Full text: Staatslexikon. Fünfter Band: Staatsrat bis Zweikampf. (5)

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Verfasser eines Werkes der Literatur oder der 
Tonkunst einen Vertrag, durch den er sich ver- 
pflichtet, dem Verleger das Werk zur Vervielfälti- 
gung und Verbreitung für eigne Rechnung zu 
überlassen, und übernimmt in diesem Vertrag der 
Verleger diese Verpflichtung, so liegt ein Verlags- 
vertrag im Sinn des Verlagsgesetzes vor. Der 
Urheber wird damit verpflichtet, dem Verleger das 
ausschließliche Recht zur Vervielfältigung und 
Verbreitung — das Verlagsrecht — zu verschaffen. 
Dieses Verlagsrecht ist also ein Teil des Urheber= 
rechts. Der Rest des Urheberrechts verbleibt dem 
Urheber. Er umfaßt noch eine Reihe von Befug- 
nissen, die trotz des Verlagsvertrags dem Urheber 
verbleiben, soweit nicht ausdrücklich vereinbart ist, 
daß sie auch auf den Verleger übergehen sollen. 
Dahin gehört das Recht der Vervielfältigung und 
Verbreitung für die Übersetzung in eine andere 
Sprache oder in eine andere Mundart, für die 
Wiedergabe einer Erzählung in dramatischer Form 
oder eines Bühnenwerkes in der Form einer Er- 
zählung, für die Bearbeitung eines Werkes der 
Tonkunst, für die Benutzung des Werkes zum 
Zweck der mechanischen Wiedergabe für das Gehör 
oder für die Benutzung eines Werkes zu kinemato- 
graphischen Zwecken. Auch ist der Urheber zur 
Vervielfältigung und Verbreitung in einer Ge- 
samtausgabe befugt, wenn seit dem Ablauf des 
Kalenderjahrs, in welchem das Werk erschienen ist, 
20 Jahre verstrichen sind. Nicht minder darf er 
Beiträge zu einem Sammelwerk, für die ihm ein 
Anspruch auf Vergütung nicht zusteht, anderweit 
verwerten, wenn seit dem Ablauf des Kalender- 
jahrs, in welchem sie erschienen sind, ein Jahr ver- 
strichen ist. Im übrigen also geht durch den Ver- 
lagsvertrag das erwähnte ausschließliche Recht auf 
den Verleger über. Es sind ihm aber doch gewisse 
Beschränkungen in der Ausübung auferlegt. So 
ist er nicht ohne weiteres berechtigt, ein Einzelwerk 
für eine Gesamtausgabe oder ein Sammelwerk, 
sowie Teile einer Gesamtausgabe oder eines 
Sammelwerkes für eine Sonderausgabe zu ver- 
werten. Er ist nur zu einer Auflage berechtigt, die 
im Zweifel 1000 Abzüge beträgt und die üblichen 
Zuschuß= und Freiexemplare (letztere höchstens ein 
Zwanzigstel der zulässigen Abzüge) nicht mitumfaßt. 
Gehen Abzüge unter, die der Verleger auf Lager hat, 
so darf er sie durch andere ersetzen. In dem Um- 
fang, in dem hiernach der Verleger das Verlagsrecht 
erhält, ist jeder andere, auch der Urheber, ver- 
pflichtet, sich der Vervielfältigung und Verbreitung 
zu enthalten. Einerseits kann also der Verleger, 
wenn er über seine Befugnisse hinausgeht, sich 
einer Verletzung des Urheberrechts schuldig machen, 
anderseits aber auch der Urheber selbst, wenn er in 
die ausschließlichen Befugnisse des Verlegers ein- 
greift. Soweit der Schutz des Verlagsrechts es 
erfordert, kann der Verleger, solange das Verlags- 
recht dauert, also auch gegen den Urheber sowie 
gegen Dritte die Befugnisse aus eignem Recht und 
im eignen Namen ausüben, die zum Schutz des 
Verlagsrecht. 
  
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Urheberrechts durch das Gesetz vorgesehen sind. 
Dieser Schutz besteht hauptsächlich in dem An- 
spruch auf Schadenersatz bzw. im Strafverfahren 
auf Buße und auf Vernichtung der widerrechtlich 
hergestellten und verbreiteten Exemplare sowie 
der zu dieser Herstellung dienenden Vorrichtungen 
nach Maßgabe des Urheberrechtsgesetzes. Darin 
besteht die dingliche Wirkung des Verlagsrechts. 
2. Verlagsvertrag. Beginn, Über- 
tragung und Beendigung des Verlags- 
rechts. a) Der Verlagsvertrag ist an keine Form 
gebunden. Das Verlagsrecht entsteht aber noch 
nicht mit seinem Abschluß, sondern erst mit der 
Ablieferung des Werkes an den Verleger, und es 
erlischt mit der Beendigung des Vertragsverhält- 
nisses. Der Urheber ist verpflichtet, dem Verleger 
das Werk in einem für die Vervielfältigung ge- 
eigneten Zustand abzuliefern, und zwar sofort, 
wenn der Vertrag über ein bereits vollendetes 
Werk geschlossen ist, oder nach einer angemessenen 
Frist, wenn das Werk erst noch hergestellt werden 
soll. Auch noch nach Beginn und bis zur Beendi- 
gung der Vervielfältigung darf der Verfasser Ande- 
rungen vornehmen oder durch einen Dritten vor- 
nehmen lassen, soweit dadurch nicht ein berechtigtes 
Interesse des Verlegers verletzt wird oder sie nicht 
das übliche Maß übersteigen. Vor der Veranstal- 
tung einer neuen Auflage hat der Verleger dem 
Urheber hierzu Gelegenheit zu geben. Dagegen ist 
der Verleger zu solchen Anderungen, namentlich 
auch in betreff des Titels und der Bezeichnung 
des Urhebers, nicht befugt, abgesehen von solchen, 
zu denen der Urheber seine Einwilligung nach 
Treu und Glauben nicht versagen könnte. Der 
Verleger muß das Werk in der seinem Zweck ent- 
sprechenden und üblichen Weise vervielfältigen, 
wobei er über die Form und Ausstattung der Ab- 
züge unter Beobachtung der im Buchhandel herr- 
schenden Ubung bestimmen kann. Er muß auch 
unverzüglich mit der Vervielfältigung beginnen, 
sobald ihm das Werk vollständig oder bei ab- 
teilungsweiser Herausgabe in dem betreffenden 
Teil zugegangen ist. Der Verleger ist verpflichtet, 
diejenige Zahl von Abzügen herzustellen, zu der 
er berechtigt ist; er braucht dies nicht auf einmal 
zu tun, er muß aber rechtzeitig dafür sorgen, daß 
der Bestand nicht vergriffen wird. Ob der Ver- 
leger berechtigt ist, eine neue Auflage zu veran- 
stalten, richtet sich nach dem Vertrag; ist er dazu 
berechtigt, so ist er doch nicht verpflichtet, davon 
Gebrauch zu machen. Der Urheber kann ihm aber 
dann für die Ausübung des Rechts eine Frist be- 
stimmen und kann, wenn die Frist verlaufen ist, 
ohne daß die Veranstaltung rechtzeitig erfolgt ist, 
vom Vertrag zurücktreten. Er kann das auch ohne 
Bestimmung einer Frist, wenn die Veranstaltung 
vom Verleger verweigert wird. Fällt der Zweck, 
welchem das Werk dienen sollte, nach dem Ab- 
schluß des Vertrags weg, so kann der Verleger das 
Vertragsverhältnis kündigen, der Anspruch des 
Urhebers auf die Vergütung bleibt dabei unbe- 
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