809
nach der Ablieferung an den Verleger durch Zufall
zugrunde geht, und sodann, wenn der Urheber
vor Vollendung des ganzen Werkes, aber nach Ab-
lieferung eines Teils stirbt. Im ersten Fall be-
hält der Urheber seinen Anspruch auf Vergütung,
im übrigen aber werden beide Teile frei, nur muß
der Urheber, sofern er auf Grund von Vor-
arbeiten ohne große Mühe das kann, ein neues
Werk gegen eine weitere angemessene Vergütung
liefern. Im zweiten Fall kann der Verleger wegen
des gelieferten Teils den Vertrag durch eine dem
Erben des Verfassers gegenüber abzugebende Er-
klärung aufrechterhalten.
3. Einige besondere Vorschriften tragen den bei
Zeitungen, Zeitschriften und sonstigen
periodischen Sammelwerken vorkommen-
den Verhältnissen Rechnung, indem sie sowohl
diejenigen, welche Beiträge dazu liefern, als auch
anderseits die Verleger freier stellen, als dies nach
den vorgedachten Vorschristen gemäß dem ge-
wöhnlichen Verlagsvertrag der Fall sein würde.
Ihnen liegt der Gedanke zugrunde, daß der Ur-
heber eines Beitrags nicht die ausschließliche Be-
fugnis zum Abdruck einer Zeitung usw. allein
übertragen, daß er sich vielmehr die anderweitige
Verfügung vorbehalten will. Ist der Beitrag für
eine Zeitung geliefert, so hat er diese Befugnis
sofort nach dem Erscheinen der Zeitung, im übrigen
nach Ablauf eines Jahrs seit dem Erscheinen, auch
wenn der Verleger das ausschließliche Recht er-
halten hatte. Wird der Beitrag nicht innerhalb
eines Jahrs nach der Ablieferung veröffentlicht, so
kann der Urheber kündigen und sein Anspruch auf
Vergütung bleibt bestehen. Anspruch auf Frei-
exemplare hat der Urheber eines Beitrags in einer
Zeitung nicht, auch nicht auf Uberlassung von
Abzügen zum Buchhändlerpreis. Der Verleger ist
anderseits insoweit noch freier gestellt, als er in
der Zahl der herzustellenden Abzüge nicht be-
schränkt ist und als er bei einem Beitrag, der
ohne den Namen des Urhebers erscheinen soll, an
der Fassung solche Anderungen vornehmen darf,
welche bei Sammelwerken derselben Art üblich sind.
4. Das Gesetz hat auch den Fall nicht un-
geregelt gelassen, in welchem Gegenstand des
Vertrags ein Werk sein soll, an dem ein
Urheberrecht nicht besteht, das also gemeinfrei
ist, weil daran ein solches Urheberrecht nie be-
standen hat oder weil die Schutzfrist abgelaufen
ist. In einem solchen Fall ist der Verlaggeber zur
Verschaffung des Verlagsrechts nicht verpflichtet.
Verschweigt er aber arglistig, daß das Werk be-
reits anderweit in Verlag gegeben oder veröffent-
licht worden ist, so finden die Vorschriften des
bürgerlichen Rechts, welche für die dem Verkäufer
wegen eines Mangels im Recht obliegende Ge-
währleistungspflicht gelten, entsprechende Anwen-
dung. Er muß sich bis zum Ablauf von sechs
Monaten der Vervielfältigung und Verbreitung
des Werkes ebenso enthalten, wie wenn an dem
Werk ein Urheberrecht bestände. Auf der andern
Verlagsrecht.
810
Seite wird der Verleger in Ansehung eines solchen
Werkes durch den Verlagsvertrag nicht ungünstiger
gestellt als jeder Dritte. Das heißt, er darf gleich
jedem Dritten das von ihm veröffentlichte Werk
von neuem unverändert oder mit Abänderungen
vervielfältigen. Das darf er nur dann nicht,
wenn die Herstellung neuer Abzüge von der
Zahlung einer besondern Vergütung abhängig ist.
III. Nicht dem Verlagsrecht angehörig ist:
1. der Fall, daß jemand die Herstellung eines
Werkes nach einem Plan übernimmt, in welchem
ihm der Besteller den Inhalt des Werkes sowie die
Art und Weise der Behandlung genau vorschreibt.
In einem solchen Fall liegt ein Werkvertrag vor,
der nach den Vorschriften des B.G.B. hierüber
(§§ 631/651) zu beurteilen ist. Das Gesetz sagt
nur, daß in einem solchen Fall der Besteller im
Zweifel zur Veröffentlichung und Verbreitung
nicht verpflichtet ist. Das gleiche gilt, wenn sich
die Tätigkeit auf die Mitarbeit an enzyklopädischen
Unternehmungen oder auf Hilfs- und Neben-
arbeiten für das Werk eines andern oder für ein
Sammelwerk beschränkt.
2. Der Selbstverlag. Solcher liegt vor,
wenn der Urheber sein Werk auf eigne Rechnung
drucken und verbreiten läßt.
3. Der Kommissionsverlag, also der
Fall, in dem Gewinn und Verlust aus dem Ge-
schäft dem Urheber verbleiben, während der Ver-
leger auf eine bestimmte Vergütung angewiesen ist.
Dieses Verhältnis regelt sich nach den Vorschriften
des Handelsgesetzbuchs über das Kommissions-
geschäft (§§ 383/406) und des B.G. B. über den
Dienstvertrag (§§ 611/630, 675). Im Vergleich
zum Verlagsvertrag gelten für den Kommissions-
verlag namentlich folgende Besonderheiten: Der
Kommissionär hat den Weisungen des Verlag-
gebers zu folgen, z. B. in Bezug auf Form und
Ausstattung des Werkes, die Höhe des Preises;
er ist in der Regel Kaufmann und hat daher die
Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns im In-
teresse des Urhebers wahrzunehmen und kann für
Aufwendungen, die er den Umständen nach für
erforderlich halten dürfte. Ersatz verlangen; er er-
langt kein ausschließliches Recht zur Vervielfäl-
tigung und Verbreitung und ist nicht in der Lage,
gegen Dritte das Recht des Urhebers geltend zu
machen; er ist für den Verlust und die Beschädi-
gung der in seiner Verwahrung befindlichen Ab-
züge verantwortlich, außer wenn ihn kein Ver-
schulden trifft; er ist endlich verpflichtet, dem Ur-
heber über das Geschäft Rechenschaft abzulegen
nach Maßgabe der Verkehrssitte.
Literatur. Dernburg-Kohler, Das bürgerliche
Recht des Deutschen Reichs u. Preußens VI (1910);
Kohler, Urheberrecht an Schriftwerken u. V. (1907);
Riezler, Deutsches Urheber= u. Erfinderrecht (1909).
— Allfeld, Kommentar zu den Gesetzen betr. das
Urheber- u. V. (1902); Daude, desgl. (1910);
Heinitz, Das Reichsgesetz über das V. vom 19. Juni
1901 (1901); Müller, Das deutsche Urheber= u.
V. (1901); Voigtländer, Die Gesetze über das Ur-