1451 Staatsgrundgesetz
Umstand entgegen, daß die in der Hand des
Herrschers liegende Gewalt nicht als eine ihm vom
Volk übertragene gilt, daß es daher eine weitere,
von ihm unabhängige und ebendarum gleichfalls
höchste Gewalt nicht geben kann. So nachhaltig
also auch die Theorie Montesquieus auf die
Ausgestaltung des Konstitutionalismus eingewirkt
hat, so ist doch das Prinzip der Teilung der Ge-
walten in seinem Sinn von der modernen Staats-
lehre fast überall aufgegeben worden. In der
konstitutionellen Monarchie ist die Volksvertretung
zwar ein Faktor in der Regierung, aber nicht
Träger der Staatsgewalt, und auch ersteres nur
insofern, als der Monarch gewisse Regierungs-
handlungen nicht ohne ihre Mitwirkung vornehmen
darf. Die Rechtsprechung ist zwar jeder direkten
Einflußnahme von seiten der Exekutive entzogen,
aber die Gerichtshöfe, deren Mitglieder von ihr
ernannt werden, bedeuten keine selbständige Ge-
walt im Staat, und die Unabhängigkeit der richter-
lichen Tätigkeit pflegt auf andere Weise geschützt
zu werden.
4. Bedeutet Staatsgewalt Gewalt des Staats,
so folgt, daß sie alle die Rechte besitzen und über
— Staatshaushalt. 1452
den und zu wahrenden Rechten der Bürger. Wo
es sich aber darum handelt, eine unmittelbare
Gefahr abzuwenden oder einen direkten Wider-
stand gegen behördliche Maßregeln zu beseitigen,
da gilt es, energisch zuzugreifen und die Autorität
der Staatsgewalt nachdrücklich durchzusetzen. In
solchen Fällen ist, wenn die Organe des gewöhn-
lichen Sicherheitsdienstes nicht ousreichen, die An-
rufung militärischer Hilfe zulässig und geboten.
Ebenso ist einleuchtend, aber auch allgemein an-
erkannt, daß bei außerordentlichen Anlässen, wie
Krieg, Aufruhr usw., außerordentliche Maßregeln
in den Befugnissen der Staatsgewalt liegen müssen
(Erklärung des Belagerungszustands) und sie für
ihre Handlungen unter Umständen auch nicht an
diejenigen Formen und Schranken gebunden ist,
welche die Verfassung des Staats für den regel-
mäßigen Gang der Staatsgeschäfte vorschreibt
(ogl. d. Art. Notrecht).
Literatur. Siehe die Angaben beim Art.
Staat. lv. Hertling.)
Staatsgrundgesetz s. Staatsverfassung.
Staatshaushalt. II. Einleitung, Be-
griffsbestimmung: a) Ausgaben, b) Einnahmen.
diejenigen Machtmittel verfügen muß welche von II. Staatshaushaltsetat, Voranschlag des Staats-
der Aufrechterhaltung des Staats gefordert sind haushalts, Budget. III. Anfänge des Etatswesens;
Den aus der Fürsorge für das Gemeinwohl ent-Budget in England, Frankreich, Österreich
stammenden und auf rechtmäßige Weise erlassenen IV. Staatshaushaltsetat im Deutschen Reich und
Anordnungen darf sich kein einzelner eigenwillig
entziehen, und die Macht der Staatsgewalt muß
groß genug sein, jeden unberechtigten Widerstand
siegreich zu überwinden, oder besser noch, von
in Preußen. V. Materielle Entwicklung des Bud-
gets im Reich und in Preußen. VI. Die Verfassungs-
bestimmungen über das Budget im Deutschen Reich
und in den größeren Bundesstaaten. VII. Staats-
rechtliche Bedeutung der Verfassungsbestimmungen
jedem Versuche eines solchen von vornherein ab= (Konflikt in Bayern und Preußen). VIll. Finanz-
zuschrecken. Schwache Regierungen sind jederzeit behörden. IX. Kassenwesen. X. Kontrolle der Ein-
ein Unglück für den Staat, den alsdann einzelne nahmen und Ausgaben.]
Große, politische Faktionen oder kapitalistische I. Einleitung, Begriff. Der Haushalt des
Vereinigungen für ihre eigensüchtigen Interessen Staats im weitesten Sinn des Worts umfaßt das
auszubeuten wissen. Je verwickelter daher das gesamte wirtschaftliche Leben des Staats. Alles,
Leben der Staatsgenossen wird, je zahlreicher und was zur Hervorbringung und Beschaf-
mächtiger die verschiedenen innerhalb des Staats fung von Sachgütern dient, welche zu den Staats-
vorhandenen gesellschaftlichen Kreise sind, desto zwecken Verwendung finden können, gehört dem-
mehr kommt es darauf an, daß der Träger der nach zum Haushalt des Staats. Da sind die
Staatsgewalt imstande sei, in dem Widerstreit großen Betriebsverwaltungen (Eisenbahnen, Post
der Interessen das Wohl des Ganzen zu wahren und Telegraphie, Bergbau), deren Überschüsse zur
und die Rechte aller zu schützen, zumal derer, Verfügung gestellt werden, die Verwaltung der
welche selbst hierzu nicht stark genug sind. Im Domänen und Forsten, welche von Bedeutung für
übrigen wird die Kompetenz der Staatsgewalt die Gestaltung des Haushalts sind, also alle in
durch die Kompetenz des Staats bestimmt, es
ist daher auf frühere Erörterungen zu verweisen
(s. d. Art. Staat). — Die Mittel, durch welche
die Staatsgewalt ihre Macht betätigt, sind ange-
drohte und vollzogene Strafen und die Anwendung
unmittelbaren Zwangs. Natürlich ist weder das
eine noch das andere der freien Willkür zu über-
lassen. Strafen können nach den im modernen
Rechtsstaat geltenden Grundsätzen nur von den
Gerichten zuerkannt werden und nur auf Grund
eines vom Gesetz vorgeschriebenen Verfahrens und
in der gesetzlichen Höhe und Beschaffenheit. Ebenso
gehören die persönliche Freiheit und die Unantast-
barkeit der Person zu den vom Staat zu schützen-
eine Behandlung desselben hineingezogen werden
könnten. Noch unmittelbarer kommen in Betracht
die aus der Ausübung des Besteuerungsrechts des
Staats hervorgehenden Einnahmen.
Im Haushalt des Staats ist dann aber auch
für die zweckentsprechende Verwendung der
Mittel Sorge zu tragen. Es gehört daher zum
Staatshaushalt auch die Tätigkeit der gesamten
Verwaltung in allen ihren einzelnen Zweigen,
nicht nur der Betriebsverwaltungen, welche Ein-
nahmen des Staats beschaffen, sondern auch der
andern Teile der Verwaltung, deren Aufgabe es
ist, die ihnen zugewiesenen Mittel ihrer Aufgabe
nach zu benutzen. — Setzt man an Stelle des