Full text: Prinz Max von Baden. Erinnerungen und Dokumente.

Freiheit zu stören . . . Das ganze Herz des Volkes der Vereinigten Staaten 
schlägt dem Volke Rußlands entgegen in dem Bemühen, sich für immer der 
autokratischen Regierung zu entledigen und Herr seines eigenen Lebens zu sein.“ 
Dieser Byzantinismus vor den Sowjets gemahnt in der Tat an die 
Huldigungen, die seinerzeit die „Times“ „um des lieben Krieges willen“ 
dem Zarismus darbrachte. 
Die ganze feindliche Presse folgte gehorsam der arole, die bereits 
am 4. Februar durch den Obersten Kriegsrat der Entente in Versailles 
folgendermaßen ausgegeben worden war: 
„Der Oberste Kriegsrat prüfte sorgfältig die jüngsten Erklärungen des deut- 
schen Reichskanzlers und des österreichisch-ungarischen Ministers des Außeren. Er 
vermochte in diesen Erklärungen keinerlei Annäherung an die von sämtlichen Re- 
gierungen der Alliierten formulierten maßvollen Bedingungen zu erkennen. Der 
Eindruck, den der Kontrast zwischen den angeblich idealen Zielen, zu deren Ver- 
wirklichung die Mittelmächte die Verhandlungen von Brest-Litowst eröffnet 
haben, und ihrem nun offen zutage liegenden Streben nach Raub und Eroberung 
hervorruft, ist nur geeignet, diese Uberzeugung zu befestigen. Unter diesen Um- 
ständen erachtet es der Oberste Kriegsrat als seine unmittelbare Oflicht, die Fort- 
dauer des Krieges mit äußerster Energie and durch die straffste und wirksamste 
Vereinheitlichung der militärischen Einheit der Alliierten sicherzustellen.“ 
In England schwenkte auch die liberale Presse vorschriftsmäßig ein. 
Aber es war doch nicht nötig, daß der „Manchester Guardian“ so weit 
ging, von unserem rettenden Vormarsch als von einem #berfall auf wehr- 
loses Land zu sprechen.) 
1 Man kann nicht sagen, daß die liberale Presse nicht Bescheid über Sowjet- 
rußland gewußt habe. So berichtet Artur Ransome in der „Daily News“ vom 
28. Januar 1918: „Und M. Trotzkis Meinung entscheidet sich nicht nach Erwägungen 
der militärischen Möglichkeiten noch der persönlichen Sicherheit, sondern einzig 
danach, ob Friede oder verzweifelter Krieg besser zur allgemeinen Revolution 
dient ... Es ist immer nötig, sich vor Augen zu halten, daß er Rußland opfern 
würde, um Europa zu retten, und Europa, um die Welt zu retten, und daß für ihn 
Rettung und soziale Revolution identisch sind.“ And Professor Dares im gleichen 
Blatt vom 11. Februar 1918: „Die äußersten Revolutionäre treten jetzt mit ihrem 
ausgereiften Hlan hervor zur völligen Entrechtung jedes Eigentums und jeder Bil- 
dung. Das ist die Bedeutung der Sowjetregierung und die Formel der Bolschewisten. 
Es ist nicht Pazifismus; es ist der Ersatz des augenblicklichen europäischen Krieges 
durch einen allgemeinen Klassenkrieg, dem eine durchgängige Annexion auf Kosten 
einzelner Klassen folgen wird. Es muß binzugesetzt werden, daß es das Programm 
einer kleinen und entschlossenen Gruppe von Denkern ist, und daß bei der Anwendung 
keinerlei Rücksicht auf die gewöhnlichen Prinzipien des Verfassungslebens und einer 
nationalen Bolksvertretung genommen wird, so daß die entschlossensten Feinde der 
Bolschewiki jene großen Arbeiterparteien sind, die ihnen am nächsten stehen und 
die in einem bolschewistischen Erfolge den Zusammenbruch aller geordneten Freiheit 
und des neuen Regimes selbst sehen.“ 
Prinz Max von Baden 14 200
	        
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