Full text: Staatslexikon. Vierter Band: Patentrecht bis Staatsprüfungen. (4)

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Historie der vornehmsten Reiche und Staaten von 
Europa“ (3 Bde, 1682) deren 12. Kapitel: „Von 
der Geistlichen Monarchie des Stuhls zu Rom“, 
später als Schmähschrift gegen Rom mehrmals 
besonders wieder abgedruckt ward, so durch Chr. 
Thomasius (Halle 1717). Diese „Einleitung“ 
gibt eine Art Abriß der Staatenkunde und Staaten- 
geschichte in deutscher Sprache, viel und lange ge- 
braucht. Weit bedeutender sind seine offiziellen 
Geschichtswerke, die Geschichte des schwedisch- 
deutschen Kriegs, die Geschichte Karl Gustavs von 
Schweden und des Großen Kurfürsten. Es mag 
einseitig sein, sie zu den „besten historischen Werken, 
die es gibt", zu rechnen (Droysen); unzweifelhaft 
aber bezeichnen sie einen Höhepunkt deutscher Ge- 
schichischreibung, von dem weit zurück und vor- 
wärts zu sehen ist. Freilich hatte Pufendorf in 
Stockholm wie in Berlin den unschätzbaren Vor- 
zug einer fast unbeschränkten Benutzung der Archive 
und dazu die Überlegenheit politischer Durchbil- 
dung. Endlich hat sich Pufendorf auch in der 
Geschichte der Nationalökonomie einen Platz ge- 
sichert, hauptsächlich durch die ausführliche P reis- 
theorie, welche er im fünften Buche seines Natur- 
rechts gibt. 
Literatur. Die hauptsächlichsten Schriften 
P.3 find: Elementa iurisprudentiae universalis 
(Haag 1660); Severini de Monzambano . De 
statu Imperüi Germanici ad Laelium fratrem 
liber unus (Genf, richtig Haag, 1667; in der 
2. Aufl. 1668 fingierter Druckort Verona, richtiger: 
Haag; eine weitere latein. Ausgabe erschien 1734; 
neue Ausgabe 1910, hrsg. von F. Salomon III. Bd, 
4. Hft der „Quellen u. Studien zur Verfassungs- 
geschichte des deutschen Reichs im Mittelalter u. 
Neuzeit", hrsg. von Karl Zeumer; dieselbe Schrift 
Ouesnay — Raiffeisen. 
  
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deutsch, mit Einleitung u. einem Verzeichnis der 
ganzen an die Schrift anknüpfenden Literatur, von 
H. Breßlau, 1870). — De iure naturae et gentium 
libri VIII (Lund, Schonen 1672; eine Reihe spä- 
terer Ausgaben mit Kommentaren, verschiedene 
Übersetzungen ins Französ. von Barbeyrac usw.); 
De officio hominis et civis iuxta legem natura- 
lem libri duo (Lund 1673; ein Auszug aus dem 
vorigen Werk, nicht minder verbreitet). — Eris 
scandica (Sammlung der Streitschriften gegen 
seine orthodoxen Gegner); De habitu religionis 
christianae ad vitam civilem liber singularis 
(Bremen 1687 u. ö.). 
Hinrichs, Gesch, der Rechts- u. Staatsprinzipien 
seit der Reformation II (1850) 1f f; Warn- 
könig, Rechtsphilosophie (21854) 50 ff; R. v. Mohl, 
Gesch. u. Lit. der Staatswissenschaften I (1855); 
O. Klopp, Herr I. C. Bluntschli über S. P., in 
Kleindeutsche Geschichtsbaumeister (1863) 281 ff; 
Bluntschli, Gesch, des allg. Staatsrechts u. der Po- 
litik (1864); Franklin, Das deutsche Reich nach 
Severin von Monzambano (1872); H. v. Treitschke, 
S. P., in Preuß. Jahrb. XXXVXXXVI (1875); 
Roscher, Gesch, der Nationalökonomie (1874) 304 ff; 
Schöne, Zur Gesch. der polit. Theorien in der 
2. Hälfte des 17. Jahrh., in Programm des Gym- 
nasiums Ratibor (1878); G. Frank in der Real- 
enzyklopädie für protest. Theologie XII (21883)Z 
385 ff; J. G. Droysen, Zur Kritik P.3, Abhand- 
lungen zur neueren Gesch. (1876) 307 ff; Lippert 
im Handwörterbuch der Staatswissenschaft VI 
(21901) 274; Jellinek, Das Recht des modernen 
Staats 1 (1900); R. Schmidt, Allg. Staatslehre 
Lu. II (1901/03); Windelband, Gesch. der Philo- 
sophie (31908); P. Cathrein, Recht, Naturrecht u. 
positives Recht (21909). 
LGramich, rev. E. Baumgartner.] 
Ouesnay s. Physiokraten. 
R. 
Raiffeisen, Friedrich Wilhelm, wird 
in volkstümlichen Schriften häufig „der Vater des 
ländlichen Genossenschaftswesens" (vgl. d. Art. Er- 
werbs= und Wirtschaftsgenossenschaften, Bd II) 
genannt. Diese Bezeichnung ist richtig, insofern 
Raiffeisens Anregung an der Ausbreitung der 
Assoziationsidee in ländlichen Kreisen einen hervor- 
ragenden Anteil besitzt. Dabei ist aber festzuhalten, 
daß Raiffeisens organisatorische Tätigkeit sich bei 
dem tatsächlichen Ausbau des ländlichen Genossen- 
schaftswesens fast ausschießlich auf die Gründung 
von Spar= und Darlehnskassenvereinen beschränkt. 
Bezüglich der Bildung der übrigen Arten von 
Genossenschaften besteht sein Verdienst darin, stetig 
in Wort und Schrift auf die wirtschaftliche und 
sittliche Bedeutung des Genossenschaftswesens hin- 
gewiesen zu haben. Die Eigenart seiner Propa- 
ganda geht auf das Motiv der Genossenschafts- 
bildung und deren Ziel: Verbreitung des Ge- 
nossenschaftsgedankens nach dem Grundsatz des 
  
Altruismus und mit der Aufgabe einer sittlichen 
Massenerziehung (Volkspädagogik. 
Raiffeisen wurde geboren am 30. März 1818 
zu Hamm an der Sieg und starb am 11. März 
1888 zu Heddesdorf bei Neuwied. Nach der 
Entlassung aus der Volksschule erhielt er einige 
Zeit Fortbildungsunterricht bei dem Ortspfarrer; 
eine höhere Schule besuchte er nicht und trat 
1835 als Freiwilliger bei einem Artillerieregi- 
ment in Köln ein mit der Absicht, Oberfeuer- 
werker zu werden. Nachdem er aber 1840 das 
Examen für diese Charge gemacht hatte, verließ er 
den Militärdienst und wurde bei der Regierung 
in Koblenz zur Vorbereitung auf den niederen 
Verwaltungsdienst zugelassen. Im Jahr 1843 
wurde er Kreissekretär in Mayen, 1846 Bürger- 
meister in Weyerbusch (Westerwald), 1848 in dem 
benachbarten Flammersfeld, 1852 in Heddesdorf. 
Bei der Neuwahl von 1865 erhielt er nicht mehr 
die Bestätigung der Regierung und wurde Kauf-
	        
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