Full text: Prinz Max von Baden. Erinnerungen und Dokumente.

„Kühlmann legte größtes Gewicht auf die Wirkung auf das Ausland: 
„goldene Brücke nach Amerika“; man sollte das Ganze als einen „Vietory 
#of Parliamentarismt frisieren können. In diesem Sinne wurde auch 
sofort die Lösung Payer-Friedberg in die Welt telegraphiert.“" 
Dieser Ausgang bedeutete einen schweren Schlag für meine Gesinnungs- 
genossen. Sie hatten bestimmt mit einer Lösung gerechnet, die uns auf dem 
Wege zum Frieden vorwärts bringen würde. Man machte mir Vorwürfe, 
daß ich jede Agitation für meine Person unterbunden hätte. Ich erhielt 
Kenntnis von dem Ausspruch eines feindlichen Diplomaten: durch Par- 
tikularismus und dynastische Bedenken sei nunmehr die letzte Chance des 
Verständigungsfriedens zerschlagen. 
Darum schrieb ich nach Berlin: 
Brüssel, den 8. November 1917. 
„. . . Ich weiß, wie sehr Sie die andere Lösung ersehnten und kann Ihre 
schwere Enttäuschung mit Ihnen mitempfinden. 
„Andererseits wird es mir sehr schwer, mich in die Psyche des feindlichen 
Diplomaten hineinzudenken, der solchen Wert auf Ihre Lösung legte, denn 
ich kann mir den umgekehrten Fall nicht vorstellen, in dem wir sagen würden, 
nur wenn Mr. X ans Ruder kommt, werden wir verhandeln können. Das 
kommt mir willkürlich vor, denn dieser Mr. X kann krank werden oder 
sterben, und damit sollten die letzten Möglichkeiten der Verständigung 
endgültig erledigt sein? 
„Ich habe keine Ahnung, wie die Dinge in Berlin gingen. Wer hat 
z. B. ins Ausland wissen lassen, daß dynastische Gründe die Kandidatur 
unmöglich machten? In Baden wurde meines Wissens nicht angefragt. — 
Bin ich dem Kaiser genannt worden? Wer hat Hertling gemacht? 
„Nach wie vor ist mir klar, daß ich nicht habe anders handeln können. 
Jedes Hervortreten hätte den Wert der Kandidatur entwertet und meine 
Position auf das schwerste geschädigt und geschwächt. Baden könnte nur 
dann eine Schuld treffen, wenn eine Anfrage ablehnend beschieden worden 
wäre. Drum konnte ich das Arteil des Diplomaten ganz objektiv zur Kennt- 
nis nehmen. 
„Ich glaube, Hertling wird sich halten, es sei denn, daß er erkrankt. Es 
würde doch eine Ironie sondergleichen auf den Parlamentarismus sein, 
wenn die Sozialdemokraten mit einem Manne nicht arbeiten wollten, der 
der stärksten Hartei ihres Blocks entstammt. Was kann man mehr ver- 
langen? Auch scheint mir, sachlich gesprochen, bei seiner Wahl und Ein- 
setzung eine so starke und eingehende Fühlungnahme mit den Parteien er- 
folgt zu sein, wie es sich der Reichstkag nur wünschen kann. 
151
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.