Full text: Staatslexikon. Fünfter Band: Staatsrat bis Zweikampf. (5)

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des Amts und je einem Beisitzer der Arbeitgeber 
und der Versicherten besetzt. Die Aussicht führt 
die oberste Verwaltungsbehörde. Die Kosten des 
Amts trägl der Bundesstaat, die der Spruch- 
sachen die Versicherungsträger nach Pauschbeträ- 
gen, welche der Bundeerat festsetzt und alle vier 
Jahre nachprüft. Sie sollen die tatsächlichen Kosten 
der Oberversicherungsämter ohne die Bezüge der 
Mitglieder und ohne die der unterliegenden Partei 
in Sachen der Krankenversicherung aufzulegenden 
Gebühren zur Hälfte decken. Dos Reichsver- 
sicherungsamt ist die oberste Spruch-, Be- 
schluß= und Aufsichtsbehörde. Den Präsidenten, 
die Direktoren, die Senatspräsidenten und die stän- 
digen Mitglieder ernennt der Kaiser auf Lebenszeit. 
Von den 32 nichtständigen Mitgliedern werden 8 
vom Bundesrat (mindestens 6 aus seiner Mine) 
gewählt; außerdem je 12 als Vertreter der Ar- 
beitgeber und der Versicherten und die erforder- 
lichen Stellvertreler. Das Reichsversicherungsamt 
bildet nach Maßgabe des Gesetzes den Großen 
Senat und die erforderlichen Spruch= und 
Beschlußsenate. Die Spruchsenate bestehen 
aus 7 Mitgliedern, der Große Senat aus 11 und 
die Beschlußsenate aus 5 Mitgliedern, zu denen 
aber nach Bestimmung der Kaiterlichen Verord- 
nung über das Verfahren mit der Bearbeitung 
der Sache betraute weitere Mitglieder hinzutreten 
können. Die Kosten dieser Behörde trägt das 
Reich. Bundesstaaten, die mindestens vier Ober- 
versicherungsämter errichten, dürfen auf ihre Kosten 
ihr Landesversicherungsamt beibehalten, 
das nach Vorschrift des Gesetzes an Sielle des 
Reichsversicherungsamts tritt. Uber das Verhalt- 
nis des Spruchverfahrens, das in allen Fallen 
das Gesetz ausdrücklich vorgeschrieben hat. zu dem 
des Beschlußverfahrens im allgemeinen ist zu be- 
merken, daß das Spruchverfahren platzgreift bei 
den Ansprüchen der Versicherten aus dem Gesetz 
und den auf diese Ansprüche gegründeten Ersatz- 
forderungen der Versicherungsträger und anderer. 
Das Beschlußverfahren dagegen ist vorgeschrieben 
für alle andern, namentlich die verwaltungsrecht- 
lichen Fragen bei Streitigkeiten in solchen Fragen 
zwischen den Versicherungsträgern untereinander 
oder mit den Arbeitgebern, oder den Versicherten, 
den Angestellten der Versicherungsträger und end- 
lich für zahlreiche Aufsichtssachen. 
Die Leistungen auf Grund der Reichsversiche- 
rungsordnung sind keine öffentlichen Armenunter- 
stützungen. Die Ansprüche der Berechtigten konnen 
rechtlich wirksam nur übertragen, verpfändet oder 
gepfändet werden wegen Vorschüssen auf die 
Versicherungsleistungen, wegen Ersatzansprüchen 
aus diesem Gesetz, wegen rückständiger Beiträge, 
die nicht länger als drei Monate fällig sind, und 
wegen der in § 850, Abs. 4 der 3 P.O. be- 
zeichneten Forderungen. Mit Genehmigung des 
Versicherungsamts sind ausnahmsweise auch in 
andern Fällen Ubertragungen zulässig. Witwen- 
geld und Waisenaussteuer dürfen überhaupt nur 
Sozialversicherung. 
  
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mit dieser Genehmigung übertragen, gepfändet 
oder aufgerechnet werden. Die ärztliche Behand- 
lung im Sinn des Gesetzes erfolgt durch appro- 
bierte Arzte und Zahnärzte; Hilfeleistung an- 
derer Personen nur, wenn sie ärztlich angeordnet 
ist. Soweit andere Staaten eine der Reichsver- 
sicherung entsprechende Fürsorge gewähren, kann 
unter Wahrung der Gegenseiligkeit beim Über- 
greifen ausländischer Betriebe in das Inland und 
umgekehrt Fürsorge nach der Versicherungsord- 
nung oder den Vorschriften des andern Staats 
vereinbart werden. Beschäftigung des Ehegatten 
durch den andern begründet keine Versicherungs- 
pflicht, wohl aber kann der Ehegatte eines Be- 
triebsunternehmers als dessen Mitunternehmer 
versichert sein. — Verboten und unter Strafe ge- 
stellt ist die Beschränkung der Versicherten in der 
Annahme oder Ausübung eines Ehrenamts der 
Reichsversicherung. 
Aufbau der Wahlen nach der Reichsversiche- 
rungsordnung: 
A. Bei den Krankenkassen: a) den Orts- 
krankenkassen. Die beteiligten volljährigen Ar- 
beitgeber und Versicherten wählen als ihre Vertreter 
für den Ausschuß höchstens 90 je aus ihrer Mitte 
getrennt unter Leitung des Vorstands; ist kein Vor- 
siand vorhanden, unter Leitung eines Vertreters des 
Versicherungsamts. Das Stimmrecht der einzelnen 
Abeitgeber bemißt sich nach der Zobhl ihrer ver- 
sicherungspflichtigen Beschäftigten. Mit Zustim- 
mung des Oberversicherungsamts kann die Satzung 
das Stimmrecht abstufen und begrenzen. Die Ver- 
treter der Arbeitgeber und der Versicherten im 
Aueschuß wählen getrennt aus ihrer Gruppe die 
Vorstandsmitglieder, und zwar die Arbeit- 
geber ½, die Versicherten 38. Die Vorstandsmit- 
glieder wählen aus ihrer Mitte den Vorsitzenden 
des Vorstands. Mehrbeit der Stimmen aus 
jeder der beiden Gruppen ist erforderlich. Kommt 
diese Mehrheit in zwei Sitzungen nicht zustande, 
so bestellt das Versicherungsamt einen Vertreter. 
Dieser muß aber die Zustimmung der Mehrheit 
der Gruppe finden, der er nicht angebört. Das 
Oberversicherungsamt entscheidet auf Beschwerde 
endgültig. Als Arbeitgeber gilt hier nicht, wer nur 
Dienstboten oder unständige Arbeiter beschäftigt. 
b) Bei den Landkrankenkassen wählt die 
Vertretung des Gemeindeverbands die Vertreter 
beider Gruppen je aus deren Mitte. Das Landes- 
gesetz kann bestimmen, daß zum Ausschuß und 
Vorstand wie bei der Ortskrankenkasse gewählt 
wird. Die Vertretung des Gemeindeverbands 
wähll auch den Vorstand und dessen Vorsitzenden 
und Siellvertreter, ½ Arbeitgeber und ½⅜ Ver- 
sicherte. Auch hier kann wie bei den Ortekranken- 
kassen auf Anordnung der obersten Verwaltungs- 
behörde gewählt werden. Der Aueschuß enthält 
½ Arbeitgeber und 3⅜/8 Versicherte. 
c) Bei den Betriebskrankenkassen be- 
stehen Vorstand und Ausschuß aus dem Arbeit- 
geber und Vertretern der Versicherten. Der Aus-
	        
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