Full text: Prinz Max von Baden. Erinnerungen und Dokumente.

„Der Dräsident erhebt weiter Anklage wegen der nugtzlosen Ver- 
beerung des Kampfgebiets, der Plünderung von Städten und Dörfern 
und der Verschleppung ihrer Bewohner. Die deutsche Regierung er- 
widert hierauf: 
„Gewisse Zerstörungen sind zur Deckung des Rückzugs notwendig ge- 
wesen und völkerrechtlich gestattet. Im übrigen aber ist den deutschen 
Truppen in Belgien und Frankreich, in Wiederholung der geltenden 
Befehle, strengste Weisung erteilt worden, keine Zerstörungen an Privat. 
eigentum vorzunehmen, für die Bevölkerung nach Kräften zu sorgen 
und sich an ihrer Habe nicht zu vergreifen. Keine Heeresleitung kann 
die Garantie dafür übernehmen, daß Ausschreitungen überhaupt nicht 
vorkommen; wo sich solche feststellen lassen, werden die Schuldigen 
bestraft. 
„Die Flucht der Zivilbevölkerung wird keineswegs von deutscher Seite 
veranlaßt; im Gegenteil bemühten sich die deutschen Befehlshaber, die 
Bewohner zum Bleiben zu bewegen, wo sich dies irgend mit ihrer Sicher- 
heit vertrug. Aus Furcht vor den Gefahren des Kampfgebiets flieht 
die Bevölkerung trotzdem in großen Massen. Wir haben ihre Fort- 
schaffung nunmehr nach Möglichkeit erleichtert; neutrale Kommissionen 
sind uns dabei behilflich gewesen. Wir werden diese neutralen Kom- 
missionen bitten, den Tatbestand, über den der Präsident Klage führt, 
durch eine genaue AUntersuchung aufzuklären. 
„Die deutsche Regierung spricht hierbei den Wunsch aus, daß der- 
einst auf der Friedenskonferenz solche neutralen Kommissionen mit der 
Untersuchung aller Beschuldigungen von Greueltaten und Völkerrechts- 
verletzungen, die während des Krieges von den Kriegführenden gegen- 
einander erhoben worden sind, betraut werden mögen, damit eine un- 
parteiische Aufklärung auf allen Seiten die Schuldigen wie die Ver- 
leumder bloßstellt. 
„Z. Als wesentliche Bedingung für den Frieden bezeichnet der Prä- 
sident das Aufhören eines willkürlichen Regiments in Deutschland. Auch 
bierüber will die deutsche Regierung dem Präsidenten mit aller Offen- 
beit Rede stehen. Deutschland war bisher ein Obrigkeitsstaat; das lag 
nicht an der Willkür der eingesetzten Gewalten, sondern daran, daß das 
Volk in seiner Mehrheit der Obrigkeit gegenüberstand, ohne das Be- 
dürfnis der vollen eigenen Verantwortung. Das ist während des Krieges 
anders geworden. Ein starker politischer Wille hat sich in der Volks- 
vertretung herausgebildet und eine grundlegende Amwandlung im deut- 
schen Verfassungsleben vollzogen. Die Entscheidung über alle Lebens- 
fragen der Nation, besonders über Krieg und Frieden, steht heute beim 
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