Die Ernennung Haußmanns schon jetzt durchzusetzen, mißlang; Eifer-
sucht eigener Parteigenossen auf ihn und anderer Parteien auf die Fort-
schrittler stand im Wege.
Der Dosten des Staatssekretärs des Auswärtigen wurde glücklicher-
weise nicht von den Parteien begehrt. Ich schwankte zwischen Solf und
Graf GBrockdorff- Rantzau, unserem Gesandten in Kopenhagen. Von ver-
schiedenen Seiten wollte man einen Druck auf mich ausüben, Herrn v. Hintze
im Amt zu belassen.
Als Herr v. Hintze, Herr v. Payer und ich am Nachmittag beim Kaiser
waren, wandte sich Seine Majestät direkt an Hintze und drang in ihn, zu
bleiben, aber der Staatssekretär blieb fest bei seiner Weigerung, die er
schon einmal ausgesprochen hatte.1
Ich entschied mich dann schließlich für Solf. Ausschlaggebend waren
für mich zwei Erwägungen: Solf hatte sich in kraftvollen Reden zum
ethischen Imperialismus und zum Verständigungsfrieden bekannt und auch
die Feinde aufhorchen machen. Ferner: seine Berufung würde unseren
Rechtsanspruch auf Kolonien demonstrativ anmelden. Das Motto „Koloni-
sieren heißt Missionieren“ stammte von ihm und stand nicht nur über seinen
Reden: er hatte als Gouverneur von Samoa und als Staatssekretär für
die Kolonien vorbildliche Menschlichkeit und Festigkeit bewährt, wie selbst
unsere Feinde anerkannten.
Der Kaiser trennte sich ungern von Hinte. Auch die Ernennung Erz-
bergers vollzog er nur widerstrebend. Herr v. Dayer hielt in dieser Situation
Erzberger für ungefährlicher in der Regierung als im Darlament.
Lbrigens hatte das Zentrum in drängender Form auf seiner Berufung
bestanden. Als weitere Vertreter des Zentrums wurden die Herren Gröber
und Trimborn benannt.
Ich konnte mich nicht entschließen, für alle neuberufenen Parteiführer
Ressorts freizumachen. Nur Trimborn und Bauer traten an die Spictze
von AReichsämtern. Scheidemann, Erzberger, Gröber wurden Staats-
sekretäre ohne Portefeuille. Schon am 4. war mein Hlan, sie in einem
engeren Kriegsrat zusammenzufassen, an dem in der Regel nur noch der
Vizekanzler, Graf Roedern und Solf keilnehmen sollten.
Die endgültige Ministerliste setzte sich wie folgt zusammen:
Trimborn, M. d. R., Reichsamt des Innern,
Bauer, M. d. R., Reichsarbeitsamt.
1 Hintze wurde dann neben Lersner Vertreter des Auswärtigen Amts bei der
O. H. L.
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