Full text: Staatslexikon. Fünfter Band: Staatsrat bis Zweikampf. (5)

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Statist. Amt; Preußische Statistik, hrsg. vom 
Königl. Preuß. Statist. Landesamt; Beiträge zur 
Statistik des Königreichs Bayern, hrsg. vom Königl. 
Bayrischen Statist. Landesamt; Zeitschr. des Königl. 
Sächs. Statist. Landesamts; Württemb. Jahrbücher 
für Statistik u. Landeskunde, hrsg. vom Königl. 
Vollziehende Gewalt — Waffenstillstand. 
1024 
Württemb. Statist. Landesamt; Osterreich. Stati- 
stik, hrsg. von der K. K. Statist. Zentralkommission 
u. Schweizerische Statistik, hrsg. von dem Eidgen. 
Statist. Bureau usw.) verwiesen. LEhrler.] 
Vollziehende Gewalt s. Staatsgewalt. 
Vormundschaft s. Eltern. 
W. 
Wasffenstillstand. Der natürliche Verlauf 
eines Kriegs oder das Bedürfnis und Interesse 
der Kriegsparteien können es wünschenswert oder 
notwendig machen, die Feindseligkeiten durch eine 
vertragsmäßige Vereinbarung vorläufig gegen- 
seitig einzustellen. Eine solche Einstellung der 
Feindseligkeiten heißt Waffenstillstand (induciae) 
und beruht, wie jeder Vertrag, auf der freien 
Übereinkunft der beiden Parteien, dem Waffen- 
stillstandsvertrag (pactum induciarum, traité 
d’armistice). Der Waffenstillstand ist seinem 
Umfang nach entweder ein allgemeiner (treve), 
wenn er sich auf den ganzen Umfang des Kriegs- 
schauplatzes (III 505/507) und auf alle Heeres- 
abteilungen, die Verbündeten inbegriffen, erstreckt; 
oder er ist ein lokaler (armistice), wenn er nur 
für einen bestimmten Teil des Kriegsschauplatzes 
und nur für bestimmte Heeresabteilungen gilt. 
(Reglement über die Gesetze und Gebräuche des 
Landkrieges der zweiten Haager Konferenz 1907 
Art. 37. Dieses kennt für die beiden Arten des 
Waffenstillstands nur den Ausdruck armistice 
Bé néral bzw. local.) Wird, wie es im deutsch- 
kranzösischen Krieg durch den Waffenstillstandsver- 
trag von Versailles vom 28. Jan.1871 geschehen 
ist, der Kampf auf dem ganzen Kriegsschauplatz 
eingestellt und nur ein Teil davon ausgenommen, 
so liegt ein allgemeiner Waffenstillstand vor. Hin- 
sichtlich der Dauer kann ein Waffenstillstand ent- 
weder auf eine bestimmte kürzere oder längere Zeit 
oder auf unbestimmte Zeit mit oder ohne eine 
Kündigungsfrist abgeschlossen werden (Art. 36). 
Waffenstillstände auf mehrere Jahre oder „auf 
geraume Jahre“ (treves à longues annces), 
wie sie im 13. und 14. Jahrh. anstatt der förm- 
lichen Friedensschlüsse üblich waren und von denen 
auch noch im 16. und 17. Jahrh. einzelne Bei- 
spiele (z. B. der 1609 zwischen Spanien und den 
Niederlanden auf 12 Jahre und der 1684 zwischen 
Osterreich, Frankreich und Spanien auf 20 Jahre 
geschlossene Waffenstillstand) vorkamen, werden in 
der Neuzeit nicht mehr abgeschlossen. Die Ge- 
pflogenheit, anstatt förmlicher Friedensschlüsse 
Waffenstillstände „auf geraume Jahre“ abzu- 
schließen, erhielt sich am längsten bei den Türken, 
welche sich nach ihren religiösen Grundsätzen zum 
Kampf gegen die Ungläubigen für verpflichtet 
erachteten, sich daher weigerten, mit diesen einen 
„ewigen Frieden“ zu schließen. Seit dem Bel- 
grader Frieden mit Osterreich von 1739, welcher 
auf 27 Jahre geschlossen wurde, ist auch mit der 
Türkei kein solcher Waffenstillstand bzw. Friede 
mehr erfolgt. Die Waffenstillstände „auf ge- 
raume Jahre"“, welche nach Ablauf der stipu- 
lierten Frist häufig erneuert wurden, bezweckten 
außer der Einstellung der Feindseligkeiten die 
Wiederherstellung des Handels und Verkehrs 
zwischen den Untertanen der kriegführenden Staa- 
ten und unterschieden sich von einem wirklichen 
Friedensschluß wesentlich dadurch, daß sie die 
den Krieg veranlassenden Streitpunkte unent- 
schieden, somit die Kriegsursache bestehen ließen. 
Ein auf eine bestimmte, ganz kurze Zeit und zu 
einem bestimmten Zweck (z. B. um die Verwun- 
deten aufzuheben, die Gefallenen zu beerdigen, 
über den Abschluß eines Kapitulationsvertrags zu 
verhandeln usw.) abgeschlossener Waffenstillstand 
wird gewöhnlich Waffenruhe (suspension ou 
cessation d'’armes) genannt. Die Terminologie 
in der Lehre vom Waffenstillstand ist übrigens 
nicht ganz feststehend; auch der Waffenstillstands- 
vertrag von Versailles vom 28. Jan. 1871 wird 
als Convention pour la suspension des hosti- 
lités bezeichnet und nennt sich im Art. 1 armistice. 
Was die Frage nach dem zum Abschluß eines 
Waffenstillstands berechtigten Subjekt anbe- 
langt, so muß zwischen allgemeinem Waffen- 
stillstand einerseits und lokalem Waffenstillstand 
und Waffenruhe anderseits unterschieden werden. 
Ein allgemeiner Waffenstillstand ist ein dem 
Friedensvertrag analoger Staatsakt, kann daher 
nur von der souveränen Staatsgewalt oder den 
von dieser dazu bevollmächtigten Personen ab- 
geschlossen werden; im letzteren Fall bedarf er der 
Ratifikation. Würde ein solcher Waffenstillstand 
von einem militärischen Befehlshaber ohne beson- 
dere Vollmacht abgeschlossen, so hätte er nur den 
Wert einer Sponsion. Haben zwei oder mehrere 
Staaten sich zu gemeinsamer Kriegführung gegen 
einen und denselben Gegner verbunden, so ist, so- 
lange die Erreichung des Zwecks des Kriegsbünd- 
nisses noch möglich ist, kein Verbündeter, den Fall 
der dringendsten Not ausgenommen, berechtigt, 
ohne Zustimmung der andern Verbündeten einen 
allgemeinen Waffenstillstand zu schließen. Der 
lokale Waffenstillstand und die Waffenruhe 
haben den Charakter von militärischen Maßregeln, 
können daher in der Regel von den beiderseitigen 
 
	        
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