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Weitere Beschränkungen des Urheberrechts sind
dann endlich zugunsten der Verwendung einzelner
Stellen oder Teile eines Werks oder auch einzelner
Gedichte zu einer andern literarischen Arbeit oder
zu einer Sammlung für den Kirchen-, Schul= oder
einen sonstigen eigentümlichen Gebrauch oder zur
Verbindung mit einem Werk der Tonkunst auf-
gestellt. Auch zugunsten der mechanischen Wieder-
gabe sind Beschränkungen eingeführt wie auch
insbesondere zugunsten der öffentlichen Auffüh-
rung von Werken der Tonkunst bei Volksfesten,
Vereinsfesten, Wohltätigkeitsfesten. Durch das
Gesetz vom 22. Mai 1910 zur Ausführung der
Berner Übereinkunft ist sodann unter gewissen
Voraussetzungen eine Zwangslizenz für die Be-
nützung von Werken der Tonkunst zur mechanischen
Wiedergabe eingeführt. — Insoweit ein fremdes
Werk benützt werden darf, ist stets die Quelle
deutlich anzugeben. Selbstverständlich ist es, daß
die freie Benützung eines fremden Werks gestattet
ist, wenn dadurch eine eigentümliche Schöpfung
hervorgebracht wird. Als eine solche Schöpfung
ist es nicht anzusehen und die Benützung insoweit
also unzulässig, wenn bei einem Werk der Ton-
kunst eine Melodie dem Werk erkennbar entnom-
men und dem neuen Werk zugrunde gelegt wird.
5. Dauer des Schutzes. Der Schutz des
Urhebers endigt, wenn seit dem Tod des Urhebers
30 Jahre und außerdem seit der ersten Veröffent-
lichung des Werks 10 Jahre abgelaufen sind, bei
mehreren Urhebern seit dem Tod des Letztlebenden.
Bei anonymen und pseudonymen Werken endigt
der Schutz mit dem Ablauf von 30 Jahren seit
der Veröffentlichung. Dazu s. unter 6 Abs. 3.
Steht der Schutz einer juristischen Person zu, so
endigt er mit dem Ablauf von 30 Jahren seit der
Veröffentlichung. Bei Werken, die aus mehreren
in Zwischenräumen veröffentlichten Bänden be-
stehen, sowie bei fortlaufenden Berichten oder
Heften wird jeder Band, jeder Bericht oder jedes
Heft für die Berechnung der Schutzfrist als ein
besonderes Werk angesehen. Bei den in Liefe-
rungen veröffentlichten Werken wird die Schutz-
frist erst von der Veröffentlichung der letzten Liefe-
rung an berechnet. Die Schutzfristen beginnen
mit dem Ablauf des Kalenderjahrs, in welches die
den Beginn bewirkende Tatsache, also der Tod
des Urhebers oder die Veröffentlichung des Werks,
gefallen ist. Einem nachgelassenen Werk, das am
1. Jan. 1902 noch nicht veröffentlicht war, wird
die dreißigjährige Frist auch dann zu teil, wenn
die frühere Schutzfrist bereits abgelaufen war.
6. Rechtsschutz. Der Rechtsschutz besteht
zunächst in einem Anspruch des Urhebers oder
seines Rechtsnachfolgers auf Unterlassung jeder
Verletzung seines ausschließlichen Rechts gegen
ieden, der sich einer solchen Verletzung schuldig
macht. Er besteht ferner in einem Anspruch auf
Schadenersatz gegen jeden, der vorsätzlich oder
fahrlässig das ausschließliche Recht verletzt. Vor-
sätzlichkeit und Fahrlässigkeit sind nach den all-
Staatslexikon. V. 3. u. 4. Aufl.
Urheberrecht.
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gemeinen Grundsätzen des bürgerlichen Rechts zu
beurteilen. Was insbesondere die letztere betrifft.
so besteht sie in der Außerachtlassung der im Ver-
kehr erforderlichen Sorgfalt, was bei etwaigen
Verstößen gegen das Urheberrecht durch berufs-
mäßig mit der Vervielfältigung und Verbreitung
von Werken beschäftigten Personen, den Verlegern,
von besonderer Bedeutung werden kann. Es ist
der volle Schade, der dem Berechtigten entstan-
den ist, nach § 249 ff B.G.B. zu ersetzen. Beide
Ansprüche werden im Weg der Klage geltend ge-
macht; in letzter Instanz ist das Reichsgericht zu-
ständig. Siehe noch Abs. 5 unten. Außerdem ist
die Verletzung des Urheberrechts mit Strafe be-
droht, und zwar je nach den verschiedenen Arten
der Verletzung mit Geldstrafe bis zum Höchst-
betrag von 300 bzw. 1500 bzw. 3000 M, an
deren Stelle im Fall der Unbeibringlichkeit Ge-
fängnisstrafe von höchstens einem Monat bzw. drei
bzw. sechs Monaten tritt. Soweit es sich um die
Unterlassung der vorgeschriebenen Quellenangabe
handelt, ist Geldstrafe bis zu 150 M angedroht.
Statt der vorerwähnten Verpflichtung zum Scha-
denersatz kann auf Antrag des verletzten Berech-
tigten im Strafverfahren auf eine an ihn zu er-
legende Buße bis zum Höchstbetrag von 6000 M
erkannt werden, sofern die Bestrafung erfolgt.
Eine erkannte Buße schließt dann die Geltend-
machung eines weiteren Anspruchs auf Schaden-
ersatz aus. Sodann findet gemäß näherer Be-
stimmung die Vernichtung der widerrechtlich her-
gestellten Exemplare eines Werks und die zu deren
Herstellung dienenden Vorrichtungen statt, bzw.
auf Verlangen des Berechtigten deren Uberweisung
an ihn gegen angemessene Vergütung. — Die
Strafverfolgung tritt nur auf Antrag, der zurück-
genommen werden kann, durch die Staatsanwalt-
schaft ein. Nach dem Entwurf zur neuen Straf-
prozeßordnung soll sie im Weg des Privatklage-
verfahrens statthaben. — Der Anspruch auf
Schadenersatz und die Strafverfolgung verjähren
in drei Jahren von dem Tag ab gerechnet, an
dem die Verbreitung der Nachdrucksexemplare zu-
erst stattgefunden hat. — Ob dem Berechtigten
wegen Verletzung seines Urheberrechts auch ein
Anspruch auf Herausgabe der etwaigen ungerecht-
fertigten Bereicherung gegen den Verletzer nach
den Vorschriften der §§ 812 ff B. G.B. zusteht,
ist bestritten.
Den Rechtsschutz genießen nicht bloß die Reichs-
angehörigen, sondern auch die Ausländer für jedes
im Inland erscheinende Werk, sofern sie nicht das
Werk oder eine Übersetzung an einem früheren
Tag im Ausland haben erscheinen lassen.
Ein Urheber, der anonym oder pseudonym ein
Werk herausgegeben hat, kann sich den normalen
Schutz des Werks dadurch sichern, daß er seinen
wahren Namen in die sog. Eintragsrolle eintragen
läßt. Diese Rolle wird bei dem Stadtrat in Leip-
zig geführt. Ihre Einsicht steht jedem frei, auch
können Auszüge aus ihr verlangt werden. Die
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