fullscreen: Staatslexikon. Vierter Band: Patentrecht bis Staatsprüfungen. (4)

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lehnenden Bescheid des Bundesrats ist die Petition 
an den Reichstag zuläfsig. Dadurch, daß nach 
den Reichsjustizgesetzen die Gerichte über Be— 
schwerden wegen verweigerter Justiz und wegen 
richterlicher Disziplinarmaßregeln zu entscheiden 
haben, ist aber die Anrufung der Justizverwal- 
tungsbehörden nicht ausgeschlossen, um durch diese 
die Beseitigung der verletzenden Verfügung im 
Aufsichtsweg herbeizuführen. Denn in dem Auf- 
sichtsrecht ist richterlichen Beamten gegenüber die 
Befugnis gelegen, die ordnungswidrige Aus- 
führung eines Amtsgeschäfts zu rügen und zu 
dessen sachgemäßer und rechtzeitiger Erledigung 
zu ermahnen. 
Im Verwaltungsästreitverfahren können 
Beschwerden gegen Verfügungen, welche die pro- 
zessuale Stellung der Parteien zueinander be- 
treffen, nur im Instanzenzug, verwaltungsgericht- 
liche Verfügungen anderer Art sowohl durch die 
Verwaltungsstreit- als die Verwaltungsaufsichts- 
behörden erledigt werden. Die Entscheidungen der 
Verwaltungsstreitbehörden sind ebenso endgültig 
wie diejenigen der Gerichte. In allen andern 
Verwaltungssachen tritt eine Rechtskraft der Ent- 
scheidungen der Verwaltungsbehörden nicht ein, 
weil die staatlichen Aufsichtsbehörden die Befugnis 
haben, innerhalb ihrer gesetzlichen Zuständigkeit 
Verfügungen und Anordnungen der nachgeord- 
neten Behörden außer Kraft zu setzen oder diese 
Behörden mit Anweisungen zu versehen. Es ist 
daher in allen Justizaufsichtssachen, in den Auf- 
sichtssachen im Verwaltungsstreitverfahren und in 
allen andern Fällen der Verwaltung gegen die 
Verfügungen und Anordnungen der Behörden die 
Beschwerde bis an den Ressortminister zulässig. 
Diese Beschwerde steht aber nur dem Verletzten 
zu. Gegen den die Beschwerde verwerfenden Be- 
scheid des Ressortministers steht dem Verletzten, 
welcher sich auch bei dieser Entscheidung der obersten 
Staatsbehörde nicht beruhigen zu können vermeint, 
die Petition an das Staatsoberhaupt oder an die 
Volksvertretung zu. In diesem Stadium unter- 
scheidet sich diese Petition des Verletzten von andern 
staatsbürgerlichen Petitionen nicht mehr. 
Der Ausdruck Petitionsrecht umfaßt somit nicht 
bloß die auf die Wahrnehmung öffentlicher An- 
gelegenheiten, sondern auch die auf die Verletzung 
individueller Interessen und die Herstellung eines 
verletzten öffentlichen oder privaten Rechts ge- 
richteten Bitten und Verstellungen. Jede Be- 
schwerde enthält eine Bitte um Abhilfe, und jede 
rechtswidrige Verletzung individueller Rechte ist 
eine öffentliche Angelegenheit; jede Erfüllung einer 
individuellen Beschwerde schützt gegen ähnliche 
Störungen der Rechtsordnung. Was die Be- 
schwerde im eigentlichen Sinn von den Petitionen 
scheidet, das ist der Anspruch des Beschwerdeführers 
auf einen Bescheid; die Verpflichtung zu dessen 
Erteilung haben aber nur die Behörden, welche 
durch die Gesetze und vielfach auch durch Verfas- 
sungsbestimmungen (sächsische Verfassungsurkunde 
Petitionsrecht. 
  
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8 36, württembergische Verfassungsurkunde § 36, 
sachsen-altenburgische Verfassung § 65, braun- 
schweigische neue Landesordnung § 38) verpflichtet 
sind, dem Beschwerdeführer die Gründe ihrer Ent- 
cheidung mitzuteilen. Staatsoberhaupt, Bundes- 
rat und Volksvertretung sind zur Erteilung eines 
Bescheids nicht verpflichtet; die Volksvertretung 
ist nach ihrer ganzen Stellung im Staatsorga- 
nismus zu einem solchen Bescheid nicht einmal 
befugt, sie kann die Beschwerde nur, wenn sie 
dieselbe begründet findet, dem Staatsministerium 
zur Berücksichtigung überweisen. In Preußen hat 
die Verfassung eine Antwortpflicht der Minister 
auf die von der Kammer aufgegriffenen Beschwer- 
den statuiert, die sich auch auf die Mitteilung 
erstreckt, was seitens des Ministers auf den Über- 
weisungsbeschluß der Kammer geschehen ist. — 
Von dem Petitionsrecht ist auszuscheiden das den 
Volksvertretungen in den Verfassungen gewähr- 
leistete Recht der Initiative und der Adresse. 
— Do die wichtigsten Petitionen jene sind, welche 
von einzelnen und Korporationen an die Volks- 
vertretung oder den Monarchen oder von der 
Volksvertretung an die höchste Staatsbehörde oder 
das Staatsoberhaupt gerichtet werden, so wird der 
Ausdruck Petitionsrecht vielfach auf diese Bitten 
und Vorstellungen beschränkt; diese Beschränkung 
ist jedoch unbegründet, weil es auch Petitionen 
an Gemeinde-, Kreis-, Bezirks- und Provinzial- 
vertretungen gibt. 
Die Gründe für die Statthaftigkeit des Pe- 
titionsrechts sind gleich den Gründen für die kon- 
stitutionelle Staatsform in der Natur des Staats 
und in der auf Selbstbestimmung gegründeten 
Natur des Menschen zu finden. Beiden widerspricht 
die Ausschließung der Staatsangehörigen von der 
Mitbestimmung ihrer staatlichen Geschicke. Der 
mit Vernunft und freiem Willen geschaffene Mensch 
ist vermöge seiner Natur einerseits zu einem rein 
selbständigen, anderseits zu einem gemeinsamen 
Leben bestimmt. Das gemeinsame Leben der selb- 
ständigen Einzelwesen vollzieht sich in dem mit 
der Existenz des Menschen naturnotwendig ge- 
gebenen Staatsverband. Dieser Staatsverband 
hat die äußern Bedingungen zur Erreichung des 
Zwecks der menschlichen Existenz und hiermit des 
menschlichen Zusammenlebens, soweit dieselben 
durch menschliche Tätigkeit zu verwirklichen sind, 
zu regeln und zu sichern. Aus der Willensfreiheit 
des Menschen folgt, daß derselbe an dieser Reg- 
lung mitzuwirken hat, wenn das menschliche Wesen 
im Leben des einzelnen und der Gesamtheit zur 
vollen Darstellung gelangen und der Zweck der 
Existenz des Menschen und der Menschheit ver- 
wirklicht werden soll. Denn daß der Mensch die 
staatlichen Postulate mit Freiheit erfüllt, entspricht 
nur der passiven Seite seines zur aktiven Mitwir- 
kung an der Erfüllung der menschlichen Aufgaben 
frei geschaffenen Geistes. Der Staat seinerseits, 
welcher aus dem politischen Leben der Untertanen 
seine wesentliche Nahrung zieht, kann die ihm zu- 
 
	        
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