daß auf die klare Anfrage des Papstes eine klare Antwort erfolgen müsse.
Herr v. Kühlmann war anderer Meinung. Er hatte unter Benutzung alter
Beziehungen den diplomatischen Weg nach London beschritten, von dem
er sich einen größeren Erfolg als von der Aktion des Vatikans versprach.
Mit dem lan der von ihm eingeleiteten Unternehmung war es unverein-
bar, daß sich Deutschland öffentlich band. Er blieb fest bei der Weigerung,
die Zukunft Belgiens in unserer Note überhaupt zu berühren. Von Hauß-
mann erfuhr ich, daß der Staatssekretär sogar soweit gegangen war, mit
seinem Rücktritt zu drohen, falls die Herren auf ihrem Standpunkt be-
harrten. Kühlmann setzte sich durch dank dem Vertrauen, das er auf der
Linken genoß — galt er doch als der aussichtsreichste Kanzlerkandidat. Der
Siebener-Ausschuß fand sich damit ab,! daß in unserer Note über die
deutschen Kriegsziele nichts weiter stehen sollte, als ein allgemein gehaltener
Hinweis auf die Friedensresolution des Reichstags:
„In Würdigung der Bedeutung, die der Kundgebung Seiner Heiligkeit zukommt,
hat die Kaiserliche Regierung nicht verfehlt, die darin enthaltenen Anregungen
ernster und gewissenhafter Hrüfung zu unterziehen; die besonderen Maßnahmen,
die sie in engster Fühlung mit der Vertretung des deutschen Volkes für die Beratung
und Verantwortung der aufgeworfenen Frage getroffen hat, legen davon Zeugnis
ab, wie sehr es ihr am Herzen liegt, im Einklang mit den Wünschen Seiner Heilig-
keit und der Friedenskundgebung des Reichstags vom 19. Juli d. J. brauchbare
Grundlagen für einen gerechten und dauerhaften Frieden zu finden.“
Am 11. September fand der Kronrat statt. Kühlmann forderte freie
Hand für Belgien, d. h. die Vollmacht, bei seinen Sondierungen in London
die Zusage der Wiederherstellung Belgiens zu verwerten.? Der Kaiser ent-
1 Nasch Bredt (a. a. O., S. 146) stimmten fünf (Konservative, Nationalliberale,
Zentrum, Fortschritt) Mitglieder des Siebener-Ausschusses zu, daß in der Antwort
nichts über Belgien gesagt werde. Scheidemann forderte eine klare Antwort wegen
Belgien und auch Ebert erhob Einspruch, hatte aber keinen Erfolg. Daß die Sozial-
demokraten sich dem Entschluß des Ausschusses durchaus fügten, beweist die Rede
Landsbergs vom 6. Oktober, worin er von der Antwort auf die Papstnote als von
einer „guten Arbeit“ sprach (Helfferich, Bom Eingreifen Amerikas bis zum Zu-
sammenbruch, S. 180).
2 Während der Drucklegung kommt mir die Denkschrift zu Gesicht Gedruckt:
v. Korostowetz, Erinnerungen, Bd. 2), die Kühlmann als Unterlage für die Ver-
handlungen im Kronrat vom 11. September 1917 hergestellt hat. Sie beruft sich
auf die gleichen Symptome, die auch mir damals zur Kenntnis gekommen waren:
1. die Depesche des Engländers, die über den Oorlog-Raad nach Berlin gelangte;
2. die Frage Asquiths; aber im Augenblick, wo man die Schlußfolgerung erwarten
sollte: also heraus mit der öffentlichen Erklärung, um die in der Offentlichkeit auf.
geworfene Frage nach der Zukunft Belgiens zu beantworten, biegt die Argumen-
tation ab: nur eine Erklärung an das am tliche England sei in Erwägung zu ziehen.
Die Denkschrift lautet in ihren wesentlichen Teilen.
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