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maßen leidlicher Zustand hergestellt war. Aber die Bestimmungen des Allgem. Landrechts auf-
seit etwa Mitte des 18. Jahrh. bis tief ins gehoben wurden, bezog auch geographische, topo-
19. Jahrh. hinein war der Nachdruck geradezu zu graphische, architektonische und ähnliche Zeich-
einer Plage geworden; waren doch z. B. von nungen, musikalische Kompositionen, Kunstwerke
Goethes Werther bereits im zweiten Jahr nach und bildliche Darstellungen in den Rahmen des
seinem Erscheinen nicht weniger als sieben Nach- Urheberrechts ein und stellte nach buchhändlerischem
drucke erschienen. Begünstigt wurde dieses Un= Vorschlag als Dauer des letzteren die heute noch
wesen teils durch die Anschauungen der Juristen= gültige Frist von 30 Jahren nach dem Tod des
sakultäten verschiedener Universitäten, z. B. Jena, Urhebers zum ersten Mal auf. Dieses Gesetz,
die sich gegen die Anerkennung des Autorrechts unterstützt durch einige Bundestagsbeschlüsse, na-
und für die Beibehaltung des eine Geldquelle für mentlich einen solchen von 1845, ist dann die
die Fürsten bildenden Privilegienwesens aus- Grundlage für alle in den 1840er Jahren in den
sprachen, teils durch die damalige unter der Herr= übrigen deutschen Staaten entstandenen Urheber-
schaft merkantilistischer Ideen stehende Gewerbe= rechtsgesetze geworden. Im großen und ganzen
politik, die in dem Nachdruck „ausländischer“ konnte damit der Nachdrucksunfug in Deutschland
Werke (unter Ausland war auch jeder deutsche als unterdrückt gelten. Für die Beseitigung ein-
Bundesstaat begriffen) einen Vorteil für das ein= zelner immer noch störend wirkender singulärer
heimische Gewerbe erblickte. Nur in einzelnen Bestimmungen und Herbeiführung vollster Ein-
deutschen Staaten wurde neben dem Nachdruck heitlichkeit war insbesondere der 1825 gegründete
privilegierter Bücher auch der unprivilegierter Börsenverein der deutschen Buchhändler tätig, ohne
Werke verboten. So in einem kursächsischen Man= daß indessen ein gleich erfreulicher Erfolg wie bei
dat vom 18. Dez. 17783. Auf diesem Stand- dem Handelsgesetzbuch und der Wechselordnung
punkt steht auch 2an Preußische Allgem. Landrecht, erzielt worden wäre. Als aber der Norddeutsche
das dann noch weiter geht und — allerdings Bund gegründet worden war und den oben er-
unter der Voraussetzung der Gegenseitigkeit — wähnten Art. 4 in seine Verfassung ausgenommen
das Nachdrucksverbot auf alle im Gebiet des hatte, wurde die Sache rasch gefördert. Bereits
ganzen damaligen Deutschen Reichs verlegten Werke am 11. Juni 1870 konnte das Gesetz betr. das
erstreckte. Es hätte nur eines entsprechenden Urheberrecht an Schriftwerken, Abbildungen,
Schritts der übrigen deutschen Staaten bedurft, musikalischen Kompositionen und dramatischen
umeinen befriedigenden Zustand herzustellen. Der Werken erlassen werden, das nach Gründung des
Eintritt der Revolutionswirren hemmte indessen Deutschen Reichs im ganzen Gebiet desselben in
einen solchen Fortschritt. Allerdings folgte Baden Geltung gesetzt wurde und für die angegebene
1806 und Bayern 1813 dem Beispiel Preußens, Materie bis zum 1. Jan. 1902 in Geltung blieb
und die linke Rheinseite erhielt mit dem napoleo= (für das Urheberrecht au Mustern und Modellen
nischen Code pénal von 1810 ein Schutzgesetz gilt ein Teil noch heute). Zu diesem Zeitpunkt
gegen Nachdruck. Aber im übrigen blieben auch trat das Reichsgesetz vom 19. Juni 1901 betr.
nach Beendigung der Revolutionszeit die durch das Urheberrecht an Werken der Literatur und der
Art. 18 der deutschen Bundesakte verheißenen, Tonkunst in Kraft, hervorgegangen aus dem Be-
gleichförmigen Bestimmungen gegen den Nach= dürfnis, den Autorenschutz zu verstärken, auch die
druck aus. Deswegen ging nunmehr Preußen Nechtssäte dem inzwischen ergangenen B.G. B.,
(wie es ähnlich bei der Anbahnung des Zoll- sowie der noch unter V zu erwähnenden Berner
vereins verfahren hatte) mit der Abschließung sepa= Konvention zu adaptieren. Dem letzteren Zweck
rater Literarverträge mit den einzelnen Bundes= dient dann noch besonders ein Ausführungsgesetz zu
staaten vor. In den Jahren 1827/29 schloß es dieser Konvention vom 22. Mai 1910. — Die
nicht weniger als 31 solcher Staatsverträge zur Gesetzgebung findet auch auf unsere Schutzgebiele
Unterdrückung des Nachdrucks. Württemberg hielt Anwendung.
sich zurück, auch Osterreich, dies jedoch nur dor- 2. Der Kreis der geschützten Werke.
mell, während es materiell dieselben Grundsätze Nach Maßgabe des Gesetzes vom 19. Juni 1901
verfolgte. Ein weiterer Fortschrikt knüpft sich dann bzw. 22. Mai 1910 werden geschützt: 1) Die
an den Bundesralsbeschluß vom 6. Sept. 1882, Urheber von Schriftwerken und solchen Vorträgen
wonach bei Anwendung der gesetzlichen Vorschrif= oder Reden, welche dem Zweck der Erbauung,
ten gegen den Nachdruck der Schutz allen gleich= der Belehrung oder der Unterhaltung dienen;
mäßig zuslehen solle, gleichgültig welchem Bundes- 2) die Urheber von Werken der Tonkunst; 3) die
staat der Schutz Suchende angehöre. Urheber von solchen Abbildungen wissenschaftlicher
Ein eigentliches Urheberrecht an literarischen oder technischer Art, welche nicht ihrem Hauptzweck
usw. Erzeugnissen, das nicht wie bis dahin die nach als Kunstwerke zu betrachten sind. Zu den
Rechte des Druckers bzw. Verlegers, sondern die Abbildungen gehören auch plastische Darstellungen.
des Verfassers zum Ausgangspunkt und Endziel — Als Schriftwerk ist ein Geisteserzeugnis nur
nimmt, brachte aber erst das preußische Gesetz vom anzusehen, wenn es durch Schrift oder Druck
11. Juni 1837. Diese unter Savignys Leuung firiert ist. Chorcographische und pantomimische
ausgearbeitete gesetzgeberische Leistung, durch welche Werke werden auch dann wie Schriftwerke ge-