Full text: Prinz Max von Baden. Erinnerungen und Dokumente.

Ich habe mich nach Kräften bemüht, dem amerikanischen „Verein 
Christlicher junger Männer“ die aufbauende Arbeit zu erleichtern, die er 
in den Gefangenenlagern aller kämpfenden Länder leistete. Die Delegierten 
Harte und Hoffmann hielten mich dauernd durch ihre Berichte auf dem 
Laufenden. Ich habe vielfach ihre Wünsche im Kriegsministerium persönlich 
vertreten. Der Organisation gelang das meiste, was sie anpackte. Einer ihrer 
schönsten Erfolge war die Einrichtung der Lagerbibliotheken in Rußland. 
ARücksichten auf die nationale Würde hinderten uns manchmal, natür- 
liche Erleichterungen zu gewähren. Man mußte auf der Hut sein, daß die 
Gegner aus vernünftigen Konzessionen nicht falsche Schlüsse zogen. Aber 
die nationale Würde verlangte nicht minder, daß niemand uns nachsagen 
konnte, in unseren Gefangenenlagern kämen Grausamkeiten oder sinnlose 
Härten vor. Noch heute erfüllt es mich mit großer Befriedigung, daß 
nach der Aussage vieler in badischen Gefangenenlagern Internierter und 
dem Gutachten neutraler Besucher keines unserer Lager diesen Vorwurf 
verdiente. Auch im übrigen Deutschland ist im Verhältnis zu der gewal- 
tigen Menge von beinahe vier Millionen Gefangener, die wir zuletzt 
hatten, die Zahl der Ausnahmen, deren wir uns zu schämen haben, äußerst 
gering. Aber wer sein Vaterland im rechten Geiste liebt, den bedrücken die 
wenigen bösen Fälle, die sich tatsächlich ereignet haben. Mich haben sie 
immer deswegen mit besonderem Jorn erfüllt, weil sie so unnötig waren 
angesichts der bekannten Einstellung des obersten Kriegsherrn und seiner 
zu Anfang des Krieges noch ungebrochenen Macht, auch die Gesinnungen 
zu disziplinieren. Seine Majestät hatte nicht gezögert, in vielen privaten 
Gesprächen eindringlich zur Carit as inter arma zu mahnen. Aber die große 
richtunggebende Kundgebung unterblieb, und übereifrige Patrioten konnten 
sich einbilden, man erwirbt Gunst, wenn man sich in der Gefangenen- 
behandlung vor dem hütet, was sie als „sentimental“ zu bezeichnen pflegten. 
Die stellvertretenden kommandierenden Generale, die in ihrem Bezirk für 
die Gefangenenlager verantwortlich waren, unterstanden nach der Kriegs- 
verfassung nur Seiner Majestät. Das preußische Kriegsministerium hatte 
keine Befehlsgewalt innerhalb der Lager. Es mußte häufig Umwege 
gehen, um seinen Willen durchzusetzen. Dieser Wille war gut. Ich habe 
ernste Kämpfe mit dem Kriegsministerium ausfechten müssen, aber nie 
Ablehnung des Grundgedankens gefunden: Menschlichkeit und Vaterlands- 
liebe zugleich verbieten alle Härten, die der Kriegszweck nicht fordert. 
Rückblickend möchte ich ein Wort des Bischofs Burytl bekräftigen, das 
Er war während des Krieges anglikanischer Bischof von Nord- und Zentral- 
europa. Im Gegensagtz zu vielen anderen Theologen hat er die Bergpredigt nie außer 
Kraft gesetzt. 
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