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Verfasser eines Werkes der Literatur oder der
Tonkunst einen Vertrag, durch den er sich ver-
pflichtet, dem Verleger das Werk zur Vervielfälti-
gung und Verbreitung für eigne Rechnung zu
überlassen, und übernimmt in diesem Vertrag der
Verleger diese Verpflichtung, so liegt ein Verlags-
vertrag im Sinn des Verlagsgesetzes vor. Der
Urheber wird damit verpflichtet, dem Verleger das
ausschließliche Recht zur Vervielfältigung und
Verbreitung — das Verlagsrecht — zu verschaffen.
Dieses Verlagsrecht ist also ein Teil des Urheber=
rechts. Der Rest des Urheberrechts verbleibt dem
Urheber. Er umfaßt noch eine Reihe von Befug-
nissen, die trotz des Verlagsvertrags dem Urheber
verbleiben, soweit nicht ausdrücklich vereinbart ist,
daß sie auch auf den Verleger übergehen sollen.
Dahin gehört das Recht der Vervielfältigung und
Verbreitung für die Übersetzung in eine andere
Sprache oder in eine andere Mundart, für die
Wiedergabe einer Erzählung in dramatischer Form
oder eines Bühnenwerkes in der Form einer Er-
zählung, für die Bearbeitung eines Werkes der
Tonkunst, für die Benutzung des Werkes zum
Zweck der mechanischen Wiedergabe für das Gehör
oder für die Benutzung eines Werkes zu kinemato-
graphischen Zwecken. Auch ist der Urheber zur
Vervielfältigung und Verbreitung in einer Ge-
samtausgabe befugt, wenn seit dem Ablauf des
Kalenderjahrs, in welchem das Werk erschienen ist,
20 Jahre verstrichen sind. Nicht minder darf er
Beiträge zu einem Sammelwerk, für die ihm ein
Anspruch auf Vergütung nicht zusteht, anderweit
verwerten, wenn seit dem Ablauf des Kalender-
jahrs, in welchem sie erschienen sind, ein Jahr ver-
strichen ist. Im übrigen also geht durch den Ver-
lagsvertrag das erwähnte ausschließliche Recht auf
den Verleger über. Es sind ihm aber doch gewisse
Beschränkungen in der Ausübung auferlegt. So
ist er nicht ohne weiteres berechtigt, ein Einzelwerk
für eine Gesamtausgabe oder ein Sammelwerk,
sowie Teile einer Gesamtausgabe oder eines
Sammelwerkes für eine Sonderausgabe zu ver-
werten. Er ist nur zu einer Auflage berechtigt, die
im Zweifel 1000 Abzüge beträgt und die üblichen
Zuschuß= und Freiexemplare (letztere höchstens ein
Zwanzigstel der zulässigen Abzüge) nicht mitumfaßt.
Gehen Abzüge unter, die der Verleger auf Lager hat,
so darf er sie durch andere ersetzen. In dem Um-
fang, in dem hiernach der Verleger das Verlagsrecht
erhält, ist jeder andere, auch der Urheber, ver-
pflichtet, sich der Vervielfältigung und Verbreitung
zu enthalten. Einerseits kann also der Verleger,
wenn er über seine Befugnisse hinausgeht, sich
einer Verletzung des Urheberrechts schuldig machen,
anderseits aber auch der Urheber selbst, wenn er in
die ausschließlichen Befugnisse des Verlegers ein-
greift. Soweit der Schutz des Verlagsrechts es
erfordert, kann der Verleger, solange das Verlags-
recht dauert, also auch gegen den Urheber sowie
gegen Dritte die Befugnisse aus eignem Recht und
im eignen Namen ausüben, die zum Schutz des
Verlagsrecht.
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Urheberrechts durch das Gesetz vorgesehen sind.
Dieser Schutz besteht hauptsächlich in dem An-
spruch auf Schadenersatz bzw. im Strafverfahren
auf Buße und auf Vernichtung der widerrechtlich
hergestellten und verbreiteten Exemplare sowie
der zu dieser Herstellung dienenden Vorrichtungen
nach Maßgabe des Urheberrechtsgesetzes. Darin
besteht die dingliche Wirkung des Verlagsrechts.
2. Verlagsvertrag. Beginn, Über-
tragung und Beendigung des Verlags-
rechts. a) Der Verlagsvertrag ist an keine Form
gebunden. Das Verlagsrecht entsteht aber noch
nicht mit seinem Abschluß, sondern erst mit der
Ablieferung des Werkes an den Verleger, und es
erlischt mit der Beendigung des Vertragsverhält-
nisses. Der Urheber ist verpflichtet, dem Verleger
das Werk in einem für die Vervielfältigung ge-
eigneten Zustand abzuliefern, und zwar sofort,
wenn der Vertrag über ein bereits vollendetes
Werk geschlossen ist, oder nach einer angemessenen
Frist, wenn das Werk erst noch hergestellt werden
soll. Auch noch nach Beginn und bis zur Beendi-
gung der Vervielfältigung darf der Verfasser Ande-
rungen vornehmen oder durch einen Dritten vor-
nehmen lassen, soweit dadurch nicht ein berechtigtes
Interesse des Verlegers verletzt wird oder sie nicht
das übliche Maß übersteigen. Vor der Veranstal-
tung einer neuen Auflage hat der Verleger dem
Urheber hierzu Gelegenheit zu geben. Dagegen ist
der Verleger zu solchen Anderungen, namentlich
auch in betreff des Titels und der Bezeichnung
des Urhebers, nicht befugt, abgesehen von solchen,
zu denen der Urheber seine Einwilligung nach
Treu und Glauben nicht versagen könnte. Der
Verleger muß das Werk in der seinem Zweck ent-
sprechenden und üblichen Weise vervielfältigen,
wobei er über die Form und Ausstattung der Ab-
züge unter Beobachtung der im Buchhandel herr-
schenden Ubung bestimmen kann. Er muß auch
unverzüglich mit der Vervielfältigung beginnen,
sobald ihm das Werk vollständig oder bei ab-
teilungsweiser Herausgabe in dem betreffenden
Teil zugegangen ist. Der Verleger ist verpflichtet,
diejenige Zahl von Abzügen herzustellen, zu der
er berechtigt ist; er braucht dies nicht auf einmal
zu tun, er muß aber rechtzeitig dafür sorgen, daß
der Bestand nicht vergriffen wird. Ob der Ver-
leger berechtigt ist, eine neue Auflage zu veran-
stalten, richtet sich nach dem Vertrag; ist er dazu
berechtigt, so ist er doch nicht verpflichtet, davon
Gebrauch zu machen. Der Urheber kann ihm aber
dann für die Ausübung des Rechts eine Frist be-
stimmen und kann, wenn die Frist verlaufen ist,
ohne daß die Veranstaltung rechtzeitig erfolgt ist,
vom Vertrag zurücktreten. Er kann das auch ohne
Bestimmung einer Frist, wenn die Veranstaltung
vom Verleger verweigert wird. Fällt der Zweck,
welchem das Werk dienen sollte, nach dem Ab-
schluß des Vertrags weg, so kann der Verleger das
Vertragsverhältnis kündigen, der Anspruch des
Urhebers auf die Vergütung bleibt dabei unbe-
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