Gegenstande die Anstel- 
lung und Bevollmächtigung aller einzelnen Ver- 
waltungsorgane sowie die Leitung derselben durch 
allgemeine Gesetze und partikulare Vorschriften. 
2. Untergeordnete Verwaltungsorgane. 
Anfänglich wurde das Kirchenvermögen vom Bi- 
schof allein mit Hilfe von Klerikern, besonders der 
Diakonen, verwaltet. Das vierte, zu Chalcedon 
im Jahre 451 abgehaltene ökumenische Konzil 
dehnte den in manchen Diözesen bereits bestehenden 
Gebrauch, nach welchem das immer noch eine ein- 
heitliche Masse bildende Diözesangut von einem 
eigens dazu bestellten Okonomen verwaltet wurde, 
auf die ganze Kirche aus. Der Okonom mußte 
angehören, von den betreffenden Korporationen. 
Endlich wird das Vermögen kirchlicher Stiftungen 
zu Unterrichts= oder Wohltätigkeitszwecken von 
dem stiftungsmäßig oder gewohnheitsrechtlich oder 
frei vom Bischof dazu bestimmten Verwalter ad- 
ministriert. 
Besonders hervorzuheben ist, daß das allgemeine 
kirchliche Recht das Laienelement von der Ver- 
waltung des Kirchengutes ausschließt. In den 
kirchlichen Rechtsbüchern findet sich dieses grund- 
sätlich ausgesprochen; so c. 5 Dist. LXXXIX 
(Greg. M. ann. 599); c. 1 Dist. XCVI (Sym- 
machus Papa ann. 502); ferner can. 22, 24 
C. XVI dq. 7; c. 10 X de constitutionibus 
1, 2 (Innoc. III. ann. 1199). Allerdings bildet 
die Verwaltung des zeitlichen Kirchengutes nicht 
einen Akt geistlicher Jurisdiktion, deren Träger 
  
dem Klerus entnommen werden; er war aber Laien überhaupt nicht sein können; aber es liegt 
lediglich das Organ des Bischofs und von diesem doch in dieser Verwaltung eine Dispositions- 
in seiner gesamten Verwaltungstätigkeit abhängig. befugnis über Dinge, deren die Kirche zur Aus- 
Die Dezentralisation der Verwaltung vollzog sich übung ihrer geistlichen Jurisdiktion notwendig 
allmählich in den folgenden Jahrhunderten. Zu- bedarf, und darum wurde auch dieser Einfluß auf 
erst erhielt naturgemäß das einzelnen Land= die kirchliche Tätigkeit den Laien abgeschnitten. 
kirchen geschenkte oder zugeteilte Vermögen ein Doch können sie immerhin auf privatrechtlichem 
eigenes, untergeordnetes Administrationsorgan in Wege zur Verwaltung des kirchlichen Vermögens 
dem bei solchen Kirchen angestellten Geistlichen, eine Befugnis erhalten. Solches geschieht vor 
während das übrige Vermögen der Diözese, vor= allem dadurch, daß sie stiftungsmäßig zur Ver- 
nehmlich das der Stadtkirche, eine Masse unter waltung herangezogen werden müssen, sowie durch 
der Verwaltung des Okonomen verblieb. Als dann rechtmäßige Verjährung. Darum erkennt auch das 
im 11. und 12. Jahrh. das gemeinschaftliche Leben 1 Trienter Konzil (sess. XXII, C. 9) Laien als 
der an den Stadtkirchen angestellten Klerikern in Verwalter von kirchlichem Vermögen an. Zu be- 
Verfall geriet, trat eine weitere Zersplitterung der merken ist jedoch, daß das Patronatsrecht als 
Vermögensmasse und ihrer Verwaltung ein. Teils solches keine Befugnis zur Anteilnahme an der 
wurden den einzelnen Mitgliedern des Klerus be= Verwaltung des betr. Kirchengutes in sich schließt. 
  
 
	        
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