Full text: Staatslexikon. Vierter Band: Patentrecht bis Staatsprüfungen. (4)

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Heiligen Schrift; es verbot, Bücher über religiöse 
Gegenstände (de rebus sacris) ohne Angabe des 
Verfassers zu drucken oder drucken zu lassen sowie 
solche Bücher fortan zu verkaufen oder zu behalten, 
wenn sie nicht zuvor vom Bischof geprüft und 
approbiert wären. Diese Approbation ist schrift- 
lich zu erteilen und am Anfang des Buchs (in 
fronte libri) in authentischer Form ersichtlich zu 
machen. Nur allein die Güte oder Verwerflichkeit 
des Inhalts habe den Ausschlag zu geben. Die 
18. Sitzung setzte sodann eine Kommission ein zur 
weiteren Beratung, was in betreff des Bücher- 
verbots zu tun sei. Diese einigte sich dahin, das 
unter Papst Paul IV. in Rom 1559 erschienene 
Verzeichnis verbotener Bücher mit wenigen Ab- 
änderungen beizubehalten, und stellte über die 
Auswahl derselben die sog. Regeln des Index 
(Regulae decem de libris probibendis) auf. 
Die Kommission legte ihre Arbeit dem Papst 
Pius IV. vor, und dieser publizierte 1564 diesen 
Index librorum prohibitorum samt den Regeln 
des Index. Im Jahr 1566 errichtete sodann 
Papst Pius V. die Congregatio Indicis. Sie 
erhielt ihre endgültige Gestalt 1753 durch Papst 
Benedikt XIV., der in seiner Konstitution Solli- 
cita ac provida das Verfahren bei Prüfung 
und Verwerfung gefährlicher oder bedenklicher 
Bücher genau vorzeichnete. Diese Konstitution 
hat noch heute Geltung. Auf dem Vatikanischen 
Konzil war eine Neuordnung der ganzen Materie 
beabsichtigt; doch unterblieb sie wegen des vor- 
zeitigen Abbruchs des Konzils. Unter dem 24. Jan. 
1897 regelte sodann Papst Leo XIII. durch die 
Konstitution Offüciorum ac munerum das ma- 
terielle Recht des Bücherverbots unter Aufhebung 
aller früheren materiellen Bestimmungen, und zwar 
für die gesamte Kirche. Demnach sind verboten- 
alle dem Glauben oder den Sitten gefährlichen 
Bücher nach genau aufgeführten Kategorien, ins- 
besondere die formell auf den Index gesetzten 
Bücher. Ferner sind alle Schriften über religiöse 
Gegenstände der vorgängigen bischöflichen Zensur 
unterworfen. Lesen und Besitz von namentlich 
oder durch die Indexregeln verbotenen Büchern 
ist allen denjenigen, deren Beruf die Lektüre und 
das Studium solcher Schriften verlangt, kraft der 
Epikie einfachhin gestattet, ohne daß irgend welche 
Dispens notwendig wäre. In andern Fällen wird 
die Erlaubnis von der Congregatio Indicis er- 
teilt, sofern ein irgendwie berechtigtes Interesse 
vorliegt; nach der gegenwärtigen Praxis wird von 
der Kongregation die Einreichung der Bitte als 
hinreichender Grund zur Gewährung betrachtet. 
Kraft der Quinquennalfakultäten sind auch die 
Bischöfe berechtigt, Lesen und Besitz verbotener 
Bücher zu gestatten, und zwar nicht nur für ein 
einzelnes Buch oder eine bestimmte Zeit, sondern 
ganz allgemein und in gleichem Umfang wie die 
Indexkongregation. Die Enzyklika Pascendi do- 
minici gregis über die Lehren der Modernisten 
vom 8. Sept. 1907 schärfte manche Vorschriften 
Presse ufw. 
  
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der Konstitution Officiorum ac munerum erneut 
ein und erweiterte sie in einigen Punkten. Sie 
enthält den Satz: „Die Zeitungen und Zeit- 
schriften, welche von Katholiken veröffentlicht wer- 
den, sollen soweit möglich ihren bestimmten Zensor 
haben. Dieser hat die einzelnen Blätter oder Hefte 
nach ihrem Erscheinen zur angemessenen Zeit durch- 
zulesen, und wennsichgefährliche Außerungen finden, 
baldmöglich Richtigstellung zu fordern.“ Doch ist 
diese Bestimmung auf Vorstellung der Bischöfe 
hin für Deutschland als unnötig nicht in Vollzug 
gesetzt worden. Diese kirchliche Zensur ver- 
folgt allein den Zweck der Reinerhaltung der kirch- 
lichen Lehre und der Aufrechterhaltung der kirch- 
lichen Disziplin. Sie unterliegt daher lediglich 
einer religiöskirchlichen Beurteilung. 
Anderer Art ist die staatliche Zensur, 
welche sich sehr bald in Nachahmung der kirchlichen 
Gesetzgebung entwickelte. 
Anfangs noch festhaltend an der Idee vom 
christlichen Staat, übte die weltliche Gewalt ihre 
Zensur gleichfalls zur Reinerhaltung des Glau- 
bens. In Deutschland machte die religiöse 
Spaltung diesen ursprünglichen Gedanken un- 
durchführbar, und bald mischten sich andere Ge- 
sichtspunkte, vor allem das Bestreben ein, die 
Schriftsteller in politischer und polizeilicher Hin- 
sicht innerhalb solcher Grenzen zu halten, welche 
der Staatsverwaltung als angemessen erschienen. 
Das erste allgemeine Einschreiten der Staats- 
gewalt in Deutschland verursachte die Reformation 
mit ihrer Flut von heftigen, an Form und Ge- 
halt maßlosen Schriften aller Art. Nachdem 
schon auf dem Reichstag zu Worms 1521 das 
Wormser Edikt gegen Luthers Schriften erlassen 
worden war, wurde in den Reichsabschieden von 
Speier 1529 und Augsburg 1530 eine förmliche 
Zensur für das ganze Reich eingeführt. Diese 
sowie spätere Verordnungen wurden vielfach über- 
treten und bei der religiösen und staatlichen Zer- 
rissenheit Deutschlands sehr verschiedenartig ge- 
handhabt. Die Reichspolizeiordnungen von 1548 
und 1577 schärften darum von neuem den Buch- 
druckern, Verlegern und Verkäufern von Büchern 
bei schwerer Strafe und Androhung der Ent- 
ziehung ihres Gewerbes ein, keine Schriften zu 
veröffentlichen und zu verkaufen, welche nicht zu- 
vor der Zensur unterworfen und gutgeheißen 
wären. Auch wurde den reichsständischen Terri- 
torien die Zensur als Grundlage ihrer Gesetz- 
gebung vorgeschrieben. Nach wie vor blieb jedoch 
die Anwendung derselben durchaus ungleich. Poli- 
tische und polizeiliche Gesichtspunkte wurden bei 
ihr fast ausschließlich maßgebend, selbst wo es sich 
um konfessionelle Dinge handelte. Auch in den 
preßgewerblichen Vorschriften herrschte die größte 
Berschiedenheit. Ein kaiserliches Dekret von 1715 
schärfte darum die alten Bestimmungen wieder ein 
und vermehrte sie; desgleichen ein kaiserliches 
Patent von 1746 und die Wahlkapitulationen, 
zuletzt die von Franz II. aus dem Jahr 1792.
	        
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